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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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möchte mit ihm reden. Wissen Sie, ich treffe nicht gern Verabredungen für Harry – dabei mache ich doch immer etwas falsch.»
    Sie kicherte. Das Kichern gehörte offenbar zu ihrer Natur. Nervosität, vermutete Wimsey. Strachan hatte so eine kurz angebundene Art, die einen schon nervös machen konnte, und außerdem hielt Wimsey ihn, gelinde gesagt, für einen kleinen Haustyrannen.
    Er sagte irgend etwas Unverbindliches, wie daß er nicht stören wolle.
    «Aber Sie stören doch nicht», sagte Mrs. Strachan, ohne den unsicheren Blick von der Tür zu wenden, «ganz im Gegenteil ! Wir freuen uns immer so, Sie zu sehen. Wie haben Sie denn diesen wunderschönen Tag heute verbracht?»
    «Ich war am Minnoch, um mir die Leiche anzusehen», antwortete Wimsey fröhlich.
    «Die Leiche?» rief Mrs. Strachan mit einem kleinen Schreckensschrei. «Das klingt ja schrecklich. Wie meinen Sie das? Sprechen Sie vielleicht von einem toten Lachs?»
    «Nein, nein», sagte Wimsey. «Campbell – Sandy Campbell – haben Sie noch nichts davon gehört?»
    «Nein, was denn?» Mrs. Strachan riß die großen babyblauen Augen ganz, ganz weit auf. «Ist Mr. Campbell etwas zugestoßen?»
    «Mein Gott», sagte Wimsey, «ich dachte, alle Welt weiß es schon. Er ist tot. In den Minnoch gestürzt und dabei umgekommen.»
    Mrs. Strachan ließ einen schrillen Schreckensruf ertönen.
    «Umgekommen? Wie furchtbar! Ist er ertrunken?»
    «Das weiß ich nicht genau», antwortete Wimsey. «Ich nehme an, er hat sich den Schädel eingeschlagen, aber er kann ebensogut ertrunken sein.»
    Mrs. Strachan schrie noch einmal. «Wann ist denn das passiert?»
    «Nun ja», antwortete Wimsey vorsichtig, «man hat ihn um die Mittagszeit gefunden.»
    «Du meine Güte! Und wir wissen überhaupt nichts davon. Harry –» als die Tür aufging – « stell dir doch mal vor! Eben sagt mir Lord Peter, daß der arme Mr. Campbell oben am Minnoch umgekommen ist!»
    «Umgekommen?» meinte Strachan. «Was heißt das, Milly? Hat ihn einer umgebracht?»
    Mrs. Strachan schrie zum drittenmal auf, diesmal noch lauter.
    «Das meine ich natürlich nicht, Harry. So ein Unsinn, und wie schrecklich dazu! Er ist abgestürzt und hat sich am Kopf verletzt und ist ertrunken.»
    Strachan trat zögernd näher und begrüßte Wimsey mit einem Kopfnicken. «Was ist denn da los, Wimsey?»
    «Es stimmt», sagte Wimsey. «Man hat Campbell gegen zwei Uhr tot im Minnoch gefunden. Anscheinend hat er dort gemalt, ist auf dem Granit ausgerutscht und hat sich auf den Steinen den Schädel eingeschlagen.»
    Er sprach ein wenig geistesabwesend. Es war gewiß nicht nur Einbildung, daß sein Gastgeber überaus blaß und erregt wirkte, und als Strachan jetzt das Gesicht voll ins Licht des Fensters drehte, sah man deutlich, daß er einen kräftigen Bluterguß am Auge hatte – ein schönes, vollerblühtes Veilchen von satter Farbe und vollkommener Kontur.
    «Ach!» rief Strachan. «Na ja, wundern tut’s mich eigentlich nicht. Das ist eine gefährliche Stelle da oben. Ich hab’s ihm erst am Sonntag gesagt, und er hat mich zum Dank einen Trottel genannt.»
    «Was denn, war er am Sonntag auch schon da?» fragte Wimsey.
    «Ja. Um eine Skizze anzufertigen oder so etwas Ähnliches. Weißt du nicht mehr, Milly? Gleich gegenüber von unserem Picknickplatz, auf der anderen Seite vom Bach.»
    «Gütiger Himmel!» rief Mrs. Strachan aus. «War das die Stelle? Nein, wie entsetzlich! Da geh ich nie mehr hin, nie mehr. Du kannst sagen, was du willst. Keine zehn Pferde kriegen mich da jemals wieder hin.»
    «Sei doch nicht albern, Milly. Natürlich brauchst du da nicht wieder hinzugehen, wenn du nicht magst.»
    «Ich hätte immer Angst, daß Myra hineinfällt und umkommt», sagte Mrs. Strachan.
    «Also schön», meinte ihr Gatte ungehalten. «Dann gehst du eben nicht mehr hin. Erledigt. Wie ist denn das alles zugegangen, Wimsey?»
    Lord Peter erzählte die Geschichte noch einmal, mit so viel Einzelheiten, wie er für angebracht hielt.
    «Das sieht Campbell wieder mal ähnlich», fand Strachan.
    «Rennt einfach in der Gegend herum – das heißt, rannte –, die Augen auf der Leinwand und den Kopf in der Luft, ohne im mindesten darauf zu achten, wohin er trat. Ich hab ihm am Sonntag noch zugerufen, er soll aufpassen – er konnte aber nicht hören, was ich rief, oder hat zumindest so getan, und schließlich bin ich sogar noch rüber auf die andere Seite gerannt und hab ihn gewarnt, wie glitschig es da ist. Aber er hat mich

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