Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Sammlungen, die im Museum gezeigt wurden, waren mehrere Millionen wert, vermutlich sogar mehr. Sonderbar war auch, dass dieser bärtige junge Mann, von dem die Rentner gesprochen hatten, nirgends auftauchte. Im Verhör hatten die Wachmänner gesagt, dass zwei alte Damen ihn gesehen hätten. Aber wie konnte es dann sein, dass seine Anwesenheit nicht von einer einzigen Kamera dokumentiert worden war?
Kommissar Petterson stand auf und öffnete das Fenster. Er musste sich das Material noch einmal genauer ansehen und nicht wieder so schnell vorspulen, nahm er sich selbstkritisch vor. Er atmete einmal tief durch und holte sich noch eine Tasse Cappuccino aus dem Kaffeeautomaten. Dann ließ er sich am Computertisch nieder und drückte auf »Start«.
Der Film, der vor seinen Augen flimmerte, war wirklich nicht spannend. Kein Wunder, dass er sich zwingen musste, sich zu konzentrieren. Doch als er die Bilder der Kameras im Rembrandtsaal verfolgte, fiel ihm etwas auf. Da sah er eine alte Frau, die an ein Bild herantrat, viel zu nah heran. Sie fuchtelte mit ihrem krummen Stock herum. Pettersons Mutter lebte noch, und daher wusste er, dass ältere Leute manchen Tick entwickelten, aber das hier machte einen sonderbaren Eindruck. Und während er ganz genau hinsah, bemerkte er noch eine Auffälligkeit. Als die Frau mit dem Stock herumgefuchtelt hatte, schaute sie sich um und legte sich dann vorsichtig auf den Boden. Beim ersten Durchgang hatte er den Film schneller laufen lassen, und da hatte es ausgesehen, als sei sie hingefallen, aber jetzt schien es so, als hätte sie sich absichtlich auf den Boden gelegt! Das war doch wohl nicht wahr? Nein, kurz danach stützte sie sich auf die Ellenbogen und robbte noch ein bisschen näher an das Bild heran. Offenbar ein Versuch aufzustehen. Aber dann legte sie den Stock neben sich, so dass es schien, als wäre er dorthin gefallen, als sie gestürzt war. Ein paar Bildsequenzen weiter kamen die Wächter angerannt und halfen ihr auf. Das waren dieselben Wachen, die behauptet hatten, dass die Frau einen bärtigen jungen Mann gesehen habe.
Ja, ja, die Wachmänner. Warum waren sie nicht in der Ausstellungshalle gewesen? Ein bisschen dubios war die Sache schon, denn auf keiner Kamera war ein Dieb zu sehen, der Bilder aus dem Museum bugsierte. Keiner der Besucher hatte eine Tasche oder einen Koffer bei sich, in dem man die Gemälde verstecken könnte … Das Einzige, was er sah, waren die zwei Rollatoren, auf die sich eine alte Dame und ein buckliger Mann stützten. Doch den Mann sah man in Gesellschaft einer anderen Frau ganz gemächlich aus dem Museum spazieren, und die alte Dame konnte ja wohl kaum etwas mit dem Raub zu tun haben. Als sie ins Museum hineingegangen war, hatte sie ihren Mantel ausgezogen und ihn auf den Rollator gelegt und ihn wieder angezogen, als sie das Museum verließ. Und da lag im Gitterkorb nichts – nicht einmal ein Buch oder ein Brillenetui. Nein, der Dieb musste ein Insider gewesen sein. Da kamen nur das Museumspersonal oder die Mitarbeiter der Wachgesellschaft in Frage. Wobei die Sache mit dem Mütterchen mit ihrem Stock schon mysteriös war, doch auf der anderen Seite sah sie so klapprig und schwach aus, dass sie wohl kaum etwas tragen konnte. Der Kommissar lehnte sich zurück und fuhr sich durchs Haar. Die Wachen befanden sich genau deshalb nicht in den Ausstellungssälen, weil sie den Coup vorbereiteten. Er pfiff leise und war mit einem Mal ganz zufrieden. Dass er darauf nicht gleich gekommen war! Höchste Zeit, die Wachleute zum Verhör vorzuladen.
31
Schon als sie an Sveaborg verbeifuhren, spürte Märtha den Druck des Windes auf den Schiffsrumpf, aber Sorgen machte sie sich nicht. Diese modernen Schiffe besaßen Stabilisatoren. Ihre Freunde nahmen sowieso keine Notiz davon. Sie bedienten sich am kalten Büffet, redeten und machten Witze.
»Die Restaurants an Bord sind gar nicht so schlecht, aber die Kabinen können sich mit der Prinzessin-Lilian-Suite nicht messen«, meinte Märtha.
»Zum Glück sind wir bald zurück im Hotel«, sagte Stina. »Das ist doch ein angenehmeres Niveau, und es schaukelt nicht so.«
»Schon verrückt, wie schnell man sich an den Luxus gewöhnt. Da haben wir extra die Deluxe-Kabinen gebucht, doch im Vergleich zu unserer Suite kommt man sich vor wie in einem Kleiderschrank«, gab Märtha zu.
»Tja, bald ist es so weit, dann können wir den Kunstraub des Jahrhunderts abhaken und uns etwas Neues ausdenken«, sagte Kratze und legte
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