Wind Der Zeiten
Munde zusammenlaufen.
Noch mehr Gäste waren eingetroffen. Es war das erste Mittsommerfest, das man hier oben feierte, seit Alan Clanchef geworden war. Bisher hatte er es vermieden, Cèilidhs oder andere Feste im Castle auszurichten. Und niemand vom Clan der MacCoinnaichs, der noch einen Fuß vor den anderen setzen konnte, wollte sich anscheinend die Gelegenheit entgehen lassen, den Grund seines Sinneswandels mit eigenen Augen zu betrachten.
Im Moment allerdings sahen sie weder mich an, noch waren sie in Feierlaune. Stattdessen standen weitere Krieger breitbeinig, die Hand an der Waffe, bereit, den Chief und die Seinen mit ihrem Leben zu verteidigen.
Stolz auf unseren Clan ließ meinen Rücken noch ein klein wenig gerader werden, und ich schritt ihnen mit hoch erhobenem Kinn entgegen. Ohne Alan anschauen zu müssen wusste ich, dass es ihm nicht anders erging. Schritt für Schritt stiegen wir die Stufen zur Turmhalle hinauf, drehten uns schließlich um und blickten dem Herzog auf seinem Pferd in Augenhöhe entgegen. Lachlan nahm seinen Platz an Alans linker Seite ein, Angus stand einen Schritt dahinter, sprungbereit. Etwas überrascht fand ich mich mit Mary hinter den Männern wieder, fast schon in der Halle. Aus der Dunkelheit hörte ich aufgeregtes Flüstern – noch mehr MacCoinnaichs.
»Beeindruckend«, näselte Argyle, schwang das rechte Bein über den Hals des Pferdes und sprang erstaunlich leichtfüßig herab. »Aber nicht notwendig. Glaubst du wirklich, ich greife dich mit zwanzig Leuten an, und das wegen einer Frau?«
Er kam unaufgefordert die Stufen herauf, und überrascht stellte ich fest, dass der Mann sicher schon fünfzig war. Trotz des albernen Kaffeewärmers auf dem Kopf, der ihm sicherlich Würde verleihen sollte, bei mir aber genau das Gegenteil bewirkte, hatte er auf den ersten Blick jünger gewirkt.
Alan ließ ihn nicht aus den Augen. »Eure Familie hatte schon immer ein Talent, Hochzeitsfeiern eine besondere Würze zu geben.«
Der Herzog lachte trocken auf. »Das war lange vor meiner Zeit, Kensary.« Er streckte die Hand aus, und Alan blieb nichts anderes übrig, als sie zu ergreifen.
»MacCoinnaich reicht völlig aus«, sagte er mit ruhiger Stimme.
Die beiden Männer blickten sich schweigend in die Augen, als wollten sie sich gegenseitig genau abschätzen.
»Wie Ihr wollt. Obwohl es nicht klug ist, einen Titel seiner Majestät so abschätzig zu behandeln. Sie haben die Tendenz, einem Schotten schneller abhandenzukommen, als er Anspruch darauf erheben kann.«
Inzwischen hatte jemand einen Whiskykrug herbeigeschafft. Argyle nahm eines der silbernen Schälchen entgegen, das Alan ihm reichte, bevor er sich selbst eines nahm und sagte: »Auf Schottlands Wohl …!«
Ich hatte den Trinkspruch häufig genug gehört, um zu wissen, was folgte: Nieder mit der Union! Womit natürlich die Union mit England gemeint war.
Die Umstehenden hielten die Luft an, und Argyle blinzelte.
Doch Alan lächelte und hob seinen Quaich : »… und möge die heute geschlossene Verbindung dem Brautpaar nur Glück bringen.«
Die MacCoinnaichs grölten: »Díleas gu bràth!« Für immer treu!
Der Herzog murmelte etwas, das nach Zustimmung klang und leerte seine Schale in einem Zug aus. »Sehr gut. Ich bin überzeugt, jeder Tropfen ist die Steuer wert, die ihr dafür an unseren König entrichtet«, sagte er und ließ sich nachschenken.
»Seid ihr gekommen, um unsere Bücher einzusehen?«, frage Alan.
»Unfug. Wollen wir die Familienangelegenheiten hier diskutieren, oder bietet Ihr mir Eure Gastfreundschaft an?«
Angus flüsterte Alan etwas zu, und der nickte. »Es hat wohl keinen Sinn zu behaupten, dass wir nicht auf Besuch eingerichtet sind. Also gut, kommt herein.«
Argyle gab ein meckerndes Lachen von sich und folgte ihm bis zu einem großen Tisch, der in der New Hall aufgestellt war. Sofort wurde ihm ein Becher mit Ale serviert. Den leerte er in einem Zug und ließ sich grunzend in einen hohen Sessel fallen. Hinter ihm nahmen zwei seiner Männer Aufstellung, sie lehnten die angebotenen Erfrischungen ab.
Alan winkte dem Mädchen, damit es nachschenkte, und setzte sich ebenfalls. Lachlan und Angus blieben dicht hinter ihm stehen.
Zu meiner Überraschung nahm der Herzog seine Perücke ab und warf sie einem der Wachleute zu. Der Arme sah ziemlich mehlig aus, nachdem die Puderwolke, die den Locken entwichen war, sich endlich gelegt hatte. Er hatte Mühe, ein Niesen zu unterdrücken, was mir mit meinem Kichern
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