Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
Auto. Castle Douglas 9 Uhr 07. Das war etwas anderes; Castle Douglas war ein Anschlußbahnhof, von dem aus man wieder in Richtung Newton Stewart zurückfahren konnte. Ja, da fuhr auch ein Zug. Natürlich war das Ganze lächerlich, denn Waters war ja mit den beiden Damen gefahren, aber schaden konnte es nicht, wenn man es einmal durchrechnete. Ab Castle Douglas 9 Uhr 14, an Newton Stewart 10 Uhr 22. Wimsey seufzte erleichtert auf. Wenn der Mörder um 10 Uhr beim Malen gesehen worden war, schied Waters aus. In der Zeit wäre er nicht einmal bis nach Newton Stewart gekommen.
    Das alles aber stand und fiel mit dem Bericht des Arztes. Wenn er und Wimsey sich von der Starre hatten täuschen lassen, war es durchaus möglich, daß Campbell selbst noch bis fünf nach elf am Minnoch gesessen und gemalt hatte. Und in diesem Falle – Wimsey blätterte erneut den Fahrplan durch.
    In diesem Falle kam ein Zug, der um 10 Uhr 22 in Newton Stewart eintraf, dem angehenden Mörder sehr gelegen – vorausgesetzt, der Mörder hatte gewußt, daß Campbell an diesem Tag am Minnoch malen wollte. Mit dem Auto konnte er von Newton Stewart aus in 20 Minuten am Tatort sein – mehr als Zeit genug. Und wenn Waters auch kein Auto besaß – so etwas konnte man mieten. Natürlich lag darin ein Risiko, denn in ländlichen Gegenden kennt einer den andern, und wer würde da schon einem Unbekannten ein Auto zum Selbstfahren vermieten, ohne sich eingehend zu erkundigen? Wenn aber andererseits die Kaution hoch genug war, würde manch einer es doch riskieren. Allzu vorschnell war Waters also nicht von der Verdächtigenliste zu streichen.
    An diesem Punkt schalt Wimsey sich einen Narren. Es war doch so sicher wie das Amen in der Kirche, daß Waters friedlich unter den Augen seiner Freundinnen nach Glasgow gefahren war und ebenso friedlich anderntags mit ihnen zurückkommen würde.
    Er sah auf die Uhr. Natürlich war es gar nicht möglich, daß Waters schon mit dem Neun-Uhr-Zug zurückgekommen war, aber schaden konnte es auch nicht, hinzugehen und sich zu vergewissern.
    Er ging die High Street entlang. Waters’ Wohn- und Schlafzimmer, die beide zur Straße lagen, waren dunkel. Die Wirtin würde ihn für verrückt halten, wenn er noch einmal fragen ginge. Waters’ Atelier, eine große, umgebaute Scheune, lag in einem Nebenweg der Tongland Road. Wenn er zurückgekommen war, würde er um diese Stunde sicher nicht dort sein und arbeiten. Aber wenn einer unruhig ist, erscheint ihm kein Vorwand für einen kleinen Spaziergang zu weit hergeholt.
    Wimsey ging am Schloß vorbei, die kleine Treppe hinauf und über den Anger beim Hafen. Die Flut lief aus, und die langen Schlickbänder in der Flußmündung schimmerten schwach in der fahlen Mittsommernacht. Die Yacht, die am Morgen eingelaufen war, lag immer noch an der Hafenmauer und bildete mit ihren Masten und Wanten einen kühnen Vordergrund von horizontalen und vertikalen Strichen vor den triumphierenden Bögen der häßlichen Betonbrücke. Wimsey überquerte den freien Platz, auf dem sich tagsüber die Omnibusse versammelten, ging das Gäßchen am Gaswerk hinunter und kam hinter dem Bahnhof auf die Tongland Road.
    Er überquerte die Straße, bog wieder nach rechts ab und fand sich in einer regelrechten Einöde mit einer altertümlichen, oberschlächtigen Wassermühle, ein paar Häuschen mit viel freiem Land dazwischen, verwilderten Wiesen, verfallenen Schuppen und Außengebäuden wieder.
    Zu Waters’ Atelier kam man über einen verwilderten kleinen Pfad zwischen Büschen und hohem Gras. Er drückte das Gartentor auf und probierte die Haustür. Sie war verschlossen, und nichts Lebendiges rührte sich. Die Stille war bedrückend. Er hörte ein kleines Tier im Gras rascheln und das unaufhörliche Plätschern aus der Wasserrinne über den Schaufeln des Rads; irgendwo weit weg im Dorf bellte heiser ein Hund.
    Wimsey wandte sich zum Gehen. Während seine Schritte auf dem steinigen Pfad knirschten, wurde plötzlich die Tür zu einem der kleinen Häuschen aufgerissen, und ein langer Lichtstreifen fiel über den Boden. Im Türrahmen sah er die Umrisse einer Frau, die besorgt in die silberne Finsternis spähte.
    Wimsey fiel plötzlich ein, daß dies Farrens Haus war. Er wollte schon stehenbleiben und etwas sagen, doch während er noch zögerte, legte plötzlich jemand die Hand auf die Schulter der Frau, zog sie ins Haus zurück und schloß die Tür. Das Ganze geschah so rasch und hatte so etwas von Heimlichkeit an sich,

Weitere Kostenlose Bücher