Wir haben gar kein Auto...
unsere müden Glieder und besichtigen, natürlich mit der Kamera ausgestattet, die wirklich wunderschöne Barockkirche des Klosters. Danach laufen wir noch ein wenig im Kreuzgang und dem Garten umher, sehen hinunter ins bayerische Hügelland, und ich bin stolz darüber, wie schön es ist und dass ich es Bruno zeigen kann.
Wie oft habe ich angesichts der römischen Antike gedacht: Kann ich Bruno jemals meine Heimat schmackhaft machen? Nicht dass ich ein Minderwertigkeitsgefühl entwickelt hätte, aber ich möchte nicht das einzige Argument für seine Reisen nach München sein. Es ist mir wichtig, dass er die Schönheit unseres Landes schätzen lernt und sich vielleicht manchmal sogar danach sehnt. Auch dies ist Sinn und Zweck unserer Reise. Wir werden in den folgenden Tagen durch Orte kommen, in denen selbst ich noch nie war. Es wird herrlich sein, durch Wälder oder an Seen entlangzuradeln, wo man mit dem Auto nicht hinkommt.
Von nun an gehtâs bergab, aber nur kurz bis zum Ammersee. Die Räder stehen ausgeruht und in tiefer Eintracht an der Stelle, wo wir sie abgestellt haben, offensichtlich hat sie keiner auch nur berührt. Gottvertrauen muss man halt haben, auÃerdem sind wir hier nicht in Italien. Pfui, so was sollte man nicht mal denken, ist aber so. Selbst Bruno ist derselben Meinung.
Friedlich liegt in Herrsching der See da, und weil dasSchiff, das uns nach DieÃen bringen wird, erst in fünfzig Minuten abfährt, schmeiÃe ich mich in das herrliche Nass und schwimme weit raus, zwischen den Segelbooten hindurch. Das ist wirklich praktisch: Man nimmt sein Fahrrad mit auf die Fähre und radelt auf der anderen Seite des Sees einfach weiter. Wir sind bei Gott nicht die Einzigen, aber die anderen Leute auf der Fähre scheinen Tagesausflügler zu sein. Bruno und ich fühlen uns als was Besonderes, als diejenigen, die schwere Strapazen in Kauf nehmen, um ans Ziel zu kommen. Ein bisserl hochmütig blicken wir auf die BloÃ-ein-paar-Stunden-Radler herab.
»Hätten wir mal nur nicht den Mund so voll genommen«, keuche ich wenig später vor mich hin, denn gleich hinter DieÃen geht es gruselig steil hinauf, so dass selbst ich klein beigebe und schiebe. Unser Weg führt laut Karte mitten in den Wald, es ist der berühmte König-Ludwig-Weg. Ja, wo ist er denn?, fragen wir uns allerdings, da nirgendwo eine Abzweigung zu sehen ist. Wir drehen um, fahren ein Stück den Berg runter, stellen fest, dass es doch richtig sein muss, und schieben wieder bergauf. Ich befürchte, Spott oder Unmut bei Bruno auszulösen, doch er zeigt Langmut und weià ja selbst nicht, wo es langgeht. In der Karte sieht alles so einfach und klar verständlich aus, aber ich finde diese dämliche Abzweigung nicht.
Erneut schieben wir unsere Räder ein Stück weiter den Berg hinauf, um dann schlieÃlich doch wieder hinunterzuradeln und den ersten Weg gleich links nach der Kirche einzuschlagen. Ich bin mir zwar gar nicht sicher, ob es richtig ist, aber was sollen wir machen? Wen wir auch fragen, keiner weià wirklich Bescheid.
Also fahren wir hinein ins Ungewisse, aber so falsch kann es nicht sein, denn das Dorf Rott, wo wir auf alle Fälle durchmüssen, ist auf der HauptstraÃe angeschrieben. Nurleider will ich nicht auf der HaupstraÃe fahren, sondern Bruno den Wanderweg unseres lieben und so heià verehrten Königs Ludwig zeigen. Ich stelle mir vor, wie er einst mit seinem feschen Landauer, gezogen von den prächtigsten Rössern, im Jagdgewand durch die Wälder fuhr, das Volk sich am Wegesrand tief verneigend. Schön, das kann Italien nicht aufweisen, da muss man schon bis Cesare zurückgehen, und ich bin ein wenig stolz, während ich Bruno davon erzähle.
Dem wäre es im Moment allerdings bedeutend lieber, wenn sich uns jemand verneigend am Waldesrand entgegenstellte, den wir nach dem Weg fragen könnten. Der König Ludwig ist ihm dagegen ziemlich wurscht. Und siehe da, plötzlich sitzen ein alter Mann und eine junge Frau auf einem kleinen Bänkchen neben einer Quelle am Wege. Klingt nach Märchen, ist aber wahr. Erstens habe ich Durst, und wir können unsere Wasserflaschen neu füllen, und dann, so ganz nebenbei, damit man sich keine BlöÃe gibt, freundlich fragen, ob das zufällig der König-Ludwig-Weg sei, auf dem man sich befindet.
»Ja, warum?«, lautet die Antwort.
Mir fällt ein Stein vom
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