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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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hatte bisher nicht in mein Weltbild gepasst. Doch das Leben mit Alan und seinem Clan hatte mich verändert. Mit dem Herzen sehen , dieser Rat der Mutter Oberin des Klosters, das meine ehemalige Schule beherbergte, hatte mir bisher bestenfalls ein verständnisloses Kopfschütteln entlockt. Und nun bekam ich eine Ahnung davon, dass in meinem Leben einiges anders gelaufen wäre, hätte ich diesen Rat nicht spöttisch als Altweibergewäsch abgetan. Wie sollte ich auch jetzt noch daran zweifeln, dass es Dinge gab, die mit Logik nicht zu erklären waren? Unsere Zeitreise war das beste Beispiel.

    Gedankenverloren führte ich mein Pferd weiter den Berg hinauf, denn hier war das Gelände zu unwegsam, um reiten zu können. Als spürte er den Aufruhr in meinem Inneren, antwortete Alan erst viel später, da hatten wir schon das nächste Tal erreicht, auf meine Frage: »Mit alten Traditionen meine ich auch die Pflicht, in der wir Chieftains unseren Clans gegenüber stehen. Einige, besonders die großer Clans, sind im Laufe der Jahrhunderte den Verlockungen des Reichtums und vor allem der Macht verfallen, die zu ihrem Amt gehören. Ich gebe zu, beides ist auf den ersten Blick verführerisch, aber der strahlende Schein kommt nicht ohne Schatten. Die Verantwortung lastet schwer auf unseren Schultern, besonders in Notzeiten. Ein Chief darf nicht prassen, wenn es seinen Leuten schlechtgeht, nicht fliehen, wenn sie für unsere Entscheidungen den Kopf hinhalten müssen.«
    »Du denkst dabei an den Highchief der Mackenzies?«
    »Unter anderen«, gab er zu. »Es gibt gewiss gute Gründe, warum ein Herrschergeschlecht versucht, seine Blutlinie zu erhalten. Aber was ist das alles wert, wenn derweil Land und Leute ausgeblutet werden?«
    »Sind daran nicht die Engländer schuld?«
    »Natürlich.« Er runzelte die Stirn. »Aber sie tun nur, was jeder Sieger tun würde. Sie versuchen, die Rebellen zu vernichten und den Rest der Bevölkerung zu guten Untertanen zu machen. Oft denke ich, Leute wie Argyle haben Recht, und die Tage der Clans sind tatsächlich gezählt. Die Zeiten ändern sich, aber ich will nicht zu denen gehören, die ihr Volk verraten. Wenn wir untergehen sollen, dann tun wir das gemeinsam und hoch erhobenen Hauptes.«
    »Du hast in der Zukunft gelebt. Kannst du dich wirklich nicht erinnern?«

    Alan sprach lange kein Wort. »Manchmal träume ich von Dingen, die ich nicht verstehe«, gab er schließlich zu. »Sobald ich aber versuche, die Zukunft meines Landes zu sehen, versinkt alles in einem undurchdringlichen Nebel.« Frustriert strich er eine Haarsträhne zurück. »Wir müssen uns beeilen, es wird bald dunkel.«
    Ich trieb meine Stute Deargán mit einem Klaps auf ihr Hinterteil an und schwieg den Rest des Wegs. Vielleicht war es besser, dass er nichts von der Zukunft Schottlands und dem Schicksal seines Clans wusste.
    Diese Nacht versprach weit angenehmer zu werden als die letzte, die ich unter freiem Himmel verbracht hatte. Alan führte uns zu einer Höhle hoch in den Bergen. Sie lag so günstig, dass sich uns niemand unbemerkt nähern konnte. Zwar verzichtete er darauf, gegen die nächtliche Kälte in dieser Höhe ein Feuer zu machen, weil man es in der Dunkelheit meilenweit gesehen hätte, aber fest in mein Plaid gewickelt und mit Alans warmem Körper im Rücken, schlief ich dennoch bald ein.
    Morgens weckten mich die ersten Sonnenstrahlen und eine Hand in meinem Haar. »Guten Morgen, Kleines.« Alans Atem bildete Wölkchen, die an mir vorbeizogen.
    Meine Nasenspitze war ganz kalt. Ich drehte mich lachend nach ihm um. »Guten Morgen, mein Chieftain! Was gibt’s zum Frühstück?«
    Leider nicht viel. Die trockenen Haferkekse hatten wir abends aufgegessen, und vom Käse, den Ewan uns mitgegeben hatte, war auch nur noch ein kleines Stück übrig.
    Deshalb kam ich zum ersten Mal in den Genuss einer echten schottischen Mahlzeit.
    Alan drückte mir einen kupfernen Topf in die Hand und
bat mich damit aus dem nahe gelegenen Bach, der mehr ein Rinnsal war, Wasser zu holen.
    Bei dieser Gelegenheit löschte ich erst einmal meinen Durst. Als ich zurückkam, hatte er schon trockene Heide und etwas Reisig gesammelt. Viel gab es nicht davon, aber es reichte, um ein kleines Feuer zu entfachen.
    Fasziniert sah ich ihm zu, wie er Zunder aus einer Spandose zog und unter die Zweige legte. Danach holte er einen Stein hervor, mit dem er auf ein raues Eisenstück schlug, bis endlich Funken flogen. Rasch begann der Zunder, der aussah wie ein

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