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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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kehrten wir zum Herrenhaus zurück. Im Durchgang zum Hof blieb ich überrascht stehen. Hier war das Chaos ausgebrochen. Der kleine Stallbursche, der mich sonst immer frech angrinste, wenn wir uns begegneten, wuselte zwischen den Beinen fremder Ponys herum, andere Jungs schleppten Wassereimer für die durstigen Tiere herbei oder zerrten an Sattelzeug und schwerem Gepäck. Männer standen in Gruppen zusammen, lachten und unterhielten sich. Einige in Kniehosen und kurzer Jacke, die meisten trugen aber gegürtete Plaids in verschiedenen Farben und Karomustern. Kappen, häufig hellblau und gelegentlich mit einem immergrünen Zweig dekoriert, saßen schräg auf blondem Haar. Dem Aussehen nach zu urteilen, versammelten sich hier MacCoinnaichs jeden Alters, und ich erinnerte
mich, dass Mòrag von einem geplanten Gerichtstag gesprochen hatte. Offenbar sollte dies Ereignis bald stattfinden.
    Gerade kamen neue Gäste zu Fuß hinter uns durch das Tor, nur einer von ihnen saß auf dem Rücken eines dicken Highlandponys. Duncan schob mich schnell hinter sich, und ich wusste nicht, ob ich angesichts dieser Demonstration männlichen Beschützerinstinkts lachen oder ärgerlich werden sollte. Glaubte er wirklich, die Männer würden mich anfallen, sobald sie mich erblickten? Eben noch ein netter Gefährte, verhielt er sich jetzt wie ein unerträglicher Macho. Aber wer weiß, vielleicht war eine Frau in dieser testosterongeladenen Atmosphäre wirklich nicht sicher. Die Burschen, die hier zusammenstanden, plauderten oder sich herzlich begrüßten, sahen ganz bestimmt nicht alle gut aus, aber in der Summe konnten sie einem Mädchen schon den Kopf verdrehen mit ihren breiten Schultern und trainierten Körpern, deren Muskelspiel unter den gegürteten Plaids, die oft eine gute Handbreit über dem Knie endeten, deutlich sichtbar war. Zu gut für mein Seelenheil. Was für ein Glück, dass ich von Männern derzeit die Nase gestrichen voll habe.
    Genau diesen Moment der Selbsterkenntnis suchte sich Alan aus, um dicht hinter mir aufzutauchen und seine warmen Hände besitzergreifend auf meine Schultern zu legen: »Ich habe dich gesucht, m’ eudail«, hauchte er kaum hörbar, seine Lippen streiften dabei meinen Hals und aktivierten eine Armee von Schmetterlingen in meinem Bauch. »Das hier ist kein Ort für dich, geh hinauf in dein Zimmer.«
    Aus diesem Mann wurde ich nicht schlau. Als ich gestern in dem sensationellen Seidenkleid aufgetaucht war, hatte er mich keines Blickes gewürdigt, aber jetzt hätte ich schwören können, dass ich ihm nicht nur nachts im Bett gefiel.

    »Nur wenn du mitkommst.« War das wirklich ich, die diese Worte gerade gegurrt hatte? Anstatt mich über seinen unverschämten Befehl zu ärgern, spürte ich, wie meine Knie weich wurden. Er hat mich Schätzchen genannt.
    Alan lachte und gab mir einen Klaps auf den Hintern, dann ließ er uns zurück, um ein paar Gäste zu begrüßen.
    Duncan versuchte vergeblich, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch ich dachte nicht daran, mich von ihm ins Haus eskortieren zu lassen wie ein unartiges Kind. Viel lieber wollte ich die Ankunft weiterer MacCoinnaichs beobachten. Aus der Küche eilten zwei Mädchen herbei, die ein Getränk in kleinen Schalen anboten. Der Menge nach zu urteilen schenkten sie Whisky aus, und ich erinnerte mich daran, von diesem Zeichen schottischer Gastfreundschaft schon gehört zu haben. Diese Quaichs gehörten in jeden Haushalt, wie ich inzwischen wusste.
    Nicht wenige ließen sich frech nachschenken, bis Dolina auftauchte und der Sache ein Ende machte, indem sie nach einem gerade aufgefüllten Gefäß griff und es unter dem dröhnenden Gelächter der Umstehenden selbst leerte. Dann entdeckte sie uns und warf Duncan einen strengen Blick zu. Der schien erleichtert, mich irgendwo abliefern zu können, und schob mich unauffällig in Richtung Küche. »Eine junge Lady hat hier nichts zu suchen«, sagte sie streng, nahm Duncan den Korb ab, den er für mich getragen hatte, und der Feigling machte sich rasch davon. Ehe ich mich versah, hatte Dolina mich in die Küche geschoben, in der es brummte wie in einem Bienenkorb.
    »Was ist das?« Irritiert schaute sie auf meine Ernte.
    »Salat. Ich brauchte dringend etwas Frisches«, entgegnete ich, darauf gefasst, dass sie mich für verrückt erklären würde.
Doch das tat sie nicht, sondern sah sich nach einem Mädchen um, das sie anwies, die Blätter zu waschen. Ich fragte nach Essig und Öl, zupfte ein paar Blätter

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