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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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überflutete meine Seele. Gleann Grianach war bei jedem Wetter faszinierend, heute jedoch strahlte es eine Ruhe und Gelassenheit aus, wie ich sie noch nie zuvor an einem anderen Ort empfunden hatte.
    Und dann war es ganz still. In der Ferne hörte man ein Schaf blöken, Vögel stießen keckernde Warnlaute aus. Die MacCoinnaichs verharrten in andächtigem Schweigen.
    Kein Wunder, die meisten hatten nur eine vage Vorstellung davon, wie weit die Zeremonie bereits fortgeschritten war.
Irritiert blickte der Geistliche erst zu mir und dann in Alans Richtung. Der erbarmte sich schließlich, trat vor, ergriff die Hände der Brautleute und verkündete auf Gälisch: »Möge das Schicksal euch eine friedvolle und gesunde Zukunft gewähren. Weisheit und Verstand soll euch auf allen Wegen begleiten, und möge euch beiden, Mòrag und Duncan, ein langes Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand beschieden sein.«
    Nach diesen Worten wollte der Jubel kein Ende nehmen, und ich sah, dass Angus rasch eine Träne fortwischte. Verlegen blickte er mich an, ich ging auf ihn zu und nahm ihn, wie zuvor schon die Frischvermählten, in den Arm. »Lass uns alles tun, damit diese Wünsche wahr werden, für deine Kinder und für den Clan der MacCoinnaichs.«
    Er hielt mich einen Augenblick ganz fest, und die Zeit schien derweil stillzustehen. Selten war mir etwas so ernst gewesen.

16
Argyle
    G leanngrianach!« Wir fuhren auseinander, und Angus’ Hand lag sofort am Griff seines Schwerts. Eine Erscheinung. Nur so war zu erklären, was da über die Bergkuppe geritten kam. Die üppige Lockenpracht konnte nichts anderes sein als eine Perücke, kein Mensch besaß solche Haare. Der Reiter saß sehr gerade auf einem mächtigen Ross, die goldenen Stickereien seiner langen Jacke funkelten im Sonnenschein. Dünne Beine steckten in seidenen Kniehosen, und die bestrumpften Waden hatte er weit nach vorne gestreckt. Der Mann saß auf dem Pferd wie ein König auf seinem Thron.
    »Argyle!«
    Angus schaute mich verwirrt an. »Du kennst ihn?«
    »Nie gesehen! Aber wer sollte sonst hier auftauchen, als machte er einen Ausritt im Londoner St. James’s Park?«, flüsterte ich zurück.
    Alan stand so dicht neben mir, dass ich spürte, wie sein Brustkorb vibrierte, als er meine Vermutung bestätigte: »Willkommen in Gleann Grianach, Your Grace ! Wie nett, dass Ihr Mittsommer mit uns feiern wollt.« Das Zucken in seinem Mundwinkel konnte hoffentlich nur ich richtig interpretieren: Er bemühte sich offenbar, ein Lachen zu unterdrücken. Der Mann hatte einen gefährlichen Sinn für Humor.

    »Redet keinen Unsinn.« Der Herzog machte eine ungeduldige Handbewegung. »Das ist nicht Eure Hochzeit, die hier gefeiert wird, nehme ich an?«
    »Wir waren gerade auf dem Weg nach Castle Grianach. Wollt Ihr uns begleiten?« Ohne auf die Frage einzugehen, umfasste Alan meinen Ellbogen und dirigierte mich, allen voran, den Berg hinauf und zurück zum Castle.
    »Bist du sicher, dass sie uns friedlich folgen werden?«
    »Ich hoffe es.« Alan klang grimmig. Doch er konnte sich auf seine Leute verlassen. Die Piper musizierten, was die Blasebälge hergaben, und obwohl ich es nicht wagte, mich umzudrehen, wusste ich in diesem Augenblick, dass sie in Zweierformation den Abschluss der Prozession bildeten. Ich konnte mir vorstellen, dass sich die Begleiter des Herzogs nicht besonders wohl in ihrer Haut fühlten. Sie waren von grimmig blickenden MacCoinnaichs umringt, von denen, ungeachtet des königlichen Verbots, mehr als ein Drittel bis an die Zähne bewaffnet war.
    Als der kleine Junge, den ich schon häufiger am Torhaus gesehen hatte, uns erblickte, wollte er sofort wieder im Haus verschwinden. Angus packte ihn am Kragen und flüsterte ihm etwas zu, und der Bengel rannte wie ein geölter Blitz zum Herrenhaus. Natürlich waren wir nicht zu überhören, aber er würde nun auch die zurückgebliebenen Wachen über unsere neue Begleitung informieren.
    Castle Grianach bot einen imposanten Anblick. Der alte Turm erhob sich majestätisch über uns, die glatten Steine der beiden Wohngebäude leuchteten in der Sonne, und über dem Eingang wehte die Flagge der MacCoinnaichs. Auf der Wiese vor dem Haus waren helle Zelte aufgebaut. Dazwischen standen lange weiß gedeckte Tafeln, die sich unter der Last
von Braten, Torten und anderen Leckereien bogen. Über einem Feuer drehten zwei Männer einen mächtigen Spieß, auf dem ein ganzes Rind steckte. Der Duft, der zu uns herüberzog, ließ mir das Wasser im

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