Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
Vom Netzwerk:
sich. Etwas pfiff über ihre Köpfe hinweg. Dann kam der Schmerz, es wurde plötzlich Nacht, und endlich kehrte Stille ein.

32
     
    D AS E NDE EINES V ERRATS
     
     
    5. Teala 941
    84. Tag nach Etherhorde
     
    Mondschein. Kein Schlachtenlärm.
    Lag er auf dem Grund des Meeres und schlief?
    Nein, denn er konnte kein Wasser mehr atmen. Wenn er unter den Wellen wäre, dann müsste er tot sein, was er übrigens nicht ausschließen wollte. Aber wenn er ertrunken wäre, hätte er kaum so trockene Lippen, und seine Kopfhaut würde nicht so verdächtig jucken, als hätte er Flöhe.
    »Nun ja«, sagte eine tiefe Männerstimme, »beim letzten Mal hast du mich bedient. Jetzt kann ich mich revanchieren. Möchtest du dich vielleicht aufsetzen und etwas trinken?«
    Pazel hatte entsetzliche Kopfschmerzen. Er lag in einer kleinen, sauberen Kabine, in der es weder Lampe noch Kerze gab. Und auf seiner Bettkante saß Ignus Chadfallow.
    »Sie sind hier!«
    »Ebenso wie du, was noch weniger zu erwarten war. Nicht aufspringen! Eine fliegende Planke hat dich am Hinterkopf getroffen – der Schlag hätte eine Kokosnuss gespalten. Zum Glück ist dein Schädel noch härter.«
    Der Doktor schmunzelte – das hatte Pazel seit Jahren nicht mehr erlebt. Aber irgendetwas ließ ihn zweifeln, ob seine Heiterkeit echt war. In Chadfallows Gesicht hatten sich tiefe Sorgenfalten eingegraben, die ihm noch nicht einmal in Sorrophran aufgefallen waren, und seine Augen blickten düster.
    »Ich habe die Stimme meines Vaters gehört«, sagte Pazel. »Er war hier. Er hat von mir gesprochen!«
    Chadfallow schlug die Augen nieder. »Du hast zwanzig Stunden geschlafen, Pazel.«
    Pazel wollte ihm zunächst nicht glauben. Die Stimme hatte so echt, so nahe geklungen. Aber natürlich war es ein Traum gewesen. Sein Vater konnte nicht hier gewesen sein. Und doch …
    »Wo sind wir?«
    »Zwei Meilen vor der Stadt Ormael, würde ich sagen. Wir legen noch in dieser Stunde an.«
    »Ormael! Wie kommen wir hierher? Was ist das für ein Schiff?«
    »Die Brigg Hemeddrin. Ein Kriegsschiff der Volpek, aber jetzt fährt es unter einer besseren Flagge. Steh vorsichtig auf, falls du es überhaupt schaffst, und zieh das hier an.« Er reichte Pazel ein Hemd und ein Paar Kniehosen. »Das waren die kleinsten, die ich finden konnte. Die Volpek beschäftigen keine Teerjungen.«
    Pazel richtete sich langsam auf. Beim Anziehen zuckte er immer wieder zusammen. Jeder Muskel tat ihm weh. Chadfallow reichte ihm einen Becher mit einer schwarzen Flüssigkeit und befahl ihm, ihn in einem Zug zu leeren. Pazel hielt das Gefäß so lange in der Hand, ohne zu trinken, bis der Doktor lachte.
    »Es ist eine Arznei, mein Junge. Und sie hat nichts mit Suthinias Zauberkünsten zu tun. Los jetzt, hinunter damit.«
    Pazel schloss die Augen und trank. Dann musste er würgen. »Das schmeckt wie Aas.«
    »Madenwurzelöl«, sagte Chadfallow. »Der Kaviar unter den Brechmitteln. Hier, nimm das.« Er reichte Pazel ein Messingbecken.
    »Was soll ich damit?«
    Chadfallow antwortete nicht; er schien die Sekunden zu zählen. Mit einem Mal krümmte sich Pazel und entleerte seinen Mageninhalt in einem Schwall in das Becken. Chadfallow sah sich das Exkret aufmerksam an.
    »Keine Ulkran-Pillen!«, stellte er fest er. »Du hast Glück gehabt, aber du warst auch nicht sehr lange in Arunis’ Obhut. Die anderen Taucher haben eine Reihe von winzigen Pillen ausgewürgt, die möglicherweise im Schiffszwieback gesteckt hatten. Eine böse Waffe. Sie sind mit einer Lackschicht umgeben, die sich im Laufe von zehn Tagen auflöst. Danach zerfallen die Pillen und füllen den Magen mit pulverisiertem Glas. Das führt zum Tode – langsam und qualvoll.«
    »Er wollte uns töten!«
    »Nachdem ihr ihm den Wolf gebracht hattet. Niemand sollte am Leben bleiben, um etwas auszuplaudern.«
    »Haben Sie diese Madenwurzelbrühe auch den anderen gegeben?«
    »Natürlich. Wie sieht es aus, kannst du gehen? Draußen warten einige Leute auf dich.«
    Chadfallow öffnete die Tür, und sie betraten einen kleinen Speisesaal.
    »Pazel!«
    Tascha sprang so hastig auf, dass sie beinahe den Tisch umgeworfen hätte, an dem außer ihr noch Neeps, Marila und Mintu saßen. Sie trug das Haar so kurz wie ein Teerjunge – allem Anschein nach hatte sie es mit einem Messer abgesäbelt. Zusammen mit Neeps lief sie auf ihn zu, um ihn zu umarmen.
    »Du suchst dir für deine Anfälle wirklich immer den schlechtesten Zeitpunkt aus«, lachte Tascha.
    »Dafür gibt es

Weitere Kostenlose Bücher