Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
leise.
    Lachlan hatte mich aber gehört. »Das war es. Die Spannungen nahmen nach Callums Abreise trotz der Vermittlungsversuche der Mädchen schnell zu. Meine Schwestern schienen sich gut mit Alan zu verstehen und schätzten es, dass er sie wie vernunftbegabte Wesen behandelte, etwas, das den meisten Männer, die um ihre Hand anhielten, nicht in den Sinn gekommen wäre. Angus, unser ehemaliger Lehrer und Vaters Verwalter, diente nun auch Alan loyal. Er nahm mich irgendwann zur Seite: Anstatt Unruhe zu stiften, solltest du dich langsam entscheiden, ob du für oder gegen deinen Clan bist. Wenn du dich nützlich machen willst, dann sorge dafür, dass unsere Rinder heil auf dem Markt ankommen und einen guten Preis erzielen.
    Wider Erwarten fand ich Gefallen an meiner neuen Aufgabe. Meinen Leuten machte es ebenso viel Spaß wie mir, hier und da ein paar schlecht bewachte Tiere mitzunehmen. Erwischt wurden wir nicht, und den Gewinn teilten wir uns. Im vergangenen Sommer heirateten die Zwillinge und gingen beide erstaunlicherweise eine gute und politisch wertvolle Verbindung ein, genau wie Alan es vorausgesagt hatte. Sie zogen fort, und alles lief einigermaßen gut, bis zu dem Tag, als du aufgetaucht bist.«
    Das Ticken der Stockuhr auf dem Konsolentisch war das einzige Geräusch, das ich lange Zeit wahrnahm. Lachlans ehrliches Geständnis musste ich erst einmal verdauen, und auch er saß hoch aufgerichtet da, überwältigt von seinen Erinnerungen.

    »Wer bist du?«, flüsterte er schließlich, und ich war nahe dran, ihm die ganze Wahrheit zu sagen.
    Endlich räusperte ich mich: »Es tut mir leid.«
    Wortlos stand er auf und reichte mir eine Schreibfeder, ein Tintenfass und dazu einen Stapel lose zusammengebundener Bögen schlichten Papiers. »Du willst keinen Brief an deine Familie schreiben, nicht wahr?«
    Ich wollte ihn fragen, was er damit meinte, aber in diesem Augenblick hörten wir Türenschlagen in der Halle und laute Stimmen. Alan. Im Nu war ich durch die hintere Tür geschlüpft.
     
    Nachdem ich das Schreibmaterial ins Zimmer hinaufgebracht hatte, machte ich mich auf die Suche nach Mòrag. Ich musste erst einmal verarbeiten, was Lachlan mir da anvertraut hatte. Dass ich ein so großes Geschick besaß, Menschen zum Reden zu bringen, überraschte mich selbst am meisten. Im Nachhinein kam es mir vor, als hätte eine fremde Energie von mir Besitz ergriffen und Alans Bruder irgendwie manipuliert. Wahrscheinlich hasste er mich in Zukunft noch mehr.
    Um diese finsteren Gedanken loszuwerden, wollte ich sehen, ob Mòrag Zeit hatte, mit mir in dem kleinen Teich am Wasserfall zu baden und später ein paar Kräuter zu pflücken. Der tägliche Haferbrei hing mir inzwischen zum Halse raus, und nach dem fetten Essen von gestern Abend plagte mich eine große Gier auf frischen Salat. Leider war ich mit diesen Gelüsten hier offenbar allein. Der kleine Küchengarten, den ich gleich nach meiner Ankunft entdeckt hatte, gab jedenfalls in dieser Richtung wenig her.
    Nicht, dass ich große Ahnung von essbaren Pflanzen oder Heilkräutern gehabt hätte, aber Löwenzahn und Gänseblümchen
waren mir früher schon häufiger kredenzt worden, und die sollten auf den hiesigen Wiesen doch zu finden sein. Sicherheitshalber wollte ich aber Mòrag beim Pflücken dabeihaben, denn die würde es hoffentlich bemerken, wenn ich mir ein giftiges Pflänzchen in meinen Salat schnitt.
    Im Hof lief mir Duncan über den Weg, der berichtete, sie sei ins Dorf hinabgegangen, um der alten Kenna Essen zu bringen. Mist . Das hatte ich vergessen. Eigentlich hatte ich sie begleiten wollen, um zu sehen, ob die Seherin in der Laune zu einer weiteren Vision war. Das musste ich nun auf einen anderen Tag verschieben.
    Einem Impuls folgend, fragte ich kurzerhand Duncan, ob er mich begleiten wollte. Nicht zum Baden natürlich, Mòrag hätte mir das bestimmt nie verziehen.
    Er schien meinen Wunsch gar nicht einmal so abwegig zu finden und ging in die Küche, um dort ein Körbchen für den Salat zu besorgen. Mittags, so sagte Duncan, müsse er allerdings wieder zurück sein.
    Die Uhr in der Bibliothek hatte vorhin gerade einmal zehn Uhr geschlagen, und so machten wir uns auf den Weg.
    Anfangs ging Duncan schweigend neben mir her, und ich war ganz dankbar dafür, denn wieder einmal faszinierte mich die Stille, die in dieser Welt herrschte. Nicht eines der typischen Geräusche unserer Zivilisation fehlte mir. Selbst die entvölkerten Highlands des einundzwanzigsten

Weitere Kostenlose Bücher