Winston 2 - Agent auf leisten Pfoten (German Edition)
los!«
»Ja, weiß ich doch. Die Lichter habe ich schon gesetzt, und wenn ich jetzt noch die richtige CD eingelegt habe, bin ich startklar. Also, mach dir um die Technik keine Sorgen. Nur ein Handzeichen von unserer genialen Regisseurin Leonie und ich lege los!«
»Ach, das meine ich doch nicht! Ich meine unser Kommando ›Rettet Emilia‹! Wir müssen dringend los!«
Tom kratzt sich am Kopf. »Wieder auf den Schrottplatz?«
Ich miaue, so laut ich kann.
»Genau so ist es«, deutet Kira mein Maunzen richtig.
»Aber wie sollen wir das machen? Die Probe ist bis 14.30 Uhr angesetzt, sie kann jeden Moment anfangen.«
Tatsächlich stolziert in diesem Augenblick Starregisseurin Leonie auf uns zu. »Na, kleiner Kaffeeplausch, ihr beiden? Wenn ihr den kurz unterbrechen mögt – wir wären dann alle so weit.« Wieso eigentlich klingt alles, was Leonie von sich gibt, immer so ätzend? Das muss an ihrem Gesichtsausdruck liegen, der keinen Zweifel daran lässt, dass sie auch die netten Sachen, die sie sagt, niemals nett meint. Was für eine üble Zicke!
Kira räuspert sich. »Äh, es ist so … ich muss eigentlich ganz dringend weg. Ein … äh … unvorhergesehener Termin.«
Leonie starrt sie mit großen Augen an. Aber anstatt dann etwas zu erwidern, dreht sie sich einfach um und ruft nach Frau Heinson. »Frau Heinson, Kira sagt, sie müsste mal eben weg. Sollen wir trotzdem mit der Probe anfangen?«
Keine zwei Sekunden später steht Frau Heinson neben uns. Mist. Jetzt gibt’s Ärger, das ist selbst mir klar.
»Was höre ich da, Kira? Das ist ja wohl ein Scherz! Du kannst jetzt nicht gehen. Auf gar keinen Fall!«
Kira knetet nervös ihre Hände. »Ja, ich weiß, es ist doof, aber ich fühle mich nicht so gut und ich dachte, vielleicht gehe ich mal zum Arzt.«
Frau Heinson mustert sie misstrauisch. »Wenn du krank bist, ist es natürlich etwas anderes – aber du weißt ja, dass wir ohne dich als Hauptdarstellerin eigentlich die ganze Probe absagen müssen. Ich habe mit meinen Kollegen extra zwei Unterichtsstunden freigeschaufelt – das wäre dann völlig umsonst gewesen. Also, wenn es irgendwie geht, dann bleib bitte hier.«
Leonie lächelt spöttisch. »Ich habe mal gehört, dass Russen oft ein bisschen wehleidig sind. Wenn unsereins nur einen Schnupfen hat, dann sind die gleich sterbenskrank.«
Kira zuckt zusammen, als habe Leonie sie geohrfeigt, und auch Frau Heinson schnappt nach Luft. »Leonie, was fällt dir ein! So eine Unverschämtheit! Sofort entschuldigst du dich bei Kira.«
»’tschuldigung«, flötet Leonie ganz unschuldig, »ich weiß ja auch nicht, ob das überhaupt stimmt.«
»Es stimmt natürlich nicht«, fährt Kira sie an. »Im Gegenteil – die meisten Menschen in Russland sind richtig hart im Nehmen. Genau wie ich. Ich fühle mich zwar nicht gut, aber die nächsten zwei Stunden halte ich noch durch!«
Oje! Ich verstehe zwar, dass Kira das nicht auf sich sitzen lassen will, aber gerade jetzt ist eigentlich der falsche Moment, um der doofen Leonie irgendetwas zu beweisen.
Frau Heinson allerdings freut sich über Kiras Sinneswandel. »Sehr gut! Dann können wir ja anfangen. Danke, Kira!« Sie geht wieder in Richtung Bühne und klatscht in die Hände. »So, Kinder! Bitte jeder auf seine Position, es geht los.«
Tom guckt Kira unsicher an, dann zuckt er mit den Schultern und legt eine CD in die Anlage ein.
Kira seufzt und bückt sich zu mir. »Du hast es gehört, Winston – ich kann nicht weg. Da bleibt uns nur eines übrig: Du und deine Katzenfreunde, ihr bezieht schon mal Stellung auf dem Schrottplatz. Wenn Frau Heinson dich vermisst, sage ich, du seist abgehauen. Haltet Augen und Ohren offen – wir kommen, so schnell es geht. Und lass dich nicht wieder erwischen!«
Ich maunze. Nein, diesmal werde ich vorsichtiger sein – keine bösen Überraschungen mehr!
Die erste Überraschung wartet dann doch schon auf dem Schrottplatz auf mich. Allerdings keine böse: Odette taucht endlich wieder auf! Seelenruhig sitzt sie vorn an der Einfahrt und schleckt ihre Pfoten ab.
»Odette! Da bist du ja! Ich habe dich vermisst – was machst du hier?«
»Hallo, Winston! Ich warte auf dich. Und vorher habe ich mich mal ein bisschen genauer auf dem Platz umgesehen. Ich dachte, das wäre eine günstige Gelegenheit. Schließlich ist ein Schulhausmeister morgens in der Schule.«
Mannomann! Eine Weltklasseidee! Ich muss schon sagen: Lange Zeit dachte ich, ich sei die schlauste Katze weit und breit.
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