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Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Titel: Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catharina Ingelman-Sundberg
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Kaugummifrau war hart und ausdruckslos. Wahrscheinlich hatte sie hier das Sagen, dachte Märtha, die inzwischen einiges aufgeschnappt hatte, wie es in Hinseberg zuging. Ein paar Anführer übernahmen das Kommando, hatte sie gehört, und die Wärter hatten gemeint, es gäbe einige ungeschriebene Regeln, und man tue gut daran, sie zu befolgen.
    »Aha, du nennst mich also eine Ziege«, sagte Märtha.
    Die Kaugummifrau nickte.
    »Wenn du mich noch einmal Ziege nennst, dann knalle ich dir meinen Rollator zwischen die Beine. Nur dass du Bescheid weißt.«
    Es wurde still, dann hörte man unterdrücktes Kichern von den beiden anderen im Hintergrund. Die Kaugummifrau machte drohend einen Schritt nach vorn.
    »Hör mal gut zu, Puffmutter. Pass auf, dass du nicht auf Saunareise gehst.«
    »Sauna?« Märtha verstand kein Wort, und so sah sie wohl auch aus.
    »Da rechnen wir ab. Gut isoliert und ohne Fenster.«
    »Aha, so also«, sagte Märtha und ahnte, was die Frau andeuten wollte. Sie beschloss, es mit einer etwas freundschaftlicheren Ansprache zu probieren.
    »Willst du auch was?«, fragte sie und hielt ihr die Milchtüte hin.
    »Machst du Witze?«
    »Und warum bist du hier?«
    »Mord und Diebstahl.«
    Märtha verschluckte sich und musste einige Male husten.
    »Und wen hast du bestohlen?«, frage die Kaugummifrau.
    »Ach, das war ein Bilderraub. Der im Nationalmuseum.« Märtha zuckte mit den Schultern, als sei das nichts Besonderes gewesen.
    »Mensch, der Kunstraub? Davon habe ich gelesen. Sind die Bilder immer noch weg?«
    Märtha nickte.
    »Das ist der Mist. Sie sind verschwunden.«
    »Scheiße … Wo habt ihr die Bilder denn versteckt? Ich verpfeif dich auch nicht.«
    »Weder wir noch die Polizei haben sie gefunden.«
    »Das nehm ich dir nicht ab. Nun spuck’s schon aus. Wir hier halten zusammen, kapierst du? Wenn du nicht sprichst, dann …« Die Frau nahm Märthas Glas und kippte die Milch in den Ausguss.
    »Der Coup ist uns gelungen, aber dann … Es kann nicht alles perfekt sein«, sagte Märtha und schenkte sich ein neues Glas Milch ein.
    »Du bist vielleicht eine selbstherrliche Tussi. Es gibt hier einige, die Rentner beklauen, nur dass du es weißt. Die haben sich spezialisiert auf Muttchen wie dich. Hör auf meinen Rat. Fahr runter.« Die Kaugummifrau kippte Märthas Milch zum zweiten Mal aus. »Und dann noch was. Du bist zu alt, deshalb wollen wir dich in der Werkstatt nicht sehen. Du kannst Hilfsdienste machen. Wir fangen um acht Uhr an, das heißt, um sieben machst du das Frühstück.«
    »Das bestimmst nicht du, sondern die Wärter«, sagte Märtha.
    »Es gibt sie, und es gibt uns. Die, die zu den Wärtern gehen und jammern, gehören nicht hierher. Verstanden? Du hättest jetzt schon eine Runde in der Sauna verdient.«
    »Du hast ja schon einen Schaden vom Knast«, murmelte Märtha.
    »Selbst wenn du ein Kadaver wärst, würde ich’s dir noch zeigen!«
    Die Augen der Kaugummifrau waren kalt wie der Nordwind.
    Märtha räusperte sich.
    »Also, morgen früh um sieben ist Frühstück. Bis später.«
    Sie ging mit aufrechtem Kopf aus der Küche und sah noch im Vorbeigehen das hämische Lächeln der Jüngeren. Schlagartig war Märtha klargeworden, dass die Wirklichkeit völlig anders aussah, als sie im Fernsehen dargestellt wurde. Oder in Krimis. Hier musste man auf Messers Schneide balancieren.

45
    »So soll es sein. Fast alles weg«, sagte Allanson, der Bootsmann, und drehte eine letzte Runde durch den Schuppen. Ein großer Anker und ein Kasten Bier standen auf dem Boden, und in den Regalen lagen ein paar Netze, einige Rettungsringe und Angelruten – ansonsten waren sie leer. Die Fahrräder waren weg, ebenso die Mopeds und die zwei Motorschlitten.
    »Und dass sie uns auch noch in Euro bezahlt haben! Die Kinderfahrräder und die 10-Gang-Räder gingen weg wie heiße Semmeln. Die Esten waren total glücklich«, sagte Janson.
    »Ja, und die Mopeds sind sie auch gut losgeworden«, schob Allanson hinterher. »Jetzt haben wir wieder Platz. Was hältst du von einem kleinen Ausflug? Fahrräder und Mopeds vielleicht?«
    »Ja, Mann. Am Samstag?«
    »Ich habe am Wochenende frei, muss nur Mutter im Heim besuchen. Sie hat Geburtstag. Aber danach.«
    »Du wirst doch wohl kaum bis vier Uhr morgens mit ihr feiern?«, grinste Janson.
    »Nee, nee.« Allanson sah zu Boden. Er wurde immer gefoppt, weil er seine Mutter so oft besuchte. Doch er hing an ihr, und sie freute sich so sehr, wenn er kam – auch wenn sie es meist

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