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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Christiane. Die Schmerzen sind die Wehen. Und ohne die Wehen kriegt man kein Kind.
    |592| Wo ist die Ärztin? fragte er. Man kann sich betäuben lassen. Ich weiß das bestimmt. Ich will sofort mit ihr reden.
    Aber ich will kein Kind in der Betäubung haben, sagte Christiane fast singend. Ich will mein Kind bei Bewußtsein kriegen. Es soll nicht plötzlich da sein. – O Gott, mein Kind! sagte sie plötzlich überwältigt und machte sich frei von ihm und legte beide Hände gegen den Leib.
    So steht sie einen Augenblick da. Dann nimmt sie seinen Arm, und sie gehen weiter auf und ab. Sie gehen viele, viele Male hin und her. Manchmal miteinander sprechend, meistens aber stumm. Von Zeit zu Zeit wird Christianes Schritt zögernder. Sie stützt sich fester auf seinen Arm, ihre Lippen öffnen sich, ihr Atem wird schwer. Dann führt er sie, so rasch es geht, zu ihrer Zimmertür. Sie verschwindet, und er steht dann wartend draußen. Fünf Minuten, zehn Minuten.
    Christiane kommt zurück. Sie kommt zurück mit einem frischen Duft von Kölnisch Wasser, nimmt seinen Arm und geht weiter. War es dieses Mal sehr schlimm? fragt er wohl, wenn er den Ausdruck ihrer Augen bemerkt.
    O nein, mein Freund, antwortet sie dann lächelnd, dieses Mal war es noch nicht schlimm.
    Es dunkelt schon vor den Fenstern, und die weißen Lichtkugeln schimmern auf dem Gang, als Frau Doktor Säule kommt.
    Nun, junge Frau, ich muß doch einmal nach Ihnen sehen. Entschuldigen Sie, Herr Gäntschow.
    Die beiden Frauen verschwinden. Er steht wieder da. Und wartet. Nach einer Weile kommt Frau Doktor, allein. Nein, nein, sagt sie lächelnd. Ihre Frau kommt auch gleich. Gehen Sie ruhig noch eine oder zwei Stunden mit ihr auf und ab. Solange sie es eben aushält. Das ist ihr nur gut. – Ich denke, nicht vor Mitternacht, sagt die Ärztin überlegend, Schwester Erna sieht jedenfalls um sieben noch einmal nach. – Sie lächelt ihn aufmunternd an. Es steht alles gut, sagt sie. Das Kind liegt ausgezeichnet. Alles wird rasch und glatt gehen, wenn es erst soweit ist. Sie nickt ihm noch einmal zu und geht.
    |593| Er findet es unverständlich, daß sie so fortgehen kann, zu irgendwelchen Privatdingen.
    Nach einer Weile kommt Christiane wieder. Also marschieren wir weiter, sagt sie. Ich glaube, ich werde mein ganzes Leben von diesem Gang mit seinen lackierten Türen träumen. Weißt du noch, er ist beinahe wie der Gang im Gymnasium zu Stralsund, wo wir unser Einjähriges machten. Nur war der nicht so hell. Nun, wir haben ja auch damals unsere Prüfung gut bestanden.
    Sie nickt ihm lächelnd zu, und sie gehen weiter. Die Pausen, in denen Christiane fort ist, werden länger. Dann kommt eine Pause, die völlig endlos zu sein scheint, und als sie dann doch wider alles Erwarten zurückkommt, gibt sie ihm nur rasch die Hand. Ich lege mich jetzt hin, mein Freund. Also dann auf nachher!
    Sie nickt ihm flüchtig zu. Ihre Augen haben einen fieberischen, trockenen Glanz. Sie ist gar nicht recht bei ihm und bei dem Abschied.
    Christiane! ruft er erschrocken. Tia! Er möchte sie an sich ziehen. Ja, ja, mein Freund, sagt sie plötzlich seltsam ernst. So ist es! Nun müssen wir zeigen, was mit uns los ist. Ich habe, sagt sie plötzlich nachdenklich, ich glaube, ich habe keine Furcht. Und nun nimmt sie ihn in ihre Arme, drückt ihn an sich, küßt ihn einmal ganz rasch.
    Tia! ruft er. Ich wollte dir noch sagen …
    Aber der Gang ist leer. Hinter den Türen herrscht Schweigen. Er zieht die Uhr. Es ist sieben. Mitternacht, hat die Ärztin gesagt. Fünf Stunden! Nun, er wird sich doch noch fünf Stunden zusammennehmen können! Und dann ist alles gut. Er lehnt den Kopf gegen das kühle Fenster und beginnt zu warten.
    Nach einer Weile dreht er sich um, sieht in den Gang und wartet so weiter. Drüben, über der Ausgangstür des Ganges ist eine große Tafel. Manchmal leuchten da lautlos weiße und rote und blaue Kreise auf. Schwestern gehen dann eilig über den Gang und verschwinden in Zimmern. Danach erlöschen |594| die bunten Kreise. Er möchte gerne wissen, welcher Kreis Christianes Zimmer bedeutet, aber es geht niemand in Christianes Zimmer.
    Er sieht sich um. Der Gang ist grade leer. Auf den Zehenspitzen geht er vor ihre Zimmertür und lauscht. Aber nichts ist zu hören. Dies Haus ist marternd still. Er geht wieder an sein Fenster.
    Nun kommt die Hebammenschwester Erna den Gang herunter. Sie sieht ihn da stehen, aber sie nickt ihm nur kurz zu und geht in Christianes Zimmer. Er sieht auf

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