Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
sollte mir zwei Wochen freinehmen. Kurz gesagt, sie inspirierte mich zu einer Emotion, deren Bedeutung Jemima niemals verstehen würde: Loyalität.
Was immer nötig ist, um Camilla zu helfen, werde ich tun. Denn ich weiß es ganz genau – unter der verkrusteten Babyspucke ist sie immer noch die toughe, brillante PR-Legende. Leider hilft sie sich nicht selbst. Wenn man sie derzeit beobachtet, fragt man sich nicht »Wie um alles in der Welt schafft sie das?«, sondern »Was zum Teufel treibt sie denn?«
Ich vermute, dass sie keine Ahnung davon hatte, dass Randy Jones’ Entzugsstory aufgeflogen ist, bevor ich damit vor ihrer Nase herumgewedelt habe. Ich hoffe, sie begreift, dass nicht nur seine Karriere auf dem Spiel steht, sondern auch ihre.
Sobald sie von der Besprechung zurückkommt, gibt es keinen Zweifel mehr – das wird ein grauenhafter Tag. Inzwischen musste ich die Anrufe von vierzehn wütenden Journalisten abwimmeln, die gehorsam Camillas »Erschöpfungs«-Story berichtet hatten, nur um von den Hot-Slebs-Fotos höchst spektakulär der Lüge überführt zu werden.
»Ich bringe dir jetzt eine Tasse Tee, Cam, die wird dich stärken«, sage ich. »Du brauchst bestimmt deine ganze Kraft, wenn du die vielen Nachrichten siehst, die ich für dich habe. Es geht um Randy Jones. Gib mir Bescheid, wenn ich dich damit quälen soll.«
»Eh – danke, Lizzy« Sie verzieht das Gesicht. »Erst mal trinke ich Tee. Die Nachrichten schaue ich mir später an. Ich werde eine neue Pressemitteilung für Randy verfassen. Deshalb nehme ich heute Vormittag keine Anrufe entgegen. Sag einfach ›kein Kommentar‹, bis die Leute unsere offizielle Erklärung kriegen.«
Sie wirkt ruhig und gelassen. Aber als ich ihr kurz danach den Tee serviere, sitzt sie zusammengesunken an ihrem Schreibtisch, aschfahl im Gesicht.
»Kann ich irgendwas tun, Camilla?«, frage ich. »Soll ich Randy Jones’ Beine brechen oder ihn zerlegen – oder Kekse kaufen?«
Camilla lächelt schwach. Seufzend schiebt sie ihren Sessel vom Schreibtisch weg und reibt sich mit ihren Handkanten
die Schläfen. Dann legt sie die Hände flach auf die Tischplatte. »Lizzy, ich weiß einfach nicht, wie wir Randy diesmal raushauen können.« Blicklos schaut sie mich an. »Er hat eine Chance nach der anderen verspielt. Keine Ahnung, wie viele Ausreden die Leute noch schlucken werden. Und um die Wahrheit zu gestehen, ich weiß auch nicht, wie oft ich mich noch breitschlagen und zwingen lasse, diese verdammten Lügen zu erfinden.«
So habe ich sie nie zuvor gesehen. Normalerweise schmiedet sie Pläne, mit abgedroschenen Phrasen von »Herausforderungen« und »Möglichkeiten«, wenn andere nur mehr Verdammung und Katastrophen prophezeien.
»Nun ja«, beginne ich und versuche, mir irgendwas auszudenken. »Jetzt ist er in der Entziehungsklinik. Zumindest kann er vorläufig nichts Schlimmes anstellen. Sagst du nicht immer wieder, über so was wächst Gras, wenn die nächste große Story auftaucht? Sollen wir Isobels Drillinge aufs Tapet bringen?«
Die Promis wären entsetzt, wenn sie wüssten, wie wir mit ihnen schachern, so, als wären sie Karten in einem Spiel. »Ich gebe dir ein Exklusivinterview mit X für das erste Foto von Y’s Baby, dazu ein paar Paparazzi-Schnappschüsse von Z und seiner neuen Freundin.« Genau genommen ist Isobels Drillingsstory erfreulich. Aber einer unausgesprochenen Regel zufolge ist eine schlechte Nachricht mehrere gute wert. Nicht einmal drei Babys sind so interessant wie Randys neuester Sündenfall.
»Das haben wir schon versucht und jeden einzelnen Klienten gecheckt. Keiner hat was zu bieten, das Randy aus den Schlagzeilen verscheuchen könnte. Also müssen wir hoffen, dass sich spätestens nächste Woche ein anderer
Promi bis auf die Knochen blamieren wird. Am besten Katie Price.« Camilla lacht freudlos.
»Was schlägt Bryan vor?« Ich vermute, dass Randys Manager, ein sachlicher Nordengländer, präzise Vorstellungen davon hat, wie das Problem gelöst werden muss. Die eigentliche Arbeit wird er natürlich Camilla überlassen. Mit der Presse will er sich nicht mehr abplagen, seit ihn ein Journalist als »gluckenhaften Svengali mit Baseballkappe« bezeichnet hat. Als er den Begriff Svengali in einem Lexikon fand, war er tief gekränkt. Für einen Charmeur wie Randy ist er genau der richtige Mann. Das abgehobene Wesen des Stars beeindruckt ihn kein bisschen. Niemals würde er sich von seinem Schützling um den kleinen Finger wickeln
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