Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

Titel: »Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Poole
Vom Netzwerk:
nicht aus, um die Maschinen technisch in Schuss zu halten. Dann begann auf diesem Flug zu allem Übel auch noch die Beleuchtung an den Seitenwänden zu flackern, und die Katastrophe nahm endgültig ihren Lauf. Es war wie in einem Horrorfilm. Aber da ich ganz neu und noch nie in einer Situation wie dieser gewesen war, dachte ich, so was sei an der Tagesordnung. Daher bemühte ich mich nach Kräften, mir nichts anmerken zu lassen, während die Passagiere mit Argusaugen jede meiner Bewegungen verfolgten.
    »Flight attendants take your seat«, schallte die Stimme des Kapitäns aus den Lautsprechern. Wann immer Sie diese fünf Worte hören, egal bei welcher Airline, steht Ihnen höchstwahrscheinlich ein wilder Ritt bevor. Jedenfalls brauchte man mir das nicht zweimal zu sagen, ich saß längst sicher angeschnallt auf meinem Klappsitz.
    Von meinem Platz im vorderen Teil der Maschine aus sah ich etliche Passagiere die Armlehen umklammern, während andere sich über den Gang hinweg die Hände reichten. Bei jedem Ruckeln hörte ich sie stöhnen, jammern oder sogar laut schreien, was die Situation für alle Beteiligten nur verschlimmerte. Ich bin dafür zuständig, dass in der Kabine kein Chaos ausbricht, aber wenn ich selbst angeschnallt auf meinem Klappsitz ausharre, kann ich wenig tun, außer den Personen in meiner Nähe zu versichern, dass ihnen schon nichts passieren wird. Und ehrlich gesagt war ich mir da auf diesem Flug nicht so sicher. Es wackelte so sehr, dass ich nicht einmal aufstehen und den Feuerlöscher hätte schnappen können!
    »Machen Sie sofort Ihre Zigaretten aus!«, schrie ich. Doch kaum waren die Worte über meine Lippen gekommen, bereute ich sie auch schon. Dass jemand seine Zigarette im leicht entflammbaren Sitzbezug seines Vordermanns ausdrückte, war so ziemlich das Letzte, was wir jetzt noch brauchen konnten. Aber glücklicherweise hörte ohnehin niemand auf mich. Stattdessen griffen noch ein paar mehr zum Glimmstängel und pafften hektisch, während die Lichter rhythmisch flackerten und die Maschine in der Luft hin und her geworfen wurde.
    Später erfuhr ich, dass zwei Maschinen vor uns die Landung abgebrochen hatten, doch das hielt unseren Kapitän nicht davon ab, den Anflug auf den Love Field Airport von Dallas fortzusetzen. Unter heftigem Blitz und Donner gelang es ihm schließlich, die Maschine auf den Boden zu bringen, wobei sie so heftig auf der Landebahn aufschlug, dass ich sicher war, sie würde in zwei Teile zerbersten. Als wir zum Gate rollten, sprangen die Passagiere von ihren Sitzen auf und stürzten zur Vordertür. »Ich will sofort hier raus!«, schrien sie. Das Problem war nur, dass das nicht ging. Der Flughafen war geschlossen worden.
    Meine Kollegin war eine ältere Frau mit gerade einmal zwei Berufsjahren auf dem Buckel. Als die Maschine stand, befahl sie mir mit fester Stimme, die Passagiere zurückzuhalten, während sie die Tür einen Spaltbreit öffnete, um etwas frische Luft in die nach Erbrochenem stinkende Kabine zu lassen. Obwohl dies einer meiner ersten Flüge gewesen war, erschien mir das Durchfliegen meterhoher Luftlöcher weniger schlimm als das, was ich nun vor mir hatte: eine Kabine voller aufgebrachter Passagiere, die kurz vor einer Meuterei standen. In diesem Augenblick beging der Kapitän einen großen Fehler: Er informierte uns per Lautsprecher, dass wir auf einem wenige Flugminuten von unserem eigentlichen Zielflughafen entfernten Airport gelandet waren, was bedeutete, dass wir noch einmal starten und landen mussten, sobald der Sturm ein wenig abgeflaut war!
    Die Hälfte der Passagiere hatte die Nase gestrichen voll und beschloss, das Flugzeug zu verlassen, als der Flughafen zwei Stunden später wieder geöffnet wurde. Dafür nahmen sie auch in Kauf, ihr Gepäck zurückzulassen, das bis zur Landung am Flughafen Dallas-Fort Worth bei uns an Bord bleiben würde. Ein Mitarbeiter des Bodenpersonals musste die Passagiere quer über das Rollfeld zum Terminal begleiten, wobei er alle Hände voll zu tun hatte, nicht mitsamt seinem Schirm fortgeweht zu werden.
    Erst als ich den Kapitän im Cockpit sitzen sah, den Blick stier auf die Instrumententafel gerichtet, dämmerte mir, wie knapp es gewesen war. Doch es war nicht sein kreidebleiches Gesicht, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, sondern die Tatsache, dass sein blütenweißes Hemd schweißgetränkt war.
    Ich habe alles erlebt, die ganze Palette: abgebrochene Starts und Landungen, technische Probleme,

Weitere Kostenlose Bücher