Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Kontrolle gebracht, Märtha nicht. Wenn sie eine bald achtzigjährige Frau dort hineinschleppte und verprügelte, konnte sie selbst nur verlieren. Das wurde ihr und allen anderen im Raum schlagartig klar.
»Hol dir dein Frühstück, ich wasche dann ab«, sagte Märtha.
Liza tat so, als hätte sie Märthas Aufforderung nicht gehört, holte sich aber eine Tasse, goss ihren Kaffee ein und setzte sich an das schmale Tischende. Wortlos schmierte sie sich ein Käsebrot. Als sie ausgetrunken hatte, stand sie auf und ging. Märtha sah ihr hinterher und überlegte, wann und wie sich Liza rächen würde.
47
Petra hatte in der U-Bahn vor sich hingedöst, als sie die Schlagzeilen über den großen Bilderraub im Nationalmuseum sah. Der letzte Überfall war erst ein paar Jahre her gewesen, und sie fragte sich, ob es die gleiche Bande war, die wieder zugeschlagen hatte. Doch viel stand darüber nicht in der Zeitung. Die Polizei gab keine Informationen weiter, anfangs wusste man nicht einmal, um welche Bilder es sich handelte. Am Anfang hatte Petra die Sache nicht so genau verfolgt, denn ihr Freund hatte ihr eine Szene gemacht, und sie hatte für eine wichtige Prüfung Tag und Nacht lernen müssen. Für das Grand Hotel und den Putzjob war da vorübergehend keine Zeit gewesen. Erst nach der Prüfung nahm sie ihr gewohntes Leben wieder auf und meldete sich bei ihrem Freund. Als sie sich ausgesprochen hatten, beschlossen sie zusammenzubleiben, und um das zu feiern, buchten sie eine Last-Minute-Reise nach Ägypten. Als sie ausgeruht und mit einem hübschen Sonnenbrand nach Hause kam, nahm sie ihren Aushilfsjob im Hotel wieder auf.
Genau da hatte sie auch erfahren, dass die gestohlenen Gemälde von Monet und Renoir waren. Sie saß in der Bibliothek im Grand Hotel und schaute die alten Zeitungen durch, da sah sie sie: Die Bilder. Sie schnappte nach Luft. Bis auf den Hut und den Schnurrbart auf dem Renoirgemälde und die zusätzlichen Segelboote auf der Schelde glichen die Bilder den Werken, die sie in der Prinzessin-Lilian-Suite abgenommen hatte. Sie war davon ausgegangen, dass es sich um schlechte Reproduktionen handelte – nicht auszudenken, wenn sie das nicht waren … Obwohl es schon sehr sonderbar wäre, wenn die Diebe die Gemälde in einem Hotelzimmer ein paar hundert Meter vom Nationalmuseum entfernt zurückgelassen hätten. Die Kunstwerke waren sicher längst über die Landesgrenzen verschwunden. Nichtsdestotrotz ließ sie der Gedanke nicht los, denn während sie darüber nachdachte, fiel ihr ein, dass die Bilder auffällig schöne Rahmen hatten. Obwohl gerade das eine beliebte Strategie war. Ein hübscher Rahmen konnte die mieseste Reproduktion noch professionell wirken lassen.
Petra biss sich auf die Fingernägel und konnte sich nicht mehr konzentrieren. Die Bilder waren vom Putzwagen verschwunden, aber vielleicht standen sie noch irgendwo im Anbau herum? Am liebsten hätte sie überall nachgefragt, doch sie zögerte. Wenn es die echten Bilder gewesen waren, konnte sie vielleicht Ärger bekommen, weil sie sie ohne Anweisung von oben einfach ausgetauscht hatte. Bilder im Wert von dreißig Millionen Kronen … Sie sah sich um. Leute tummelten sich an der Bar, und auf der Veranda saßen Gäste beim Essen. Wenn sie jetzt zum Nationalmuseum hinüberging und darum bat, die Reproduktionen von Monet und Renoir sehen zu dürfen, konnte sie sie im Kopf mit den Bildern aus der Suite vergleichen. Doch sofort musste sie über ihre eigene Dummheit grinsen. Sie konnte doch auf der Homepage des Nationalmuseums nachsehen. Sie stand auf und ging in den Computerraum im Erdgeschoss.
Schnell rief sie die Seite des Nationalmuseums auf und klickte sich durch zu den Sammlungen. Sie musste nicht lange suchen, bis sie die zwei Bilder fand. Der Farbdrucker des Hotels stand neben ihr, und sie gab einen Druckbefehl. Dann steckte sie die Ausdrucke in ihre Handtasche und löschte am Computer die Chronik, damit niemand ihre Recherche verfolgen konnte. Mit dem Papier in ihrer Tasche flitzte sie hinüber zum Anbau. Sie musste in Erfahrung bringen, was das für Bilder waren, die sie abgenommen hatte, und nach ihnen suchen. Irgendwo mussten sie sein, sie konnten ja nicht einfach so verschwinden. Es sei denn, jemand hätte sie entdeckt und bemerkt, dass dies eben keine wertlosen Reproduktionen, sondern Bilder im Wert von dreißig Millionen Kronen waren …
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Als Allanson mit dem Einkaufstrolley in das Haus Diamant kam, lag seine Mutter Dolores im
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