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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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den besseren Gehaltsklassen zählte.
    Alle vier sprachen, nach der Farbe des Inhalts ihrer dickwandigen Gläser zu urteilen, Hochprozentigem zu.
    »Du nimmst doch sicher einen Drink?« Dieter hatte einen komischen Knick in der Nase, so, als hätte ihm die Hebamme im entscheidenden Moment einen Handkantenschlag versetzt, ein Anblick, an den ich mich stets aufs Neue gewöhnen musste.
    »Äh – ein Wasser.«
    »Wasser?« Er ließ den Mund aufgeklappt. »Komm schon! Der Drehbeginn muss gefeiert werden.«
    Ich zog einen Stuhl an den Tisch und setzte mich. »Ich trinke keinen Alkohol.«
    »Was? Du hast doch ...«
    »Viel zu viel getrunken. Und jetzt habe ich ganz damit aufgehört. Ich bin trocken. Ende der Diskussion.«
    »Ein mutiger Entschluss«, sagte Charly Rommersberger. Er hatte Mühe, den Satz zusammenzukriegen, und bei den Konsonanten zischte er wie ein zahnloser Reggae-Star.
    »Der gute Charly weiß, wovon er spricht.« Poppelhove klatschte auf die olivgrüne Armeeweste des Regisseurs. »Manchmal fürchten wir, dass er für vierzehn Tage ins Koma fällt, aber am nächsten Morgen ist er wieder fit wie ein Turnschuh. Ich halt’s mehr nach der Devise: Trink nur so viel, dass du noch weißt, wie hoch der Scheck ist, den du unterschreibst.«
    Eine nette Runde, in die ich da geraten war.
    Dieter machte den Aushilfskellner und schleppte mein Perrier heran. »Wir haben schon drei Episoden im Kasten«, erzählte er aufgedreht. »Fantastisch, sag ich dir. Die Serie wird einschlagen wie eine Bombe.«
    »Abwarten«, sagte Wildkat kalt. Irgendetwas schien ihm nicht zu behagen, oder er gehörte zu den ewig Unzufriedenen.
    »Was ich nicht verstehe«, brachte ich mich in die Talkrunde ein, »warum werden die Rollen der Privatdetektive nicht von Schauspielern übernommen? Ich meine, kein Amateur ist so gut wie ein Profi.«
    Dieter guckte zu Poppelhove, und der gab den Blick an Wildkat weiter.
    Der Redakteur drehte nervös an seiner Armbanduhr. »Konzept«, brachte er schließlich über die Lippen. »Das Ganze ist eine Mischung aus Reality-TV und Soap opera, so ein Mittelding zwischen Notruf und Pleiten, Pech und Pannen. Natürlich ein amerikanisches Format, das wir ins Deutsche übertragen haben.« Er redete hastig, als müsse er nicht nur mich, sondern auch sich selbst und alle anderen am Tisch überzeugen. »Die Qualität der darstellerischen Leistung, was die Detektivfigur angeht, spielt dabei keine Rolle. Wir wollen keinen Kritikerpreis gewinnen, sondern Einschaltquoten und Marktanteile. Kanal Ultra ist ein junger Sender. Wir müssen auf den Markt pushen, oder wir gehen den Bach runter. So einfach ist das. Sehen Sie, das Segment der jungen Zuschauer entscheidet. Allein die sind für die Werbewirtschaft interessant. Und was wollen junge Zuschauer? Die wollen lachen, verdammt noch mal.« Grimmig starrte er mich an.
    »Wenn ich Sie richtig verstehe«, fasste ich das Gehörte zusammen, »soll ich den Depp abgeben, bei dem sich die Leute auf die Schenkel klopfen.«
    »Wenn Sie es so sehen wollen«, kanzelte mich Wildkat ab.
    »Na, na«, schaltete sich Poppelhove begütigend ein. »Ganz so eng würde ich das nicht auffassen. Immerhin spielen die Detektive ihre eigenen Fälle, das heißt, sie wissen, was da wie abgeht, sind im Stoff, sozusagen. Unfreiwillig komische Elemente stellen nur ein Nebenprodukt dar.«
    »Warum hat ihm das denn keiner gesagt?«, brauste Wildkat auf. »Muss ich mich eigentlich um alles kümmern?«
    »Ich ... ich ...«, stotterte Dieter.
    Rommersberger kicherte: »Action.« Es klang wie »Ätschn«.
    Poppelhove verschränkte die Finger und warf einen dramatischen Blick zur Decke. »Heri, du weißt doch, wie so etwas läuft.«
    »Ja, ich weiß, wie das läuft.«
    »Warum sollten wir Herrn Wilsberg unnötig verrückt machen? Er ist ein harter Schnüffler. Er kommt nicht aus einem Mädchenpensionat.«
    Alle guckten mich erwartungsvoll an.
    Ich ließ sie drei Sekunden zappeln. »Keine Sorge. Wenn die Gage stimmt, mach ich Ihnen einen Columbo, der in jede Pfütze fällt.«
    »Na dann: Prost!« Poppelhove hob sein Glas, und wir waren alle wieder gute Freunde.
    »Und womit fangen wir morgen an?«, fragte ich, bevor die Rührseligkeit überhandnahm.
    Rommersberger blubberte: »Wenn ich Action sage, geht’s los.«
    Er fing an, mir mit seiner Betrunkenen-Nummer auf den Geist zu gehen. Mittlerweile war ich sicher, dass er sie nur spielte.
    »Dieter!«, sagte Poppelhove scharf.
    Dieter Pierchowiak zuckte zusammen.

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