Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
Präsident der Nox’. Von ihm und seiner Gruppe hältst du dich besser fern.«
Die Schulglocke läutete, bevor Winter nachfragen konnte.
A uf dem Nachhauseweg stapfte Winter zügig neben Gareth und Eleri her und eilte dann als Erstes zum Briefkasten am Gartentor.
Keine Post.
Ach nein!,
stöhnte sie innerlich.
Susan hatte versprochen, ihr die Genehmigung zu schicken, doch da war kein Schreiben vom Gericht.
Na, komm schon
, versuchte sie sich zu beruhigen,
Morwenna oder Griffith haben die Post vielleicht schon reingeholt!
Sie klammerte sich an diese zaghafte Hoffnung, ignorierte die neugierigen Blicke der anderen beiden und ging schnurstracks in die Küche.
»Hallo, Winter«, empfing Mrs Chiplin sie mit einem herzlichen Lächeln. »Na, wie war der erste Schultag?«
Winter zuckte mit den Schultern.
»Gut«, antwortete sie schnell. Von ihrem ersten Eindruck der St Dewi’s zu erzählen, war in dem Moment das Allerletzte, worauf sie Lust hatte.
Ihr Gesichtsausdruck musste sie verraten haben.
»Was ist denn, Liebes?«, fragte Morwenna.
Winter wechselte das Standbein und versuchte, gelassen zu wirken.
»Ist keine Post für mich gekommen?«, erkundigte sie sich schließlich.
Sie las die Antwort auf Morwennas Gesicht, noch bevor sie etwas sagte.
»Leider nein«, antwortete Mrs Chiplin, »aber Susan Bray hat heute Morgen angerufen.«
Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf, und Winters Haltung versteifte sich in der Erwartung.
»Es gibt leider immer noch keine Besserung.«
Das Gesicht des Mädchens verlor jeden Ausdruck, nur ihre Augen wurden glänzend. Es war traurig, sie so zu sehen, und Morwenna versuchte, sie zu trösten.
»Du wirst sehen, es wird alles gut werden! Susan hat gesagt, du sollst sie anrufen.«
»Danke«, murmelte Winter und wusste bereits, dass sie es nicht tun würde.
»Liebes, wenn ich etwas für dich tun kann …«
Winters Lippen zitterten vor Anstrengung, sich zu beherrschen. Morwenna bemerkte es und hätte sie gern in den Arm genommen.
Winter hatte sich jedoch in ihrer Gedankenwelt verschanzt und ließ ihr keinen Zugang.
»Ich gehe auf mein Zimmer. Danke trotzdem.«
Sie verließ die Küche, die Nerven bis zum Zerreißen gespannt.
Als Winter zum Abendessen herunterkam, waren für ihren Geschmack wie immer viel zu viele Leute in der Küche. Die ganze Familie Chiplin war versammelt und alle schwatzten durcheinander.
Griffith Chiplin schnitt Brot. Er hatte hellblondes Haar, blaue Augen und einen klaren Blick. Aus seiner an den Aschenbecher gelehnten Pfeife stieg träger Rauch auf.
Winter war noch nicht sehr vertraut mit ihm, doch sie erkannte bereits den Vanilleduft seines Pfeifentabaks, der ihn ständig umgab.
Morwenna rührte in einem Topf, Dai saß auf einem Hocker und las in einem Comicheft, und Eleri führte eine lebhafte Diskussion mit Gareth. Während Winter einen Augenblick an der Tür verharrte und sich fragte, ob sie diese Situation je würde ertragen können, drehte Gareth sich um und warf ihr einen raschen Blick zu, dann nahm er das Gespräch mit Eleri wieder auf.
Winters Unbehagen war ihm nicht entgangen, ebenso wenig wie ihr leidender Gesichtsausdruck, aber er wollte ihr offenbar Zeit lassen, sich kurz einen Überblick zu verschaffen, bevor sie sich ins Gewühl stürzte. Winter wusste das zu schätzen.
Das Ganze wirkte wie eine Szene aus einem Weihnachtsfilm, so voll von Liebe und großen Gefühlen, dass Winter befürchtete, gleich zuckerkrank zu werden.
Und dennoch war es auch eine Parallelwelt, die sie auf perverse Art faszinierte und die ihr vielleicht helfen würde, sich von der dunklen Schwere ihrer Gedanken abzulenken.
Die Szene hatte in Wahrheit nichts Schnulziges und Verkrampftes: Morwenna und ihr Mann sprachen ernsthaft miteinander, ohne sich gegenseitig mit »Schatz«, »Liebling« oder anderen dümmlichen Beinamen anzureden. Dai war mit sich selbst beschäftigt, Gareth und Eleri lieferten sich ein heftiges Wortgefecht unter Geschwistern.
Kurzum, es war alles authentisch und nicht sehr viel anders als die Abendessen mit ihrer Großmutter.
»Guten Abend«, sagte Winter schließlich, um auf ihre Anwesenheit aufmerksam zu machen.
Für einen Moment dachte sie, dass der Zauber gleich verfliegen würde, doch dann begrüßte Griffith sie mit einem Klaps auf die Schulter.
Nach dem Abendessen zog Winter sich ins Wohnzimmer zurück.
Da er nun morgens wieder in die Schule musste, hatte Dai sich mit einem dicken Kuss auf die Wange von ihr
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