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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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eine junge Frau, die in ihm Orisian sah und nicht irgendeinen Huanin. Ihre Hand lag dicht neben seiner und drückte sanft das nachgiebige Moos nieder.
    »Hast du sie in einem Dyn Hane vergraben?«, fragte Orisian.
    Es entstand eine winzige Pause. Jedem, der sie weniger aufmerksam als Orisian beobachtet hätte, wäre das unmerkliche Zusammenkneifen ihrer Augen entgangen. Er hätte sie in diesem Augenblick gern berührt – um sie zu trösten –, aber er tat es nicht.
    »Nein«, entgegnete sie. »Er war ein Na’kyrim und gehörte nur halb zum wahren Volk. Aber ich fand einen Platz und schnitt einen guten Weidenstab. Er wird Blätter haben, wenn der Winter vorbei ist.«
    »Wie … wie lange kanntest du ihn?«, erkundigte sich Orisian.
    Sie dachte nach, und er befürchtete schon, sie werde nicht antworten, sondern wie so oft einfach tun, als habe sie seine Frage nicht gehört. Aber er täuschte sich.
    »Er besuchte mein A’an . Vor fünf Sommern. Ich sah ihn, aber ich sprach nicht mit ihm. Erst im Sommer danach, als er wiederkam.«
    »Und …« Orisian unterdrückte ein Hüsteln. »Ihr habt euch geliebt?«
    »Sehr.« Mehr sagte Ess’yr nicht, und es klang, als hätte er gefragt, wie ihr der Lagerplatz gefalle. Orisian konnte nicht erkennen, ob die Frage sie verletzt hatte.
    »Er war sehr gut zu mir«, erzählte er. »Immer. Ohne ihn wäre ich sehr einsam gewesen … nach dem Fieber. Ich konnte jederzeit mit ihm reden. Über alles. Er wird mir sehr fehlen.«
    Und zu seiner Überraschung lächelte sie abermals. Die geschwungenen Linien in ihrem Gesicht bewegten sich anmutig.
    »Er hat dich geliebt«, sagte sie. Ihre Stimme klang so sanft, so rücksichtsvoll, dass er sich einen weiteren Schritt vorwagte.
    »Was besprach er mit dir am Wasserfall? Als Varryn wütend wurde. Ich hörte das Wort Ra’tyn , und es schien wichtig zu sein. Hatte es etwas mit mir zu tun?«
    Ihre Lider senkten sich, und er wusste, dass er zu weit gegangen war. Sie zeigte sich nicht verärgert und rückte nicht von ihm ab, aber er spürte, dass sich plötzlich eine Kluft zwischen ihnen auftat. Sie war nicht mehr Ess’yr, die er ein wenig kannte, sondern eine fremde Kyrinin.
    »Darüber spricht man nicht«, sagte sie und wandte sich von ihm ab, ein wenig steif, weil ihre Rippen schmerzten. Damit, das wusste er, war das Gespräch beendet.
    Er blieb noch eine Weile sitzen und kämpfte gegen seine Enttäuschung an. Er hatte das Gefühl, dass sie ihn wie ein Kind behandelte. Ihm war klar, dass sie das nicht so meinte, aber es schmerzte ihn. Die eigenen Fehler ärgerten ihn allerdings noch mehr. Irgendwie fand er den Schlüssel nicht, der ihm den Zugang zu ihr verschafft hätte – die richtige Wortwahl vielleicht oder eine ganz besondere Verhaltensweise. Und doch hätte er nicht genau erklären können, warum es ihm so wichtig war, den Abstand zwischen sich und Ess’yr zu überbrücken.

    Als sie am Morgen erwachten, fanden sie Yvane immer noch in ihre Schlafdecken eingehüllt. Ihr Atem ging flach und unregelmäßig. Rothe, der die letzte Wache übernommen hatte, berichtete, dass sie seit einer halben Stunde oder noch länger in diesem Zustand sei. Orisian rüttelte sie an der Schulter, aber sie schlug die Augen nicht auf. Ratlos scharte sich die Gruppe um die Na’kyrim .
    »Vielleicht hilft kaltes Wasser aus einem der Bäche …«, sagte Rothe gerade, als Yvane endlich zu sich kam und sich aufsetzte.
    »Was starrt ihr mich alle so an?«, fragte sie ein wenig benommen.
    Die Gefährten machten sich hastig daran, das einfache Lager abzubrechen und ein wenig Essen zu verteilen. Erst als sie wieder unterwegs waren und sich durch ein morastiges Gelände quälten, wo dichtes Schilf den Weg fast überwucherte, gesellte sich Orisian zu Yvane und fragte sie, was mit ihr gewesen sei.
    »Ich besuchte Koldihrve, so wie ich Inurian in Anduran besuchte«, erklärte sie. »Irgendwer muss uns schließlich in Empfang nehmen. Das Kaff hat wenig Annehmlichkeiten zu bieten, aber Hammarn wird uns wenigstens ein Dach über dem Kopf geben. Ich fürchte, dass ich ihn fast zu Tode erschreckte. Es ist lange her, seit ich ihm so erschien. Er hatte wohl vergessen, dass es mich gibt. Sein Verstand hat mehr Löcher als ein schlecht geflicktes Netz.«
    Sie sah oder spürte eine gewisse Skepsis bei Orisian, denn sie lächelte ihn an.
    »Keine Sorge! Hammarn ist nichts weiter als ein alter, zerstreuter Na’kyrim . Er kann ein wenig … schrullig sein, aber er hat das Herz auf dem

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