Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
dritten Mal vom Rücksitz.
»Ich habe von vergleichbaren Diebstählen noch nie etwas gelesen«, sagte Märtha.
»Das ist ja das Gute«, warf Kratze ein. »Die Polizei hat keine Überfälle in der Art registriert, mit denen sie das vergleichen kann, und dann hegen sie auch keinen Verdacht. Glaub mir, das läuft wie am Schnürchen.«
»Das ist der erste Geldautomat, den die Wachleute füllen«, erklärte Anna-Greta. »Dann müssten sie noch neun volle Sicherheitskoffer im Auto liegen haben. Jeder Koffer enthält vier Kassetten mit je Fünfhunderttausend Kronen. Insgesamt fast achtzehn Millionen. Davon können wir ein Weilchen leben.«
»Ach ja, erst müssen wir dir noch deine Kosten aus dem Grand Hotel erstatten …«, begann Märtha.
»Ja, das war ärgerlich«, fügte Anna-Greta hinzu. »Ich habe noch versucht, das Konto sperren zu lassen, doch sie haben die Karte eingezogen.«
»Zu den unvorhersehbaren Ausgaben kommen zukünftige Reisen, Hotelkosten und Vergnügungen. Aber der Rest geht in den Diebstahlsfonds, das verspreche ich«, sagte Märtha.
»Schh, schau mal«, unterbrach sie Snille. »Jetzt ist der Wagen da.« Er griff zu Anders’ Reservehandy mit Prepaidkarte und wählte die Kurzwahl. Als das Signal zu hören war, legte er auf. Mehr war nicht nötig. Anders wusste, was das hieß. Vor ihnen fuhren die Wachleute langsamer, hielten vor dem Geldautomaten an und stiegen aus. Märtha stoppte ein bisschen weiter entfernt, aber ließ den Motor laufen. Die Männer öffneten die Kofferraumtüren, nahmen einen Sicherheitskoffer heraus, schlossen ab und gingen in die Bank. Sie sahen sich nicht einmal um.
»Jetzt«, sagte Kratze, öffnete die Wagentür und stieg aus.
»Jetzt«, sagte Snille und tat dasselbe. Märtha beobachtete, wie die beiden zum Geldtransporter schlichen und mit der Arbeit begannen. Snille kümmerte sich um die Autosirene und Kratze um die Kofferraumtüren. Wenn alles nach Plan lief, würde Kratze das Harz mit den Metallspänen in das Schloss pressen können. Wenn die Wachleute dann beim nächsten Mal die Türen verriegelten, würden sie schließen – aber eben nicht richtig. Und dann konnten die fünf zuschlagen. Aber viel hing davon ab, ob es Kratze gelang. Und zudem hatten sie den Trick nur an ihrem eigenen Auto ausprobiert.
»Wo ist Anders?«, flüsterte Snille, als er zurück ins Auto kam. »Ich habe ihn doch angerufen. Er müsste längst hier sein.«
»Er wird uns doch nicht im Stich lassen? Stina hat ihm versprochen, er bekäme schon vorzeitig einen Teil seines Erbes, wenn er uns helfen würde«, antwortete Märtha.
»Mach dir keine Sorgen. Ich vertraue Anders«, sagte Snille. »Er will bestimmt noch ein paarmal bei uns mitmachen.«
»Wir bezahlen ihn aber wie besprochen. Er kann ja auch in der Seniorengang nicht auf Dauer dabei sein«, protestierte Märtha.
Als die zwei Wachposten die Sicherheitskoffer am Geldautomaten getauscht hatten, nahmen sie den benutzten Koffer, öffneten die Kofferraumtüren und stiegen wieder ein. Aber die Türen schlossen nicht richtig, was sie nicht merkten, da Snille die Kameralinse besprüht und den Alarm ausgeschaltet hatte. Märtha legte schnell den ersten Gang ein, gab Gas und schaltete hoch in den vierten Gang, so dass der Motor der »Grünen Gefahr« kurz vor dem Geldtransporter absoff. Während sie so tat, als würde sie versuchen, den Wagen wieder zu starten, wankte Stina, die sich auf Kratze stützte, zum Fahrer des Geldtransporters und klopfte ans Seitenfenster. Sie trug eine dunkle Perücke, war stark geschminkt und grinste breit mit ihren falschen Zähnen. Kratze mit seinem hellen Bart und der Perücke wirkte wesentlich jünger, als er tatsächlich war. Als der Fahrer die Scheibe herunterließ, ging Kratze diskret zur anderen Seite des Wagens.
»Wir haben eine Motorpanne, können Sie uns vielleicht helfen?«, fragte Stina und zeigte auf den Sprinter. Gleichzeitig tauchte Anna-Greta auf mit einem Blumenstrauß, der in Äther getränkt war.
»Bitteschön«, lächelte sie und steckte ihn durch das offene Fenster den Wachleuten direkt ins Gesicht. Dann klemmte sie den Stock unter den Türgriff und sicherte ihn mit dem Rollator. Die Wachmänner wollten zur anderen Tür hinaus, doch dort hatte Kratze bereits Sekundenkleber ins Loch gespritzt. Im nächsten Moment goss Stina die komplette Flasche Äther auf den Fahrersitz und schaffte es gerade noch, die Hand in den Türspalt zu schieben und die Scheibe hochzufahren, bevor die Männer sich
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