Wind Der Zeiten
Schöneres hättest du mir gar nicht sagen können.«
»Dass du gut aussiehst?«, fragte ich scheinheilig.
»Dass du mich liebst!« Doch dann verdunkelte sich seine Stimme. »Wie viele Männer hast du geliebt?«, verlangte er zu wissen.
Ich flüsterte eine Antwort, die sein Ego vermutlich zum Explodieren bringen würde: »Nicht einen.«
»Wie bitte?«
»Ich habe niemanden geliebt!« Meine Stimme war laut genug, um jedes Lebewesen in dem verdammten Tal, das wir gerade durchquerten, darüber zu informieren. »Und nun lass uns weiterreiten.«
Zum Glück widersprach mir Alan nicht.
Bald darauf machten wir Rast, aßen etwas und folgten dann den Pferden zu einem kleinen Wasserlauf. Dort tranken Mensch und Tier Seite an Seite. Anschließend ritten wir weiter Richtung Osten.
Auf einer mächtigen Anhöhe zügelte Alan sein Pferd und schaute in die Ferne. Der Tag hatte bedeckt begonnen, aber jetzt wölbte sich über uns ein nahezu wolkenloser Himmel. Am Horizont glitzerte das Meer, und vor uns modellierte die Sonne in der Ferne Hochlandgipfel zu schroffen Felsmassiven. Weiter unten lagen weite Täler und silberne Seen.
Nie hatte ich etwas Erhabeneres gesehen. Das unterschiedliche Grün von Moos, Flechten und Farnen, die dunklen Kiefernwälder
und das eigentümliche Rotbraun der Heide – das alles machte dennoch nur einen Teil des Zaubers aus, den dieser Flecken auf seine Betrachter ausübte.
Wir befanden uns an einem magischen Ort. Die Worte der nächtlichen Erscheinung kamen mir wieder in den Sinn. Du hast die Magie in dir. Verneine sie nicht, und alles wird gut.
Und sowie ich meine Sinne öffnete, glaubte ich tatsächlich, die Elementarwesen spüren zu können, die hier Quartier genommen hatten, lange bevor sich der Mensch in den Highlands niederließ.
Kein Laut war zu hören, bis auf das Schnaufen der Pferde und den gellenden Ruf eines Raubvogels, der ohne seine mächtigen Schwingen nur einmal zu bewegen über uns hinwegglitt, als wären wir nichts als Störenfriede in seinem perfekten Universum.
Und so fühlte ich mich auch. Wie ein Gast, ein nur geduldeter Besucher in einer Welt, deren Geheimnisse sich uns Normalsterblichen nie ganz erschließen würden.
Alan jedoch schien hierherzugehören. Sein Plaid blähte sich über den leicht gebräunten Schenkeln im Wind, das Haar hatte sich unterwegs gelöst, und der breite Rücken signalisierte eine innere Stärke, von der ich selbst nur träumen konnte.
Welches Recht hatte ich, diesen Mann in meine Welt zu locken, der er erst kürzlich durch eine Laune des Schicksals entkommen war?
Er unterbrach meine Gedanken: »Das alles ist Kensary-Land und gehört seit mehr als zweihundert Jahren den MacCoinnaichs. «
»Und vorher?«
»Die Gegend war vorher kaum besiedelt. Aber ja, andere Clans lebten vor uns hier, vertrieben haben wir jedoch niemanden.
Zuletzt hatten MacDonnells in dieser Gegend gesiedelt. Sie waren schon lange untereinander zerstritten, ihre Führer schwach. Einer meiner Vorfahren landete mit seinen Brüdern an dieser Küste, und der damalige MacDonnell teilte das Land auf. Wir alle sind Söhne und Töchter von Gillean of the Aird, aber nur die Erben Ailean MacCoinnaichs folgen weiter den alten Wegen.«
»Was meinst du damit, doch nicht etwa Magie?« Ich hatte ein paarmal beobachtet, wie die Frauen kleine Rituale durchführten, bevor sie auf die Felder gingen oder die Mahlzeiten zubereiteten und das für harmlosen Aberglauben gehalten. Was aber, wenn einige MacCoinnaichs wirklich Kontakt zu Wesen hatten, deren Existenz ich zumindest bei Tageslicht betrachtet allzu gern bestritten hätte? Wider besseres Wissen , mahnte die Stimme aus meinem Unterbewusstsein. Ich hätte sie gern ignoriert. Der neue Priester war überzeugt, dass die MacCoinnaichs ihren heidnischen Glauben nie ganz abgelegt hatten. Bestätigte Alan dessen Vorwürfe nun unbewusst? Gespannt wartete ich auf seine Antwort.
»Es stimmt, die alte Religion hat – für mich zumindest – einiges mit Magie zu tun. Versteh mich nicht falsch. Das Christentum hat zweifellos seine Vorteile, aber ich bin nicht sicher, ob dieser eine Gott mit seinen Vertretern auf Erden so glücklich ist.«
»Bestimmt nicht.« Wenn ich an die Kirchengeschichte dachte, konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass das Bodenpersonal göttliches Wohlwollen erregte. Laut sagte ich: »Zugegeben weiß ich wenig über die keltische Religion, aber die Götter gelten, wenn ich mich nicht irre, allgemein als launisch,
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