Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
kein Ort zum Wohnen. Wir haben uns da ja schon als Kinder in die Hosen geschissen, wenn wir bloß über die Mauer geschaut haben. Dieses alte Gemäuer mitten im Wald. Weit und breit kein Nachbar. Unheimlich. Und jetzt wohnt da so eine zierliche Frau mit einem winzigen Hund (vermute noch immer, dass es einHund ist, gesagt hat sie es nicht) in diesem düsteren Kasten. Ich weiß nicht. Könnt mir auch was Schöneres vorstellen. Ja, der Ludwig kriegt dann noch eine Weiße vom Simmerl und dann gehen wir heim.
Die Oma macht uns die Blut- und Leberwürste mit Kraut und Kartoffelstampf und der Papa frisst wie ein Schleuderaffe. Hinterher braucht er ein Schnapserl für den Magen und zieht sich wieder die Beatles rein. Ziemlich laut. Und ich bin froh, dass die Oma schon taub ist und sich nicht jeden Abend den gleichen Scheißdreck anhören muss. Ich geh dann mit dem Ludwig die Runde (eins-zwanzig, ich glaub, die Würstl waren zu schwer im Magen) und danach schau ich noch auf ein Bier oder zwei zum Wolfi rein. Das ist schön.
Wie ich daheim zur Tür reinkomm, fall ich zuerst einmal über einen Zementsack. Das ist scheiße, weil jetzt mein Knie aufgeschlagen ist. Wenn ich nicht bald mal Gas geb, wird der Saustall immer ein Saustall bleiben und ich muss wieder rüberziehen ins Haus. Das will ich aber auf gar keinen Fall! Schon allein wegen den Beatles. Also muss ich mich jetzt mal zusammenreißen und mit dem blöden Umbau weitermachen. Weil, wenn der nämlich einmal abgeschlossen ist, dann ist das ein Wohnkomfort vom Allerfeinsten: 5 0-cm -Außenwände, Rundbogenfenster, Deckengewölbe, Offenes Wohnen mit über hundert Jahre alten Stützbalken und ebenso alten Kalksteinkacheln. Jeder Architekt würde in Zuckungen geraten. Vor den Wohnluxus jedoch hat der liebe Gott die Arbeit gestellt. Und die Materialkosten. Und den Obi.
Der Ludwig haut sich dann auf den Zementsack und schon schnarcht er. Ich stell mir den Heizstrahler an, leg mich aufs Kanapee und schlaf ein. Aufwachen tu ich dann schweißgebadet, wie immer. Weil es auf dem Kanapee ungefähr fünfzig Grad hat und im restlichen Saustall ist es knapp über dem Gefrierpunkt, wie immer. Die Drähte vom Heizstrahler sind blau und nicht mehr gelb oder orange, und wie ich den Stecker rauszieh, sprüht’s überall Funken. Nein, ich muss mit dem Umbau jetzt weitermachen, so hat das alles keinen Zweck mehr. Wenn’s in der Arbeit ruhig zugeht, was aller Voraussicht und Erfahrung nach so ist, dann pack ich’s jetzt an.
Am nächsten Nachmittag fahr ich die Oma zum Aldi, weil der den Zucker im Angebot hat. Die Oma kauft zwanzig Kilogramm und eine Bluejeans, weil die auch im Angebot ist.
»Der Papa braucht ganz dringend eine neue, weil ich es satt hab, den löchrigen Fetzen, den er am Leib trägt, jede Woche zu flicken«, sagt sie. Sie hört halt nicht, was sie sagt, drum ist es ziemlich laut und die anderen Einkäufer schauenalle her. Wir gehen dann an die Kasse und die Oma fragt die Frau dort: »Ist das schon eine gescheite Qualität, die Bluejeans?« Die Kassiererin sagt, einwandfrei, sie hat selber zwei, und die Oma kann sie nicht hören. Ich halte dann den Daumen so nach oben und die Oma kapiert’s.
Auf dem Heimweg halt ich noch beim Obi an wegen Schrauben und Dübeln und ein paar Dämmplatten. Die Oma will nicht mit rein, weil ihr die Hühneraugen wehtun, sagt sie, und so bleibt sie halt im Auto sitzen.
Leider find ich keinen von diesen singenden, wahnsinnig geschickten, schlauen und flinken Verkäufern. Wobei dasnicht ganz stimmt. Flink sind sie eigentlich schon, weil: immer, wenn ich einen entdecke – schwups – ist er auch schon wieder weg. Vermutlich zur Singstunde. Na, jedenfalls hab ich dann irgendwann mein Zeug zusammen und geh so zum Auto. Freilich hab ich, weil ja die Oma sitzen geblieben ist, den Autoschlüssel stecken lassen. Und das ist scheiße, wie sich jetzt rausstellt. Die Oma ist nämlich eingeschlafen und die Türen sind zu wegen Zentralverriegelung. Wahrscheinlich hat sie abgesperrt, damit sie nicht geklaut wird. Ja, und wenn man die Oma kennt, weiß man, da hilft kein Klopfen oder Rufen. Da hilft nur Warten. So renn ich mit dem Einkaufswagen immer um das Auto rum, wegen der Kälte. Zu weit weg will ich mich nicht entfernen (hätte ja derweil einen Kaffee trinken können in dem Bistro vom Obi – aber nein), weil: es hätte ja sein können, dass die Oma kurz aufwacht und dann bin ich beim Kaffeetrinken. Also lauf ich zweieinhalb
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