Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
nur auf die Zeit aufmerksam machen. Ob Mörder oder nicht, er kann jedenfalls erst nach elf von da weggegangen sein.»
«Das dürfte eindeutig feststehen.»
«Also dann kommen wir jetzt zu dem, was wir bei der Eisenbahn erfahren haben. Es verkehren am Tag nicht sehr viele Züge zwischen Stranraer und Girvan, die in Pinwherry oder Barrhill halten.»
Der Sergeant holte einen Fahrplan der London, Midlands and Scottish Railway aus der Tasche und knallte ihn auf den Tisch.
«Nehmen wir zuerst die Züge nach Stranraer. Der Mörder könnte ja daran gedacht haben, von Stranraer aus mit dem Schiff zu entkommen, und dann müßten wir in Irland nach ihm suchen.»
Er nahm einen dicken Bleistift und schrieb die Zeiten auf ein Blatt Papier.
Girvan 10.45 14.16
Pinmore 11.01 14.31
Pinwherry 11.08 14.39
Barrhill 11.18 14.50
Glenwhilly 11.33 15.06
New Luce 11.41 15.13
Dunragit 11.52 15.26
Castle Kennedy 12.00 15.33
Stranraer 12.07 15.39
Wimsey schüttelte den Kopf.
«Den ersten Zug kann er nicht gekriegt haben – jedenfalls nicht mit dem Fahrrad. Barrhill ist die nächstgelegene Station, und wenn man ihm nur schon fünf Minuten gibt, um seine Siebensachen zusammenzupacken und aufzubrechen, bleiben ihm ganze acht Minuten für rund zehn Meilen. Man könnte sich gerade noch vorstellen, daß einer das mit dem Auto schafft, wenn er rast wie ein Irrer und der Zug Verspätung hat, aber wie soll er das zweite Auto dort hinaufgeschafft haben? Er könnte natürlich auch irgendwo in den Bergen die Zeit totgeschlagen und den Zug um 14 Uhr 50 genommen haben, oder er ist noch weiter gefahren und hat diesen Zug von einem anderen Ort aus genommen, aber damit hätte er ein sehr mageres Alibi.»
«So ist es, Mylord», sagte Dalziel, «an die Möglichkeit hab ich auch gedacht. Und hier haben wir nun die Aussage des Stationsvorstehers von Pinwherry, daß dort ein Herr den Zug um 14 Uhr 39 genommen hat. Der Mann ist ihm besonders aufgefallen, weil er ein Fremder war und furchtbar nervös und aufgeregt.»
«Bis wo hat er gelöst?»
«Das ist ja das Interessante – er hat eine Fahrkarte bis Stranraer genommen –»
«Na klar», sagte Wimsey, den Blick auf dem Fahrplan. «Das erklärt, warum er auf diesen Zug gewartet hat. Es ist der einzige, mit dem er Anschluß an das Schiff nach Larne hat. Eine elend schlechte Verbindung übrigens – über drei Stunden Aufenthalt in Stranraer –, aber es ist anscheinend die einzige überhaupt.»
«Was ich eben noch sagen wollte», fuhr der Sergeant fort. «Der Mann hat sich sehr besorgt nach dem Anschluß erkundigt und schien sehr enttäuscht zu sein, daß vor sieben Uhr kein Schiff mehr ging.»
«Das paßt ganz gut», sagte Wimsey. «Komisch ist nur, daß er sich nach der Schiffsverbindung nicht früher erkundigt hat, als er sein Verbrechen in allen Einzelheiten plante. Was war denn das für einer?»
«Ein jüngerer Mensch, mit grauem Anzug und weichem Hut, sagen die, und mit einer Aktentasche. Eher groß als klein, mit einem dunklen Schnurrbärtchen. Der Stationsvorsteher würde ihn wiedererkennen.»
«Hat er sich noch irgendwie näher geäußert?»
«Er hat gemeint, daß er sich im Fahrplan geirrt und geglaubt hat, es fährt auch um 15 Uhr 50 ein Schiff.»
«Das ist sehr gut möglich», sagte Wimsey. «Sehen Sie, hier sind unten auf der Seite drei Striche, die zeigen die Schiffsverbindungen von Stranraer nach Larne und Belfast, und gleich darüber sind drei andere Striche, die zeigen die Zugverbindungen zwischen Stranraer, Colfin und Port Patrick. Die kann man leicht miteinander verwechseln. Aber hören Sie mal, Dalziel, wenn er wirklich kein Schiff vor sieben Uhr abends kriegen konnte, hätten Sie doch rechtzeitig da sein können, um ihn abzufangen.»
«Das ist richtig, Mylord, und sowie ich die Meldung hatte, hab ich auch gleich die Polizei von Stranraer angerufen, damit sie ihn sucht. Aber die Antwort hab ich erst bekommen, kurz bevor ich hierher kam, und zwar, daß sich keine Person auf dem Schiff befunden hat, die auf diese Beschreibung paßt.»
«Verflixt!» sagte Wimsey.
«Sie suchen jetzt in Stranraer, für den Fall, daß er sich da versteckt hält, und halten alle Autos an, die in die Stadt hinein oder aus ihr raus wollen, und natürlich werden sie auch das Schiff von morgen unter die Lupe nehmen. Aber es ist nicht undenkbar, daß der Kerl gar nicht nach Larne will. Es könnte ja auch nur eine Finte gewesen sein.»
«Ist er wirklich bis Stranraer gefahren?»
«Scheint so.
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