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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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dann durch Eddies Hand. Eddies rechter Fuß tat weh. Er hätte gerne taumeln gedurft, ihm war danach zumute. Rasiermessers Beine ragten in sein Blickfeld, Rasiermesser war tot. Eddies Kraft floß von ihm ab wie Wasser. Ihm wurde schwindlig. Er versuchte, Brauner II bewußtlos zu schlagen, es gelang ihm erst beim dritten Versuch. Als er Tina abschnitt, fiel er zusammen mit ihr hin. Tina wollte sofort Jojo mit seiner eigenen Pistole erschießen, aber Eddie zog sie hinter sich her, aus dem Raum hinaus, und sie platzten aus dem Chaos, das sie hinterließen, hinaus in eine stille, aufgelassene Fabrikhalle. Am anderen Ende der leeren Halle eine offene Tür.
     
    Das Rad fanden sie vor der Halle, neben dem hellen Transporter der Irren. Offenbar hatte jemand Eddies Elefantenschrot an dem Rad ausprobiert, es waren jedenfalls einige Löcher in der Haut zu sehen, umgeben von splittrigen Einschußkratern. Tina, die immer noch Jojos Pistole in der Rechten trug, tastete mit der Linken eines der Löcher ab, sie sagte in einer bröselnden Stimme:
    »Ich brauche meine Medizin.«
    Medizin, dachte Eddie, sehr gut. Sein Fuß fing nämlich an zu schmerzen, offenbar hatten die Karatekurse in der Tele-Sense-Haut doch nicht so viel gebracht. Das mußten schon furchtbare Flaschen sein, wenn er mit ihnen fertig wurde. (Was Rasiermesser anging, mußte er eine furchtbare Flasche gewesen sein).
    »Ich geh dahin zurück. Ich brauche meine Medizin.«
    Eddie glaubte, er höre nicht richtig.
    »Was!? Du gehst jetzt nirgendwohin. Gib mir die Pistole.« Tina sah ihn mit diesen blanken Augen an, die er so fürchtete, und für einen Moment sah es so aus, als wolle sie die Pistole auf ihn richten. Aber dann schien ihr Gefahrenbewußtsein wieder einzurasten, sie gab Eddie die Pistole und klopfte dem Rad auf das Dach, damit sich die Türen öffneten. »Ich bin’s«, sagte sie, in der gleichzeitig bröselnden und verschleierten Stimme, wie von weit hinten in einem leeren Zimmer. Die Türen öffneten sich. Eddie schoß einen Reifen des Transporters platt. Er konnte Tina zusammenzucken sehen. Es gefiel ihm nicht sehr, wie sie sich eckig und unbeholfen in den Sitz verfrachtete. Sie fuhren das Areal ab, auf der Suche nach einem Ausgang. Leere Maschinenhallen mit eingestürzten Dächern, rostige Kamine, bullige Tanks. Raffinerie? Kokerei? Eddie bemühte sich, das Rad zwischen den Schlaglöchern im Asphalt hindurchzuschlängeln. Ein Alptraum. Hinweisschilder gab es keine, und das Gelände schien die Größe einer mittleren Stadt zu haben. Tina sagte noch einmal, daß sie ihre Medizin brauche und hauchte ihr Fenster an; treten konnte sie offenbar nur noch sporadisch, und Eddie wurde mulmig zumute. Brauner II mußte bald aufwachen, und wie Eddie siedendheiß einfiel, hatte er ihn nicht nach Waffen durchsucht. Sein rechter Fuß schmerzte. Eddie hielt an. Als Tina ihm ins Gesicht sah, erschrak er zu Tode. Ihr Gesicht war aufgeschwemmt, ihre zitternden Lippen waren eher blau als rot, und ihre Augen völlig leer. Wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich ein Mann in einer blauen Uniform neben dem Rad und klopfte an das Gehäuse. Eddie öffnete die Tür. Die Uniform sah aus, als stamme sie aus der Altkleidersammlung, und der Mann wirkte nicht sehr dienstlich. Seine Nickelbrille war verbogen und die Haare stachen widerspenstig unter dem Rand der Mütze hervor. Eddie versuchte, wie ein Bürger zu wirken, aber er wußte, daß seine Erscheinung diesen Versuch unweigerlich ins Lächerliche zog. Er wollte den Mann davon abhalten, in Tinas tote Augen zu sehen, und deswegen sagte er beschwingt:
    »Guten Tag.«
    »Guten Tag«, sagte der Mann freundlich. »Sie dürfen hier nicht sein. Es ist nicht erlaubt, hier herumzufahren. Es ist verboten. Bitte gehen Sie.«
    »Oh, das haben wir nicht gewußt. Entschuldigen Sie vielmals. Wir haben uns verirrt. Können Sie uns bitte den Ausgang zeigen.«
    »Aber gerne.« Dann sah er Tina doch in die Augen, und seine Stirn runzelte sich. »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber geht es Ihrer Freundin gut?«
    Eddie komponierte mit Sorgfalt einen betrübten Ausdruck auf seinem Gesicht.
    »Ich fürchte, nein. Ich war gerade auf der Suche nach einem Krankenhaus, als wir uns auf dieses weitläufige Gelände verirrten. Meine Freundin ist krank. Bitte zeigen Sie uns den Ausgang, damit ihr so schnell wie möglich geholfen werden kann.«
    »Selbstverständlich. Kann ich Ihnen helfen? Soll ich einen Krankenwagen rufen?«
    »Bitte nein«, sagte

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