Wind - Das Bündnis der Elemente (German Edition)
mir, was ich tun soll.“ Er kannte sich nicht einmal mit menschlichen Wunden aus. Wie viel hilfloser war er nun angesichts eines magischen Wesens!
„Nein, das geht nicht mehr.“, flüsterte Tomaro und hustete. „Ich danke dir. Verzeih mir, dass ich dich töten wollte. Ich hätte es niemals getan. Es war nur... Spaß.“
„Ja, es war lustig.“ Collin versuchte, die Angst, die er in jenem Moment empfunden hatte, zu vergessen. „Schon gut, bewege dich nicht. Wo ist der Zylinder?“ Er gab es auf. Das Tuch floss im zähen Harz zu Boden.
„Ich soll ihn nur Mark geben, niemandem sonst.“, erwiderte der Erdmann. „Das habe ich versprochen. Und das werde ich auch halten. Schließlich musste ich ihn verraten.“
„Mark hat dir verziehen.“, gab Line als Antwort. „Bitte, wir brauchen den Zylinder. Gib ihn mir.“
„Wie war noch einmal dein Name?“
Collin nannte ihn. Er kämpfte dabei mit den Tränen. So sehr Tomaro ihn auch erschreckt hatte, dies hatte er nicht verdient. Das hatte keiner. Die Windler würden dafür büßen.
„Collin, ach ja. Du bist der Wind.“, flüsterte der Nachtjäger. Seine grünen Augen schienen den Jungen zu durchbohren. „Ich glaube, du wirst ein guter Kämpfer, Collin. Du hattest recht, wir haben etwas gemeinsam. Wir beide hängen am Leben. Und doch kommen wir vom Tod nicht los. Das, was du suchst, befindet sich im Inneren der Erde. Und das musst du wörtlich nehmen, fürchte ich.“
Ehe der Junge fragen konnte, was zum Teufel das bedeuten sollte, spürte er schon, wie alles Leben aus dem Körper wich. „Tomaro!“, schrie er auf. Doch der Erdmann rührte sich nicht mehr. Seine grünen Augen starrten zur Decke und kein Funkeln lag mehr in ihnen. Line biss sich auf die Lippen und schloss seine Lider. Er ballte die Hände wütend zur Faust. Für ihn stand außer Frage, wer Schuld am Tod der Freunde hatte. Es wurde Zeit, dass Collin erwachsen wurde. Es wurde Zeit, dass er nicht mehr weg lief. Sondern dass er begann, nachzudenken und selber zu handeln. Er wusste nun, würde er die Möglichkeit haben, einen Windler zu töten, er würde es tun.
„Wo ist der Zylinder?“, fragte er sich selbst und tastete den Boden des Tunnels ab. Die letzten Worte des Erdmanns gingen ihm nochmalig durch den Kopf. Er hatte gesagt, er solle seine Worte genauso nehmen, wie sie kamen. „Das, was ich suche, ist in Inneren der Erde.“, überlegte er laut. „Aber die Erde ist groß.“ Verzweifelt sah er den Erdmann an. „Hättest du das nicht lieber irgendwo eindeutiger verstecken können?“ Dann fiel ihm ein, dass das Element Erde über ihm stand und auf Anweisung wartete. Langsam kroch er zurück zum Loch in der Decke.
„Sasha?“, rief er heraus. „Sasha, kannst du dich in die Erde um dich herum einfühlen und mir sagen, ob du den Zylinder irgendwo aufspüren kannst?“
Einen Moment herrschte Schweigen. Dann kam die Antwort, die er befürchtet hatte. „Nein, du musst dich irren. Ich kann ihn hier nirgends wahrnehmen. Was ist denn passiert?“
Rasch erzählte er ihr vom Tode Tomaros und von seinen letzten rätselhaften Worten. Sie dachte einen Moment nach, dann hörte er, wie sie im besorgten Ton rief: „Er meint es genau, wie er es sagte. Der Zylinder ist in der Erde.“
Collin leuchtete erschrocken zur ihr hoch. „Du meinst...“
Sie zuckte mit den Achseln. „Es war das sicherste Versteck.“
„Na, wunderbar.“ Der Junge kroch zurück und kniete neben dem kleinen Körper. Dann widerstand er seinem Ekel und legte seine Hand auf den Bauch des Erdmanns. Zu seiner Überraschung war er noch warm. Das hatte er nicht erwartet. Er dachte, die Erde sei kalt.
Einen Moment verharrte er noch. Dann dachte er an Mark und beschloss, sich zu beeilen und sich nicht mit Befindlichkeiten seiner Seite aufzuhalten. Vorsichtig und doch mit einigem Druck schob er seine Hand zwischen die Falten des Bauches. Ihm wurde schlecht, als er spürte, wie etwas warmes und weiches seine Hand umgab. Erdmann bestanden nur aus Erde. Eigentlich ein Haufen Dreck, der sich bewegen, der denken und fühlen konnte. Und so fühlte Collin im Inneren Tomaros auch nichts weiter als warme Erde. Und doch kämpfte er mit dem Brechreiz. Zum Glück fand er relativ schnell, was er suchte. Ein kleiner, harter Gegenstand inmitten der Bauchhöhle. Zufrieden zog er ihn heraus und betrachtete seine Hand, an der Harz und Erde klebten.
„Ich habe ihn.“, rief er nach oben und wischte seine Hand an dem Taschentuch ab. Dann kletterte
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