Winston 2 - Agent auf leisten Pfoten (German Edition)
dass ich die beiden für Kira als Freunde gewinnen konnte – die wussten schließlich anfangs nicht, dass ich eigentlich ein Kater bin, und von selbst wäre Kira wohl nicht auf die Idee gekommen, sich mit ihnen anzufreunden. Also wurde ich gewissermaßen zum Mädchenberater.
Trotz dieser spannenden Erfahrung wollte ich nicht bis in alle Ewigkeit in Kiras Körper stecken bleiben. Im Grunde meines Herzens bin ich eben ein Vier- und kein Zweibeiner. Aber wie sollten wir den Tausch bloß rückgängig machen? Als es schon ganz aussichtslos schien, kam Tom die rettende Idee, für die wir nicht einmal einen Blitz brauchten … Ich mache es kurz: Die Geschichte bekam ihr Happy End – Kira war wieder ein Mädchen, ich wieder ein Kater. Unsere Gedanken können wir seitdem leider auch nicht mehr lesen. Jedenfalls nicht mehr wörtlich. Richtig gut verstehen tun wir uns aber trotzdem noch. Und deswegen weiß Kira, dass ich mich auch riesig freuen würde, Tom und Pauli einmal wiederzusehen!
»Ich habe mir überlegt, dass ich dich zu unserem nächsten Treffen einfach mitnehme. Das findet zufälligerweise heute Nachmittag in der Eisdiele statt. Und bevor wir dort aufkreuzen, könnten wir eigentlich noch einen Schlenker über den Hinterhof machen und deine Kollegen besuchen. Oder eine bestimmte Kollegin.« Kira grinst. Natürlich weiß sie, wie toll ich Odette finde. Schließlich haben wir uns oft genug darüber unterhalten, als wir noch unsere Gedanken lesen konnten. Odette ist die schönste Katze, die ich kenne. Sie hat schneeweißes, seidig schimmerndes Fell und tiefschwarze Augen, in denen ich regelrecht ertrinken könnte. Und obwohl sie als wilde Hofkatze lebt, ist sie eine echte Dame. Leider hat sie mich lange Zeit für einen aufgeblasenen, arroganten und verweichlichten Stubentiger gehalten. Was natürlich kompletter Blödsinn ist! Ich bin ge bildet, nicht ein gebildet – ein Riesenunterschied! Deswegen hat Kira mir Tipps gegeben, wie ich bei Odette punkten könnte. Und die waren nicht mal schlecht. So sind Odette und ich nun immerhin lose befreundet, und wenn wir uns zufällig im Hof begegnen, plaudern wir nett über Belanglosigkeiten wie das Wetter oder die letzte Mahlzeit. Für einen Helden – so wie in meinem Traum – hält mich Odette aber mit Sicherheit nicht. Noch nicht. Denn ich bin wild entschlossen, das zu ändern!
Ob man Träume teilen kann?
Und wieso kann man sich seine Mitschüler nicht aussuchen?
Eine Stunde später ist Kira mit ihren Hausaufgaben fertig und wir machen uns auf den Weg zur Eisdiele. Natürlich nicht ohne den versprochenen Schlenker über den Hinterhof. Kira hat als Gastgeschenk einen Napf mit Geflügelleber dabei – das ist nicht nur eine meiner Lieblingsspeisen, sondern auch Odette frisst es gern. Vor allem, wenn Anna sie so wie heute ganz frisch gekocht hat.
»Miez, miez, miez!«, ruft Kira meine Hofkollegen und steuert den Unterstand für die Mülltonnen an. Hier ist gewissermaßen der Katzentreffpunkt. Das flache Dach des Unterstands ist nämlich so ziemlich der einzige Ort im gesamten Hinterhof, auf den fast den ganzen Tag die Sonne scheint. Schön warm ist es da und meist ganz windstill. Der perfekte Platz also, um ein bisschen abzuhängen.
Heute allerdings ist der Platz verlassen. Weder Odette liegt dort noch ihre Freunde Karamell und Spike. Ersteres ist natürlich schade, Letzteres bedaure ich hingegen überhaupt nicht. Zwar streite ich mich nicht mehr mit ihnen, wie noch vor ein paar Wochen, als ich das erste Mal mit Kira den Hof besucht habe. Beste Kumpels sind wir aber immer noch nicht. Werden wir bestimmt auch nie werden, denn dafür sind wir einfach zu unterschiedlich: Während ich, Winston Churchill, ein wahnsinnig edler Rassekater bin und aus einer berühmten Britsch-Kurzhaar-Zucht stamme, ein sehr gepflegtes tiefschwarzes Fell und beste Manieren habe, sind Spike und Karamell genau genommen zwei gewöhnliche Stromer. Spike ist ziemlich fett und getigert, Karamell hat braunes, völlig struppiges und ungepflegtes Fell. Und beide sind ungehobelte Gesellen. Es ist ein wahres Wunder, dass eine Dame wie Odette sich in ihrer Gesellschaft so wohlzufühlen scheint. Natürlich spricht es enorm für ihren Charakter, dass sie sich trotz ihrer zweifellos noblen Herkunft nicht zu fein für die beiden ist. Odette ist also nicht nur nobel, sondern auch großherzig. Mit anderen Worten: Sie ist einfach toll. Nur eben leider gerade nicht da.
»Miez, miez, miez!«, ruft Kira noch einmal,
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