Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
Stelle erschien aus einem der Häuser am Wegrand ein freundlicher alter Herr und ließ Wimsey durch.
Gleich hinter diesem Gatter gabelt sich die Straße nach links und rechts in einen holprigen Schotterweg, der links auf Umwegen nach Creetown führt, rechts in Richtung Dromore verläuft und vor dem Viadukt abrupt endet. Wimsey kreuzte diesen Weg und fuhr geradeaus weiter eine kleine, steile Zufahrt hinunter, die zwischen dichten Rhododendronbüschen zum Bahnhof führt.
Die Strecke von Castle Douglas nach Gatehouse ist eingleisig, doch um der höheren Bequemlichkeit der Reisenden willen und um die Durchfahrt anderer Züge zu ermöglichen, nennt der Bahnhof von Gatehouse zwei Gleise sein eigen. Wimsey näherte sich dem Stationsvorsteher, der eine Pause zwischen zwei Zügen benutzte, um in seinem Büro das Glasgow Bulletin zu studieren.
«Ich versuche Mr. Ferguson aufzutreiben», sagte Wimsey nach den üblichen Begrüßungsfloskeln, «um mich mit ihm zu einer Angeltour nach Loch Skerrow zu verabreden, aber man sagte mir, daß er heute mit dem Neun-Uhr-acht-Zug weggefahren ist. Stimmt das?»
«Das stimmt. Ich hab ihn selbst gesehen.»
«Wann er wohl zurückkommt? Wissen Sie zufällig, ob er nach Glasgow oder nur nach Dumfries gefahren ist?»
«Er hat so was gesagt, daß er nach Glasgow wollte», antwortete der Stationsvorsteher, «aber vielleicht kommt er heute abend schon wieder zurück. Angus wird Ihnen sicher sagen können, ob er eine Rückfahrkarte gelöst hat.»
Der Schalterbeamte, der das Büro mit dem Stationsvorsteher teilte, erinnerte sich sehr gut an Mr. Ferguson, weil er eine Rückfahrkarte erster Klasse nach Glasgow gelöst hatte, ein bei dem Künstlervolk etwas ungewöhnlicher Luxus.
«Aber», meinte Wimsey, «die Karte gilt ja drei Monate. Er muß also nicht unbedingt heute zurückkommen. Hat er wohl sein Auto hier abgestellt?»
«Er ist nicht mit dem Auto gekommen», antwortete der Eisenbahner. «Er hat mir gesagt, daß der Magnetzünder kaputt ist, darum hat er den Zug von hier aus nehmen müssen, anstatt nach Dumfries zu fahren.»
«Aha, dann ist er sicher mit dem Fahrrad gekommen», warf Wimsey ganz nebenbei ein.
«Nein, nein», erwiderte der Stationsvorsteher, «er muß mit dem Campbell’s-Bus gekommen sein, denn ungefähr um diese Zeit ist er hier eingetroffen, nicht wahr, Angus?»
«Stimmt genau. Er hat sich mit Rabbie McHardy unterhalten, als er hier reinkam. Vielleicht hat er dem gesagt, wie lange er in Glasgow bleiben will.»
«Danke», sagte Wimsey. «Dann rede ich mal mit Rabbie. Ich wollte nämlich für morgen ein Boot chartern, aber wenn Ferguson nicht da ist, hat’s ja nicht viel Sinn, oder?»
Er plauderte noch ein Minütchen mit den beiden und gab ihnen einen sorgsam redigierten Bericht über den Stand der Campbell-Angelegenheit, dann verzog er sich. Viel weiter war er nicht gekommen, höchstens daß es nun so aussah, als ob er Ferguson wieder von seiner Verdächtigenliste streichen könnte. Natürlich würde er ihn sich noch vorknöpfen und sich vergewissern müssen, daß er auch wirklich in Glasgow angekommen war. Das war vielleicht nicht ganz einfach, aber für Dalziel und seine Schergen konnte es eigentlich nur Routine sein.
Wimsey sah auf die Uhr. Im Augenblick schien Jock Graham der verheißungsvollste Anwärter auf kriminelle Ehren zu sein, doch da er verschollen war, konnte man zur Zeit in dieser Richtung nichts unternehmen. Für eine kleine Unterredung mit Strachan allerdings war noch Zeit, und damit wollte Wimsey seine Ermittlungen in Gatehouse abrunden.
Strachan
Strachan bewohnte ein hübsches mittelgroßes Haus, das bequemerweise etwas außerhalb von Gatehouse am Weg zur Golfbahn lag. Das adrette Dienstmädchen, das öffnen kam, lächelte den Besucher freundlich an und sagte, der Meister sei zu Hause und Seine Lordschaft möge doch bitte eintreten.
Seine Lordschaft trat also ins Wohnzimmer. Dort traf er Mrs. Strachan an, die am Fenster saß und ihr Töchterchen Myra in der Kunst des Häkelns unterwies.
Wimsey entschuldigte sich für seinen späten Besuch so kurz vor dem Dinner und erklärte, er sei gekommen, um mit Strachan ein Viererspiel zu verabreden.
«Nun, ich weiß nicht recht», sagte Mrs. Strachan ein wenig skeptisch. «Ich glaube kaum, daß Harry an den nächsten ein, zwei Tagen überhaupt wird spielen können. Er hat so ein ärgerliches – ach was! Ich weiß es einfach nicht. Myra, lauf doch mal zu Daddy und sag ihm, Lord Peter ist da und
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