Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
Prinzessin-Lilian-Suite abgehängt hatte. Sie wollte die Bilder irgendwo abstellen und sah sich um. Dort, der Frisiertisch. Gespannt legte sie die Gemälde ab, öffnete ihre Handtasche und holte die Farbkopien heraus. Ja, bis auf den Hut und den allzu buschigen Schnurrbart und die vielen Segelboote auf dem Monet stimmten die Bilder mit den Kopien überein. Sie drehte die Werke um und warf einen Blick auf die Rückseite. Hier fand sie eine Inventarnummer und konnte außerdem feststellen, dass die Bilder auf Leinwand gemalt waren. Beide hatten einen goldenen Rahmen. Wenn sie genau nachdachte, fiel ihr kein Bild in einer der Suiten ein, das solch einen Rahmen hatte. Weiter kam sie nicht, denn da hörte sie Schritte und Stimmen in der Nähe des Eingangs. Es klang wie der Barkeeper und das neue Mädchen von der Rezeption.
Petra hockte sich hin, um nicht gesehen zu werden. Ganz hinten im Flur wurde ein Raum provisorisch als Lager genutzt, solange noch Zimmer gestrichen wurden und man die Möbel unterstellen musste. Vielleicht wollten die beiden dort hinein. Sie wartete, bis die Schritte verklungen waren und hob den Renoir hoch, um ihn wieder zurückzustellen. Da entdeckte sie zu ihrem Erstaunen, dass sie Farbe am Daumen hatte. Jemand hatte die Bilder wohl aus Versehen bekleckert. Wahrscheinlich die Bauarbeiter oder dieser schlampige Rockstar, der in der Suite gewohnt hatte … Obwohl sie die Bilder ja bereits vorher ausgetauscht hatte, und davor hatten diese alten Leute dort gewohnt … Sie holte ihr Taschentuch heraus, befeuchtete es und strich damit vorsichtig über die Leinwand. Als sie zum Hut des Mannes kam, nahm ihr Tuch die schwarze Farbe an, und mit der Zeit kam immer mehr vom Haar des Mannes zum Vorschein. Beim Monet probierte sie dasselbe. Ein Segelboot verschwand, ohne dass sie viel reiben musste. Da hatten doch diese lieben, alten Leute in der Prinzessin-Lilian-Suite … Petra lächelte breit. Sie hatten die Polizei in ganz Schweden in Atem gehalten, doch keiner war hinter ihr kleines Geheimnis gekommen. Die Senioren in der Prinzessin-Lilian-Suite hatten alle zum Narren gehalten. Ihr erster Gedanke war, zur Rezeption hinunterzulaufen und es gleich zu erzählen, doch im selben Moment hörte sie einen kleinen Aufschrei, gefolgt von Stöhnen und Lachen. Der Barkeeper und seine Kleine. Eilig stellte sie die Bilder in die Kiste zurück, wo sie sie gefunden hatte. Am besten schnell verschwinden. Sie überlegte. Wenn die Bilder so dringend gesucht wurden, würde die Polizei doch früher oder später einen Finderlohn ausschreiben … Ihr Studienkredit war ausgelaufen, und sie war das Putzen leid. Ein kleiner Finderlohn wäre die Lösung. Wenn sie die Bilder mitnahm und eine Weile bei sich lagerte, konnte sie ja sagen, sie hätte in gutem Glauben gehandelt. Sie hatte sie schließlich nicht gestohlen , sondern sie zwischen Gerümpel und Müllsäcken auf einer Toilette gefunden . Sie hatte sie in Obhut genommen und in der Zeit versucht, einen anderen Platz im Hotel für sie zu finden. … Das konnte sie sagen, das klang gut. Als ihr dann aufgegangen war, um welche großartigen Bilder es sich handelte, hatte sie das Museum – oder die Polizei – unmittelbar angerufen, je nachdem, wer den Finderlohn aussetzte. Der Staat zahlte ja keinen Finderlohn, wenn man Silber oder Gold aus dem Altertum fand. Da stand einem doch eine Belohnung zu, wenn man zwei wertvolle Kunstwerke rettete, dachte sie. Und der Presse konnte sie erzählen, wie glücklich es sie machte, die zwei kostbaren Gemälde für die Nachwelt gerettet zu haben. Das Szenario war wasserdicht.
Eine Tür sprang auf, und sie hörte Schritte weiter hinten im Anbau. Die Schritte kamen näher. Der Barkeeper und das Mädchen! Die beiden flüsterten nicht einmal, sondern redeten laut und schmusten miteinander. Petra zog sich wieder auf die Toilette zurück, machte den Deckel zu und setzte sich, während sie überlegte, was sie sagen könnte, wenn sie jemand entdeckte. Dann fiel ihr ein, dass die meisten Leute, die jemanden auf der Toilette überraschen, den Raum schnell wieder verlassen. Sie hörte, wie die zwei weiter zum Aufzug gingen. Sie wagte es nicht, sich zu rühren, bis sich die Fahrstuhltüren hinter den beiden schlossen. Eine Weile blieb sie noch so hocken und dankte den beiden innerlich. In der Dunkelheit hatte sie Zeit zum Nachdenken gehabt. Jetzt war ihr klar, was sie mit den Bildern machen würde.
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Hinseberg, auch ein Platz, an dem man den Sommer
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