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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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als nach dem Verzehr von Brot und Fleisch ins Bett zu fallen. Er würde anfangen, Pfeife zu rauchen, und vielleicht einen Geschmack für Graf oder Bier entwickeln. Er würde beobachten, wie das Lächeln seiner Mutter blass wurde, so wie ihre Augen ihren Glanz verloren.
    Und das alles würde er Bern Kells zu verdanken haben.

Die Erntezeit war vorbei; der Jägerinnenmond nahm ab, gewann wieder dazu, und die Jägerin spannte ihren Bogen; die ersten Stürme der Weiten Erde heulten aus Westen heran. Und als es schien, als käme er dieses Jahr gar nicht, traf der Steuerbeauftragte der Baronie wie von einem Sturm hergeweht in Tree ein. Dürr wie Gevatter Tod saß er auf seinem großen Rappen. Sein schwerer, schwarzer Mantel umflatterte ihn wie Fledermausflügel. Unter dem breitkrempigen Hut (pechschwarz wie sein Mantel) war sein blasses Gesicht ständig in Bewegung und registrierte hier einen neuen Zaun, dort eine neue Kuh oder sogar drei neue in einer Herde. Die Dorfbewohner würden murren, aber zahlen, und wer nicht zahlen konnte, dem wurde sein Land im Namen Gileads weggenommen. Vielleicht wurde schon in jener goldenen Zeit von einst geflüstert, das sei ungerecht, die Steuer sei zu hoch, Arthur Eld seit Langem tot (falls er jemals gelebt habe) und der Bund längst bezahlt, mit Silber ebenso wie mit Blut. Vielleicht warteten einige schon darauf, dass der Gute Mann auftauchen und sie so stark machen würde, dass sie sagen konnten: Jetzt ist Schluss, genug ist genug, die Welt hat sich weiterbewegt.
    Vielleicht, aber nicht in jenem Jahr und noch viele, viele Jahre lang nicht.
    Am späten Nachmittag, als dickbäuchige Wolken über den Himmel segelten und die gelben Maisstängel in Nells Garten wie lose Zähne klapperten, lenkte Sai Steuereintreiber seinen großen Rappen zwischen den Torpfosten hindurch, die Big Ross noch selbst gesetzt hatte (wobei Tim zugesehen und auf Aufforderung mit angepackt hatte). Das Pferd schritt langsam und feierlich zur Treppe vor der Haustür. Dort machte es nickend und schnaubend halt. Big Kells stand zwar auf der Veranda, aber er musste den Kopf heben, damit er dem Besucher in das schemenhaft weiß leuchtende Gesicht sehen konnte. Kells hielt seinen Hut an die Brust gedrückt. Sein schütter werdendes schwarzes Haar (mit den ersten grauen Strähnen; er war fast vierzig und würde bald alt sein) wehte um seinen Kopf. Hinter ihm stand Nell mit Tim in der Haustür. Sie hatte dem Jungen einen Arm um die Schultern gelegt und hielt ihn ganz fest umarmt, als befürchtete sie (vielleicht aus mütterlicher Intuition), der Zöllner könnte ihn ihr entführen.
    Für eine kurze Weile war außer dem Flattern des Mantels des unerwünschten Besuchers und dem Heulen des Windes, der unter den Dachvorsprüngen ein schauriges Lied sang, kein Laut zu hören. Dann beugte der Steuerbeauftragte der Baronie sich vor und musterte Kells mit großen, schwarzen Augen, die kein einziges Mal blinzelten. Seine Lippen, sah Tim erstaunt, waren rot wie die einer Frau, die sie mit Färberwurz anmalte. Aus den Tiefen seines Mantels zog er nicht etwa ein Verzeichnis aus Schiefertafeln, sondern eine richtige Pergamentrolle. Er zog sie in die Länge, studierte sie, rollte sie wieder ein und verstaute sie schließlich in der Tasche, aus der er sie geholt hatte. Dann sah er wieder Big Kells an, der darauf leicht zusammenfuhr und seine Stiefelspitzen be trachtete.
    »Kells, nicht wahr?« Er hatte eine raue, heisere Stimme, von der Tim sofort am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam. Er hatte den Zöllner schon früher einmal gesehen, aber stets nur aus der Ferne; sein Da’ hatte darauf geachtet, dass Tim nicht im Haus war, wenn der Abgesandte der Baronie einmal im Jahr vorbeikam, um die Steuer zu erheben. Jetzt verstand Tim, weshalb. Er ahnte, dass er in dieser Nacht Albträume haben würde.
    »Kells, aye.« Sein Stiefvater gab sich bemüht freundlich. Er schaffte es, den Kopf wieder zu heben. »Willkommen, Sai. Lange Tage und angenehme …«
    »Yar, alles das, alles das«, sagte der Zöllner mit einer wegwerfenden Handbewegung. Sein Blick ging jetzt über Kells’ Schulter hinweg. »Und … Ross, nicht wahr? Jetzt nur noch zwei statt drei, wie man hören kann, weil Big Ross einem unglücklichen Ereignis zum Opfer gefallen ist.« Seine Stimme klang gedämpft, irgendwie leiernd. Als ob ein Tauber ein Wiegenlied singen will, dachte Tim.
    »Ganz recht«, sagte Big Kells. Er schluckte so laut, dass Tim es hören konnte, dann brabbelte er:

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