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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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viele du bekommen kannst. Der Wolf ist sehr schwer. Wenn du wiederkommst, sage ich dir mehr.«
    »Was hast du …?«
    »Geh, Land-Junge. Beeil dich.«
    Sie schaute zur Bathysphäre empor. Er beobachtete sie: Irgendetwas verheimlichte sie ihm. Aber er musste ihr vertrauen – was blieb ihm anderes übrig?
    »Warte hier auf mich«, sagte er und schwamm nach oben.
    Dicht unter der Oberfläche holte er die Bathysphäre ein und verlangte sofort mit erhobener Stimme mehr Seile von den Volpek. Neeps, Marila und Mintu musterten ihn mit sorgenvoller Miene, sagten aber kein Wort. Die Volpek warfen ihm misstrauisch alle verfügbaren Seilenden zu.
    » DER › KUNDE ‹ HAT NICHT GESAGT , DASS ER SO RIESIG WÄRE . «
    Ohne darauf zu antworten, verschwand Pazel wieder in der Tiefe. Hinter ihm entrollten sich fünf Seile.
    War Klyst allein? Im ersten Augenblick hatte Pazel den Eindruck, mehr als eine Gestalt in der Nähe des Korallenbogens zu sehen. Dann wurde es finster, und er schwamm blind weiter. Als er wieder sehen konnte, war außer dem Murten-Mädchen niemand mehr unter ihm.
    Sie huschte an seine Seite und zog ihn rasch in eine kleine Felsspalte.
    »Sagtest du nicht, der Wolf sei unter dem Bogen?«, fragte Pazel.
    »Das stimmt auch. Gib mir die Seile.«
    Rasch wand sie alle fünf Enden um einen Korallenhöcker. Dann drückte sie sich tiefer in den Spalt und winkte ihm, es ihr gleichzutun.
    »Duck dich. Warte ab.«
    Der Spalt war kaum groß genug für zwei. Sie lächelte, weil sie so nahe bei ihm war, und schlang ihre biegsamen Glieder um die seinen. Ein weiches gelbes Leuchten ging von ihr aus.
    »Klyst«, sagte er verlegen. »Wir müssen diesen Wolf holen.«
    »Das tun wir doch schon.«
    Sie wurde ganz still. Selbst das Meer schien den Atem anzuhalten. Und dann schoss aus dem Nichts der Rotrochen vorbei wie ein großer ledriger Drachen, streifte sie mit einem unergründlichen Blick und verschwand hinter der Korallenwand. Er zog einen Silberstrom hinter sich her.
    Es waren Nadelfische, dünner als Besenstiele und schneller als Pfeile. Der ganze Schwarm zog einen Meter vor Pazels Gesicht vorüber, und er war so dicht, dass er wie ein einziger fester Körper erschien. Dabei entstand ein Geräusch, wie er es noch nie gehört hatte: von dumpfer Gewalt wie das Pulsieren einer Riesenvene. Der Schwarm stürzte sich ohne Zögern durch den Korallenbogen und verdeckte die Sicht auf Würmer und Seeigel.
    »Was hatte das für einen Zweck?«
    »Ripestrie«, sagte sie. »Halt still.«
    Die Nadelfische waren verschwunden. Doch nun spürte Pazel, wie sich das Meer veränderte. Zuerst ein sanftes Ziehen, dann eine starke Strömung wie der Sog einer Welle, die unverkennbar auf den Bogen zusteuerte. Klyst schlang die Arme um ihn. Die Strömung wurde doppelt und noch einmal doppelt so stark und schoss schließlich wie der Rückstrom einer Brandung lautlos, aber mit ungeheuerer Kraft durch den Bogen. Im Tunnel wirbelte der Sand auf. Die grässlichen Würmer fielen nach und nach ab.
    Ohne die Umarmung zu lösen, begann Klyst zu singen. Ihre Stimme und ihre Sprache waren plötzlich wunderschön und frei von Angst. Seltsamerweise klang Freude aus ihrem Gesang, obwohl die Worte düster waren.
     
    Die Mütter vor alters aus der Kälte geholt,
    Die Väter dem Feuer entsprungen,
    Gezeugt und geboren, doch niemals gewollt,
    Hat man uns in dies Schicksal gezwungen.
    Oh nie, niemals wieder gehören wir an
    Dieser sterblichen Welt und dem unsteten Meere.
     
    Wir Kinder von Isparils Morgengesang
    Und der wilden nächtlichen Mähre,
    An Verheißung gebunden, die längst schon verklang,
    Gefangen in dämmriger Leere.
    Oh nie, niemals wieder gehören wir an
    Dieser leidenden Welt und dem prassenden Meere.
     
    Die Strömung wühlte immer noch Sand vom Meeresgrund auf und trug ihn durch den Tunnel davon. Und langsam kam eine Statue zum Vorschein.
    Sie war überzogen mit einer Kruste aus alten Napfschnecken und Seepocken, Muscheln, Algen und verwitterten Korallenhöckern. Doch sie war eindeutig als Wolf zu erkennen, und sie war tiefrot wie Blut. Der Wolf stand aufrecht und hielt die eiserne Schnauze in stummem Geheul erhoben. Pazel hatte das unerklärliche Gefühl, dass eine gewaltige Bedrohung von ihm ausging.
    »Er ist nicht größer als ein echter Wolf«, sagte er.
    »Aber er ist sehr schwer«, erwiderte Klyst. »Da, der Zauber ist vollendet.«
    Während sie noch sprach, legte sich die unnatürliche Strömung. Klyst löste die Seile vom Korallenhöcker und

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