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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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»kommunistische Verschwörung« unterstellen, um den Notstand ausrufen zu können.
    Angewidert blickte Göring auf den Schmutz an seinen Schuhen. »Wie Sie wissen, mein Führer, liegt mein Amtssitz nur eine Minute von hier«, sagte er. »Zum Glück ist er vom Feuer nicht betroffen. Vielleicht sollten wir unser Gespräch dorthin verlegen.«
    »Einverstanden«, erwiderte Hitler. »Es gibt viel zu bereden.«
    Erneut hielt Lloyd den Männern die Tür auf, und sie gingen hinaus. Als sie davonfuhren, stieg Lloyd über die Polizeiabsperrung und gesellte sich wieder zu seiner Mutter und den von Ulrichs.
    »Lloyd!«, rief Ethel. »Wo warst du? Ich habe mir schon Sorgen gemacht!«
    »Ich war drinnen«, antwortete er.
    »Im Reichstag? Wie hast du das denn angestellt?«
    »Niemand hat mich aufgehalten. Da drin herrscht das reinste Chaos.«
    Seine Mutter warf die Arme in die Luft. »Dieser Junge hat einfach kein Gefühl für Gefahr«, sagte sie.
    »Ich habe Adolf Hitler gesehen.«
    »Hat er etwas gesagt?«, wollte Walter sofort wissen.
    »Er gibt den Kommunisten die Schuld an dem Brand. Er will sie alle verhaften lassen.«
    Walter stöhnte auf. »Gott stehe uns bei.«

    Kriminalinspektor Macke bebte vor Wut, so sehr hatte Robert von Ulrichs Sarkasmus ihn getroffen. »Ihr Bruder will es Ihnen also gleichtun und ebenfalls die Karriereleiter emporsteigen, ja?«, hatte der Dreckskerl gesagt.
    Macke wünschte sich, ihm wäre eine passende Erwiderung eingefallen, zum Beispiel: »Was spricht dagegen? Wir sind genauso gut wie du, du arroganter Pinsel.« Jetzt sann Macke auf Rache. Aber die nächsten Tage war er zu beschäftigt, um in der Sache etwas unternehmen zu können.
    Das Hauptquartier der Preußischen Politischen Polizei befand sich in einem schmucken neoklassizistischen Gebäude in der Prinz-Albrecht-Straße im Regierungsviertel. Jedes Mal, wenn Macke durch die Tür kam, erfüllte es ihn mit Stolz.
    Es waren hektische Tage. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach dem Reichstagsbrand waren viertausend Kommunisten verhaftet worden, und jede Stunde kamen weitere hinzu. Endlich wurde das Deutsche Reich von dieser Pest befreit. Für Macke roch Berlin jetzt schon viel sauberer.
    Doch die Polizeiakten waren nicht auf dem neuesten Stand. Leute waren umgezogen; Wahlen waren gewonnen und verloren worden; alte Männer waren gestorben, und junge Männer hatten deren Plätze eingenommen. Macke hatte den Auftrag, diesen Missstand in der Kartei zu beseitigen und neue Namen und Adressen aufzustöbern.
    Und darauf verstand er sich gut. Er liebte Register, Kataloge, Straßenkarten, Zeitungsausschnitte, einfach jede Art von Listen. Auf dem Revier in Kreuzberg hatte man seine Begabungen nicht zu schätzen gewusst. Dort hatte die Polizeiarbeit lediglich darin bestanden, so lange auf einen Verdächtigen einzuschlagen, bis er Namen nannte. Macke hoffte, dass seine Talente hier mehr gewürdigt wurden.
    Nicht dass es ein Problem für ihn gewesen wäre, einen Verdächtigen zusammenzuschlagen. In seinem Büro, im hinteren Teil des Gebäudes, konnte er das Schreien der Männer und Frauen hören, die im Keller gefoltert wurden, aber das störte ihn nicht. Diese Leute waren Verräter, Subversive und Umstürzler. Sie hatten Deutschland mit ihren Streiks ruiniert, und sie würden dem Land noch Schlimmeres antun, wenn sie die Möglichkeit dazu bekamen.Macke hegte keinerlei Mitgefühl für diese Brut. Er wünschte nur, Robert von Ulrich wäre unter ihnen und würde um Gnade winseln.
    Erst um acht Uhr abends am Donnerstag, dem 2. März, hatte Macke die Gelegenheit, sich um Robert zu kümmern.
    Er schickte seine Mitarbeiter nach Hause und brachte eine neue Liste zu seinem Chef hinauf, Kriminaldirektor Kringelein. Dann wandte er sich wieder seinen Akten zu.
    Macke hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Er lebte allein. Seine Frau, dieses sittenlose Weib, war mit einem Kellner aus dem Lokal seines Bruders durchgebrannt. Sie wolle frei sein, hatte sie gesagt. Kinder hatten die Mackes nicht.
    Macke zog sich die Akten heran und ging sie durch.
    Er hatte bereits herausgefunden, dass Robert von Ulrich im Jahre 1923 der NSDAP beigetreten und zwei Jahre später wieder ausgetreten war. Aber das an sich hatte noch nicht viel zu bedeuten. Macke brauchte mehr.
    Das Ablagesystem war nicht so logisch, wie Macke es sich gewünscht hätte. Alles in allem war er von der Preußischen Polizei enttäuscht. Gerüchten zufolge dachte Göring ähnlich; deshalb plante er, die

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