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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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rief ich.
    Er drehte sich unwillig um. »Der darf durch.«
    Ich schloss zu ihm auf. »Habt ihr die Muschwitz gefunden?«
    »Nein.«
    »Glaubst du, dass sie im Wald ist?«
    »Keine Ahnung. Im Hotel ist sie jedenfalls nicht. Wir haben alles abgesucht, vom Dach bis zum Keller.« Er schnaufte. »Es gibt hundert Möglichkeiten, unbemerkt herauszukommen, durch die Lieferanteneingänge, durch die Fenster im Erdgeschoss. Wir wissen nur, dass sie um drei Uhr heute Nacht telefoniert hat. Da war sie also noch in ihrem Zimmer. Das da«, er zeigte auf den Wald, »ist wahrscheinlich nur Bewegungstherapie für die Bereitschaftspolizei. Aktionismus für die Presse. Um zu beweisen, dass wir etwas tun. Hah!« Er kickte wütend einen Stein zur Seite. »Der Täter, falls es einen Täter gibt, hatte alle Chancen, sie in ein sicheres Versteck zu bringen.«
    »Du stehst mächtig unter Druck, was?«, bemerkte ich.
    »Ich stehe so unter Druck, dass mir gleich das Ventil platzt. Da drinnen«, er nickte zum Gallitzin hinüber, »stehen sie Schlange, um mir Befehle zu erteilen: der Staatsanwalt, der Kriminalrat, der Kriminaldirektor, der Polizeipräsident. Alle sind sie geil auf die Pressekonferenz, mit der sie in die Abendnachrichten kommen. Das heißt, wenn sie einen Erfolg präsentieren können. Und das heißt für mich, ich muss bis spätestens siebzehn Uhr einen Verdächtigen beschaffen.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich warte auf Vorschläge.«
    »Und wenn die Muschwitz freiwillig gegangen ist?«
    »Ich glaube, denen ist eine berühmte Leiche lieber als gar keine.«
    Wir kamen zum Waldrand, wo der mobile Führungsstand der Bereitschaftspolizei postiert war. Im Inneren des saunamäßig aufgeheizten Wagens saßen mehrere Männer mit Kopfhörern, die zu den verschiedenen Suchgruppen Kontakt hielten. Vor dem Wagen fächelte sich ein Polizeioffizier mit seiner Dienstmütze Luft zu.
    »Schon was gefunden?«, fragte Stürzenbecher.
    »Negativ. Wir haben das nordöstliche Territorium fast vollständig durchkämmt. Anschließend gruppieren wir die Züge um und nehmen uns das nordwestliche Territorium vor.«
    Stürzenbecher guckte sich um. Vermutlich fragte er sich wie ich, was das nordwestliche Territorium war.
    »Gehen Sie nicht zu engmaschig vor! Das, was wir suchen, ist kein Osterei.«
    Der Polizeioffizier setzte seine Dienstmütze auf. »Wir haben unsere Erfahrungswerte, Herr Hauptkommissar. Das hier ist nicht unser erster Einsatz.«
    »Hmmm«, brummte Stürzenbecher. »Wie lange werden Sie brauchen, um die Territorien – wie viele gibt’s überhaupt?«
    »Vier. Außer den beiden genannten ...«
    »... abzusuchen?«
    »Wenn die Lichtverhältnisse so bleiben, wie sie derzeit sind, ...«
    »Wovon auszugehen ist. Ich habe nichts von einem Sturmtief gehört.«
    Der Polizeioffizier musterte den Himmel. Keine Wolke. »... dürften wir die Suchaktion um zweiundzwanzig Uhr abgeschlossen haben.«
    Stürzenbecher nickte. »Halten Sie mich auf dem Laufenden. Ich bin im Gallitzin .«
    Der Polizeioffizier ruckelte an seiner Dienstmütze. »Das ist mir bekannt.«
    Wir salutierten alle drei (ich konnte der Versuchung nicht widerstehen), und dann traten Stürzenbecher und ich den Rückmarsch an oder zogen uns zurück oder machten uns vom Acker.
    »Ziemlich korrekter Beamter«, resümierte ich. »Zugeknöpft bis zum obersten Hemdknopf.«
    Stürzenbecher grunzte. »Ich habe gehört, dass er in seiner Freizeit eine Wehrsportgruppe trainiert.«
    »Und für die Republikaner kandidiert?«
    »Das bestätigt deine Vorurteile, wie? Aber ich sage dir, die Mehrheit der Polizei ist genauso demokratisch wie die ganze Gesellschaft.«
    »Immerhin eine enorme Einschränkung.«
    »Was willst du? Sollen Polizisten die besseren Menschen sein? Schwarze Schafe gibt’s überall. Und wenn der Große Lauschangriff, wie manche behaupten, wirklich ein Anschlag auf die Grundrechte wäre, dann hätte die Polizei schon längst die Macht im Staat übernommen. Wanzen brauchen wir, um die Mafia zu bespitzeln und nicht irgendwelche Normalbürger, die sich abends mal eine Haschischpfeife durchziehen.«
    »Oha«, sagte ich. »Was sind das für Töne?«
    »Rate mal, was meine Frau neulich im Zimmer unseres Großen gefunden hat?«
    »Shit«, riet ich.
    »Woher weißt du das?«
    Wir wanderten eine Weile stumm durch die trockene Savanne.
    »Übrigens«, begann Stürzenbecher, »bei der Wildkat-Sache bist du weitgehend aus dem Schneider. Er hatte kurz vor seinem Tod

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