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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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schön in die Wadln gehen. Ich genieße es, die Anstrengung zu spüren und voranzukommen. So hatte ich es mir vorgestellt. Den Fahrtwind kühlend im Gesicht und auf den Schultern. Was mir weniger gefällt, ist, dass Bruno so langsam fährt und ich mich ständig umdrehen muss, um zu sehen, ob er überhaupt noch in Reichweite ist. Jedes Mal, wenn eine Kurve kommt und ich ihn aus den Augen verliere, warte ich, bis er wieder auftaucht. Ich habe Sorge, dass er eventuell falsch abbiegt. Das Heft, das ich unter großem Zeitaufwand für ihn zusammengestellt habe, findet er nicht mehr, wahrscheinlich hat er eszu Hause vergessen, schließlich musste er ja an anderes denken. Aber er lächelt tapfer und fragt auch nicht, wie lange es noch dauert.
    Ich komme ihm einfach zuvor. Erzähle, welch schöne Landschaft links und rechts neben der Straße sich aufzunehmen lohnt, erzähle von dem herrlichen Bier und dass wir uns die Brotzeit redlich verdient hätten, denn bald seien wir ja da. Insgeheim hoffe ich das auch, denn mir knurrt der Magen, und müde bin ich auch ein wenig.
    Plötzlich liegt es da, oben auf dem Hügel, in geraumer Ferne, das Kloster. Fünf Kilometer noch, und wir haben es geschafft. Aber da geht’s an einer Kreuzung sowohl rechts nach Andechs als auch links.
    Â»Was soll denn das?«, fragt Bruno.
    Â»Dann fahren wir eben rechts rum, wird schon passen«, erwidere ich und biege ab.
    Nach ein paar hundert Metern kommt erneut eine Abzweigung, nur steht da nirgendwo mehr Andechs angeschrieben. Kein Mensch auf der Straße, plötzlich sind keine rasenden Radler mehr unterwegs. Ich zücke meine Landkarte, denn meine Lust auf Umwege ist gleich null. Das Kaff, in dem wir gerade sind, finde ich nicht. Das gibt’s doch nicht, so nah am Ziel – nur sehe ich es gerade nicht mal mehr. Als ein Motorradfahrer um die Ecke biegt, stoppe ich ihn und frage nach dem Weg.
    Â»Viele Wege führen nach Andechs«, meint er nur.
    Â»Ja, aber welcher ist der kürzeste?«
    Â»Das weiß ich leider auch nicht«, antwortet dieser und braust los.
    Wie bescheuert muss man eigentlich sein, um sich jetzt noch zu verfahren? Ich ärgere mich über mich selbst, schließlich ist das meine Heimat, und in Andechs war ich schon zigmal.
Wir reißen uns zusammen, drehen um, treten in die Pedale und haben es kurz darauf endlich geschafft. Verschwitzt sind wir. Aufs Klo müssen wir. Die Zungen hängen vor Durst am Boden, denn die beiden Flaschen mit den energiespendenden Brausetabletten sind längst leer getrunken. Hat Christian nicht gesagt: »Viel Magnesium und viel Wasser trinken, sonst schlafft ihr zu schnell ab.« Ja klar, das leuchtet ein, aber soll ich jetzt etwa eine Magnesiumtablette in mein gutes Bier geben? In Bayern gehört der Gerstensaft zu den Grundnahrungsmitteln, also Gesundheit pur. Und genau die werden wir uns jetzt genehmigen.
    Aber erst mal stellt sich uns die Frage, wo wir unsere vollgepackten Räder parken, um nicht anschließend eine böse Überraschung zu erleben.
    Ohne allzu viel vorwegzunehmen und um gleich eine Grundsatzregel am Anfang einzuführen: Wir sind beschützt und werden nicht beklaut! Ganz sicher bin ich mir da, denn sonst werden wir jeden Tag vor dem gleichen Problem stehen. Froh darüber, dass Bruno ebenso denkt, schließen wir die Räder mit unserem einzigen Kettenschloss zusammen und gehen leicht breitbeinig den Hügel hinauf in die Schenke. An uns wird köstlich dunkles und helles Bier vorbeigetragen.
    Â»Sollen wir einen Schweinsbraten mit Knödel essen oder lieber nur Radi mit Obatzda und Breze?«, überlege ich laut.
    Bruno ist zu keiner Antwort fähig.
    Â»Ein Stück Leberkäse wäre auch fein, oder magst lieber Schweinswürstel mit Kraut?«
    Keine Reaktion.
    Â»Ich hole jetzt erst einmal zwei Bier, Helles, von dem Dunkel wird man so schnell müde, und dann entscheiden wir uns.«
    Kurz darauf stehen zwei Maß Bier vor uns auf dem Tisch.Mein Gott, wie das zischt. Meine bayrische Seele juchzt. Ebenso die italienische an meiner Seite, denn Bier genießen hat mein Bruno gelernt in den Jahren unserer Zweisamkeit. Wir entschließen uns für eine kalte Brotzeit und lassen für eine Stunde Viere gerade sein.
    Aber der Sinn einer jeden Tagestour liegt bekanntlich auch darin, ein Stückchen der jeweiligen sich darbietenden Kultur anzuschauen, und so erheben wir

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