Winston 2 - Agent auf leisten Pfoten (German Edition)
der Erarbeitung des Theaterstücks hilft. Hat uns unsere Lehrerin heute so erklärt.«
Mensch, Kira – als ob diese Erklärung die Sache für mich klarer machen würde! Für mich ist Theater lediglich eine Veranstaltung, bei der ich selbst noch nie dabei war und die ich nur daran bemerke, dass sich Werner abends in Schale schmeißt, weggeht und erst relativ spät wieder nach Hause kommt. Ich gähne demonstrativ, Kira rollt mit den Augen.
»Was ist denn bloß mit meinem schlauen Winston los? Du weißt immer noch nicht, was ich meine, oder? Also – Theater spielen heißt, dass Menschen eine Geschichte spielen. Die Menschen tun dann so, als ob sie jemand anderes wären, und spielen etwas vor, was in Wirklichkeit überhaupt nicht passiert, verstanden?«
Heißt das, Theater ist so was wie Fernsehen? Werner hat mir mal erklärt, dass die Dinge, die dort zum Beispiel in einer Sendung namens Tatort vonstattengehen, gar nicht wirklich passieren, sondern von Menschen, die man Schauspieler nennt, nur vorgetäuscht werden. Na gut, Werner hat es eigentlich nicht mir erklärt, sondern einem seiner kleinen Neffen, auf den er aufpassen sollte. Mit dem haben wir dann Fernsehen geguckt, dort wurde jemand erschossen, der Neffe fing an zu heulen und dann hat es Werner ihm erklärt, dass die alle nur so tun , als ob . So hat er es genannt. Damit der Kleine endlich aufhört zu weinen. Und ich habe zugehört und war erstaunt, auf was für Ideen Menschen so kommen. So tun , als ob – wozu soll das denn gut sein? Aber ich schweife ab. Kira wird also die gesamte nächste Woche so tun, als ob. Und darauf freut sie sich. Seltsam, seltsam … aber so sind sie halt, die Menschen. Als Kater weiß man nicht immer, woran man bei ihnen ist.
»Und weißt du, was das Tollste ist?«
Ich lege den Kopf schief, rücke ein bisschen von Kira ab und mustere sie gründlich von der Seite.
»Also genau genommen gibt es gleich zwei tolle Sachen. Erstens: Das Theaterstück ist ein Musical – es wird also gesungen. Und zweitens: Du darfst mitkommen! Wir führen nämlich Der Gestiefelte Kater auf und ich habe unsere Musiklehrerin und den Dramaturgen überzeugt, dass eine echte Katze auf der Bühne der Knaller wäre. Der Dramaturg fand es sogar experimentell .«
Experimentell? Soll mich das beruhigen? Ich finde zwar, das klingt eher gefährlich nach Tierversuch, aber Kira ist so begeistert, dass sie munter weiterplappert.
»Die Direktorin hat es auch schon abgesegnet – ausnahmsweise! Also darfst du zwischen den Kulissen herumlaufen, um der ganzen Sache die richtige Atmosphäre zu verpassen. Toll, oder?« Jetzt strahlen Kiras Augen richtig.
Für mich sind das allerdings zwei schlechte Nachrichten auf einmal. Was ist für empfindliche Katerohren nämlich schlimmer als redende Menschen? Richtig: singende Menschen. Der menschliche Musikgeschmack ist mir ein Graus. Meistens klingt das, was Menschen für Musik halten, für mich einfach nur zum Davonlaufen! Die Kombination aus »Musik« und »Du darfst mitkommen« klingt also nur schrecklich! Ich dachte immer, Katzen in der Schule seien verboten – immerhin hat Kira nach meinem ersten und letzten Ausflug in die Schule richtig Ärger bekommen. Seitdem war ich nur noch in Menschengestalt da – und ich habe es bisher wirklich nicht vermisst. Ich will da nicht wieder hin! Weil ich leider nicht jaulen kann wie ein Hund, beschränke ich mich auf möglichst jämmerliches Maunzen.
Kira hat allerdings beschlossen, dies zu ignorieren. Stattdessen krault sie mich im Nacken und flüstert in mein Ohr: »Morgen werden schon die Rollen und Aufgaben verteilt, damit wir Montag richtig loslegen können. Bevor ich also morgen früh abschwirre, wecke ich dich und nehme dich mit. Frau Heinson, unsere Musiklehrerin, hat gesagt, sie will erst mal gucken und dann zusammen mit Herrn Fernandez, dem Dramaturgen, entscheiden, ob meine Idee wirklich etwas taugt. Also, wenn du dich gut anstellst, darfst du richtig mitmachen.«
Korrigiere – es sind nicht zwei, sondern drei schlechte Nachrichten: Musik. Mitmachen. Früh aufstehen. Uaaahhhgrrrrr! ICH! WILL!! NICHT!!!
Herr Fernandez ist ein kleiner Mann mit einer großen Hornbrille und einem sehr freundlichen Lächeln. Außerdem ist er von oben bis unten schwarz angezogen, was ich spontan sehr sympathisch finde – schließlich bin ich selbst von Kopf bis Fuß schwarz. Jetzt bückt er sich zu mir, bleibt vor mir knien und mustert mich genau.
»Du bist wirklich ein ganz hübscher
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