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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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viel zu schüchtern, und ich war zugegebenermaßen ziemlich faul. Warum sollte ich auch lernen? Für mich reichte es, lesen zu können, zum Schreiben hat ein Gentleman seine Leute, trichterte Mutter uns täglich ein. Erst später in meiner Pflegefamilie wurde ich eines Besseren belehrt. Das war auch so eine Sache, die ich Alan nie verzeihen konnte. Er durfte zu Hause bleiben, während Callum und ich weggeschickt wurden, um in fremden Familien eine unabhängige Ausbildung zu erhalten. Anfangs konnte dort niemand fassen, wie wenig Ahnung ich vom harten Alltag in den Highlands hatte. Das änderte sich allerdings gründlich, denn man schonte mich nicht. Bald konnte auch ich im Winter auf bloßen Füßen
weite Entfernungen zurückzulegen. Und ich lernte von meinem Mentor nicht nur den Umgang mit dem Breitschwert, sondern durfte ihn später sogar auf seinen Reisen nach London begleiten. Dort entdeckte ich, wie ein Gentleman Geld verdiente, ohne zu arbeiten. Allerdings gefiel mir die Art nicht, wie er jeden Penny aus seinen Pächtern herauspresste, um seinen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren. Ich begann, meinen Ziehvater bei seinen Investitionen zu beraten, und überredete ihn, statt in den Sklavenhandel die Gewinne in sein Land zu investieren. Dann starb der Gleanngrianach .«
    Für einen kurzen Augenblick wusste ich nicht, wen Lachlan meinte, bis mir klar wurde, dass er von Alexander MacCoinnaich sprach. »Du hast deinen Vater all die Jahre nicht mehr gesehen?«
    »O doch, er kam regelmäßig zu den Pflegefamilien, um sich nach unseren Fortschritten zu erkundigen. Ob er allerdings zufrieden war, das weiß ich nicht. Er hat mich kein einziges Mal gelobt.« Lachlan klang bitter. »Nach Vaters Tod kehrte ich mit einem flauen Gefühl nach Hause zurück.«
    »Und deine Mutter? Sie muss euch doch schrecklich vermisst haben?«
    »Sie hatte die Zwillinge.« Einen Moment lang starrte er in die Ferne, bevor er mit leiser Stimme weitersprach. »Mutter war im Winter davor an einem Lungenleiden gestorben, das sie schon lange gequält hatte. Seit ich denken kann, bekam sie jedes Frühjahr einen bösen Husten, der umso schlimmer wurde, je weiter das Jahr voranschritt. Wir durften die Fenster nicht öffnen, und wahrscheinlich war dieser Husten auch schuld daran, dass sie uns als Kinder so selten vor die Tür gehen ließ. Sie selbst ging fast nie hinaus. Es ist ein Wunder, dass meine Schwestern diese Jahre überlebt haben.

    Als ich Alan zum ersten Mal nach so vielen Jahren wiedersah, hätte ich ihn beinahe nicht erkannt. Das mickrige Bürschchen aus meiner Erinnerung hatte sich in einen selbstbewussten Mann verwandelt, der mir Auge in Auge gegenüberstand und mich überheblich anblickte. Bald nach meiner Ankunft stellte ich fest, dass niemand aus unserem Clan es wagte, ihn ernsthaft herauszufordern. Er kämpfe wie der Leibhaftige, sagten sie. Und es stimmte. Vorausschauend und klug, immer etwas schneller als seine Gegner und scheinbar ohne besondere Anstrengung besiegte er seine Übungspartner, mit denen er täglich trainierte. O ja, sie fürchteten ihn, aber ich spürte auch so etwas wie Respekt, als meine Jugendfreunde mir erzählten, wie er sogar Ross, den Sohn des Schmieds, besiegt hatte, der in der Vergangenheit der stärkste Junge des Tals gewesen war.
    Meine Schwestern waren zu zwei attraktiven Frauen herangewachsen, und regelmäßig nahmen junge Männer unsere Gastfreundschaft in Anspruch, in der Hoffnung ihr Herz zu erobern. Ich glaube, das war die fröhlichste Zeit, die dieses Haus jemals gesehen hat. Seltsamerweise hatte Alan beschlossen, dass sich die Mädchen ihre zukünftigen Ehemänner selbst aussuchen dürften und damit eine politische Heirat, wie es eigentlich üblich war, ausgeschlossen. Ich hielt das damals für einen großen Fehler und für den Beweis, dass er den Aufgaben eines Chiefs nicht gewachsen war.
    Als ich ihn darauf ansprach, lachte er nur. Deine Schwestern sind klug genug, den richtigen Mann zu finden, und ich gebe ihnen die nötige Aussteuer und Zeit, damit sie ihre Wahl in Ruhe treffen.
    Allmählich lebten wir uns wieder ein. Callum, der ebenfalls zurückgekehrt war, träumte allerdings von einem Studium in Edinburgh. Er wagte lange nicht, Alan um Unterstützung zu
bitten. Eines Tages fasste er sich doch ein Herz, und wir beide waren völlig überrascht, dass unser Bruder sofort zusagte. Insgeheim glaubten wir aber, er täte das nur, um Callum loszuwerden. «
    »Wie undankbar«, sagte ich

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