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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Tim, der auf dem großen Rappen vor dem Zöllner saß, dessen Arme sich über der Brust des Jungen kreuzten.
    Der Zöllner lächelte auf die beiden auf der Veranda herab: er mit noch erhobener Faust, sie mit tränennassen Wangen. »Nell und Kells!«, rief er aus. »Das glückliche Paar!«
    Er ließ sein Pferd durch sanften Kniedruck im Kreis langsam bis ans Tor zurückgehen, wobei er Tim so eng umschlungen hielt, dass sein Atem Tims Wange traf. Am Tor brachte er den Rappen mit einem weiteren leichten Druck zum Stehen. In Tims Ohr, das immer noch summte, flüsterte er: »Wie gefällt dir dein neuer Stiefvater, junger Tim? Sag die Wahrheit, aber sprich leise. Das hier ist unser Palaver, an dem die beiden keinen Anteil haben.«
    Tim wollte sich nicht umdrehen, wollte dem bleichen Gesicht des Zöllners nicht noch näher kommen, aber er hatte ein Geheimnis, das ihn vergiftet hatte. Also drehte er sich doch um und flüsterte dem Steuereintreiber ins Ohr. »Wenn er betrunken ist, schlägt er meine Ma.«
    »Ach, tut er das? Und wieso sollte mich das überraschen? Hat sein Da’ nicht auch seine Ma geschlagen? Was wir als Kinder erleben, wird zur Gewohnheit, das tut es.«
    Seine behandschuhte Hand schlug eine Hälfte des Mantels wie eine Decke über sie, und Tim spürte, wie die andere Hand ihm etwas Kleines, Hartes in die Hosentasche steckte. »Ein Geschenk für dich, junger Tim. Es ist ein Schlüssel. Weißt du, was ihn so besonders macht?«
    Tim schüttelte den Kopf.
    »Es ist ein Zauberschlüssel. Er sperrt alles auf, aber nur ein einziges Mal. Danach ist er so wertlos wie Dreck, also überleg wohl, wie du ihn gebrauchst!« Er lachte, als wäre das der beste Witz, den er je gehört hatte. Sein saurer Atem ließ Tims Magen rebellieren.
    »Ich …« Er schluckte. »Ich habe nichts aufzusperren. In Tree gibt es keine Schlösser außer in der Schenke und im Gefängnis.«
    »Oh, ich glaube, dass du noch eines kennst. Oder täusche ich mich da?«
    Tim blickte in die finster-fröhlichen Augen des Zöllners und sagte nichts. Der Mann nickte jedoch, als hätte Tim ihm geantwortet.
    »Was erzählt Ihr meinem Sohn da?«, kreischte Nell von der Veranda aus. »Träufelt ihm bloß kein Gift in die Ohren, Satan!«
    »Kümmere dich nicht um sie, junger Tim, sie wird es bald genug erfahren. Sie wird viel wissen, aber wenig sehen.« Er gluckste boshaft. Seine Zähne waren sehr groß und sehr weiß. »Ein Rätsel für dich! Kannst du’s lösen? Nein? Macht nichts, die Lösung stellt sich eines Tages von selbst ein.«
    »Manchmal schließt er ihn auf«, sagte Tim. »Um den Wetzstahl rauszuholen. Für seine Axt. Aber dann sperrt er ihn wieder ab. Abends sitzt er darauf und raucht – wie auf einem Stuhl.«
    Der Zöllner fragte nicht, wer er war. »Und streichelt er ihn jedes Mal, wenn er an ihm vorbeigeht, junger Tim? Wie ein Mann im Vorbeigehen einen alten Lieblingshund streicheln würde?«
    Natürlich tat Big Kells das, aber das sagte Tim nicht. Er brauchte es nicht zu sagen. Er hatte das Gefühl, es gäbe kein Geheimnis, das er vor dem Verstand, der hinter diesem langen, weißen Gesicht arbeitete, bewahren könnte. Kein einziges.
    Er spielt mit mir, dachte Tim. Ich bin nur eine kleine Belustigung an einem langweiligen Tag in einem langweiligen Nest, das er bald hinter sich lassen wird. Aber er ist jemand, der seine Spielsachen zerbricht. Um das zu erkennen, braucht man nur sein Lächeln zu sehen.
    »Bis morgen oder übermorgen beziehe ich ein bis zwei Räder den Eisenholzpfad entlang ein Lager«, sagte der Zöllner mit seiner leisen, rostigen Stimme. »Ich habe einen langen Ritt hinter mir und bin von all dem Quaken müde, das ich mir anhören muss. Im Wald gibt es zwar Vurts und Wervels und Schlangen, aber die quaken nicht.«
    Du wirst nie müde, dachte Tim. Nicht du.
    »Komm und besuch mich, wenn du willst.« Diesmal gluckste er nicht, sondern kicherte wie ein ungezogenes kleines Mädchen. »Und wenn du dich traust, versteht sich. Aber komm nachts, denn meiner Mutter Sohn schläft am liebsten tagsüber, wenn sich eine gute Gelegenheit dazu bietet. Oder bleib meinetwegen hier. Das ist mir genauso recht. Hü! «
    Der Befehl galt seinem Pferd, das nun langsam zur Verandatreppe zurückkehrte, auf der Nell die Hände rang, währenddessen Big Kells mit finsterer Miene neben ihr stand. Die dünnen, kräftigen Finger des Zöllners schlossen sich abermals um Tims Handgelenke – wie Handschellen – und hoben ihn hoch. Im nächsten Augenblick

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