Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
wohl mit Ersterem langsam anfangen sollte, sonst findet sich nie ein Mann, der sie nimmt, und dann kann sie Letzteres vergessen. Es wäre unklug von ihrem Vater, wenn er sie wie einen Jungen erziehen würde.“
„Woher soll ich wissen, wozu das gut ist?“, entgegnete Lizzy. „Ich weiß auch gar nicht, ob es stimmt. Ich habe es nicht von ihr. Was ich allerdings sehr wohl weiß, ist, dass ihr Vater ein sehr netter Mann ist, der immer gerne jedem hilft und seine Tochter über alles liebt. Er hätte bestimmt keine bösen Absichten. Von ihm hat sie auch das Medaillon bekommen, deshalb bedeutet es ihr so viel. Und sie vermisst ihn immer fürchterlich, wenn er auf Reisen ist. Und das geschieht ziemlich oft. Außerdem ist sie unsere Freundin und wir sollten nicht so über sie reden.“
„Wisst ihr“, warf Robert ein, „es war sehr seltsam, dieses Medaillon. Es fühlte sich großartig an. Man hatte das Gefühl, dass etwas ganz Wunderbares passieren würde, wenn man es öffnet. Als hätte ich den Schlüssel zum Glück in meinen Händen gehalten. Ich hatte gar nicht vor, so weit zu gehen, aber als ich es mir angesehen habe ... Da war dieses Licht. Du musst es doch auch gesehen haben, Lizzy. Du standest doch neben mir.“
„Da war kein Licht, Robert. Das hast du dir bestimmt nur eingebildet ... wegen der Kälte.“
„Meinst du wirklich? Aber mir war gar nicht kalt.“
„Nein, das meine ich nicht wirklich. Immerhin geht es hier um Arrow. Da ist schon so manch eine Einbildung zur Tatsache geworden. Trotzdem sollten wir nicht so geheimnisvoll über sie reden, wie die alten Leute es über den Wald tun.“
„Meint ihr, dass sie uns jemals verraten wird, warum diese merkwürdigen Dinge geschehen?“, fragte Adam.
„Vielleicht. Irgendwann. Aber das werden wir erst herausfinden, wenn es so weit ist. Bis dahin sollten wir uns lieber eine Geschichte überlegen, die glaubhaft darstellt, dass du Robert ein blaues Auge verpasst hast und ich dich dazu angestiftet habe. Wenn unsere Eltern herausfinden, dass Arrow so anders ist, werden sie uns nie wieder in ihre Nähe lassen.“
„Lizzy hat Recht, Adam. Wobei mich aber eines doch noch interessieren würde.“
„Was denn, Robert?“
„Was zum Geier hast du mit den Pumps deiner Mutter zu tun?“, schmunzelte er.
Adam stotterte: „Nun ja, weißt du, es ist so ... so ... so eine furchtbar lange Geschichte. Die erzähle ich dir lieber ein andermal ...“
Als Arrow das Dorf erreichte, hatte sie die anderen bereits weit hinter sich gelassen.
Den Heimweg zu finden, erwies sich als regelrechte Herausforderung, denn es dämmerte nicht nur, sondern es fielen auch noch dichte, bauschige Flocken vom Himmel, die die Sicht erheblich behinderten.
Straßenlaternen wären jetzt eine große Hilfe gewesen, doch so etwas existierte nur in großen Städten wie London.
Bei diesem Wetter trieb sich niemand mehr draußen herum. In Elm Tree verbrachte man den Abend des 23. Dezember stets im Kreise seiner Lieben vor dem Kamin.
Um sich besser orientieren zu können, brauchte Arrow jetzt Konzentration. Zu diesem Zweck kniff sie ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, beugte sich vor und streckte beide Arme aus, mit denen sie wild herumfuchtelte. Trotz aller Anstrengungen ließ sich die Kollision mit einem Gartenzaun nicht vermeiden.
„Ach nein“, murmelte sie verärgert, beide Hände in die Hüften gestemmt.
„Ist dort jemand?“, rief eine Stimme aus dem Gartenhaus.
Arrow wollte antworten, beschloss dann aber doch, es lieber nicht zu tun. Schließlich hatte sie schon genug Ärger, da musste sie sich nicht auch noch gegenüber Mrs. Burton erklären – eine freundliche alte Witwe, die jede Gelegenheit, jemandes Gesellschaft zu genießen, am Schopfe packte.
Dafür hatte Arrow jetzt keine Zeit. Sie würde sie morgen besuchen und es wiedergutmachen.
Aber immerhin wusste Arrow jetzt, wo sie sich befand – am Haus von Mrs. Burton.
Nach einem Seufzen versuchte sie es erneut. Was blieb ihr auch anderes übrig? Warten, bis jemand sie fand? Mrs. Burton vielleicht? Wohl kaum. Also stapfte sie wieder vorgebeugt mit zusammengekniffenen Augen und wild fuchtelnden Armen durch den Schnee. Das ging eine ganze Weile so, bis sie erneut eine Stimme rufen hörte.
„Wer ist denn da?“
„Hä?“ Arrow war die ganze Zeit im Kreis gelaufen. Völlig verzweifelt gab sie sich zu erkennen. „Hallo Mrs. Burton. Ich bin es, Arrow Fall, die Tochter von Melchior Fall.“
Der schwache Schein einer
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