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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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schwarzledernen Gamaschen gemacht hatte.
    Was er, der Bauer Gäntschow, sich nun eigentlich denke mit seinen Hunden, Hettitern und Amalekitern, wieder sei eine Stadthose zerrissen und eine städtische Wade zerbissen.
    Woran man es denn wohl gesehen habe, daß es seine, die Gäntschowschen Hunde, gewesen seien, fragte der Bauer dagegen.
    Er möge nur fein ruhig sein, seine Hunde seien bekannt auf der ganzen Halbinsel, da brauche es keine Visitenkarte, sagte der Gendarm, aber er setzte sich doch ausruhend ins grüne Gras.
    Der Bauer riß eine Handvoll frischen Rohrs aus, knudelte es zusammen und fing an, sich den Rücken zu scheuern. Er müsse sich wundern, meinte er, was man da so leichtsinnig hinrede, er habe nur zwei Hunde, und daß das ganz harmlose Viecher seien, das habe der Gendarm ja eben erst gesehen: selbst bei seinem Anblick hätten sie freudig mit dem Schwanze gewedelt. – Wo doch die Hunde bekannterweise Uniformen gar nicht möchten, setzte er bedachtsam hinzu und verschwand mit dem Kopf unter Wasser.
    Der Gendarm mußte seinen Zornesausbruch ob solcher |10| Verlogenheit aufschieben, bis der Bauer wieder aufgetaucht war. Da der Bauer aber einen breiten Brustkasten hatte, dauerte es ziemlich lange. – Nicht nur der Bauer, auch der Zorn war danach etwas wäßrig geworden.
    Was man da sagen solle, meinte der Gendarm, wo es doch auf der ganzen Insel bekannt sei, daß der Gäntschow über dreißig Hunde habe.
    Er müsse sich immer mehr wundern, sagte der Bauer, seine Kopfhaut reibend, wie auch die Obrigkeit auf solch dummes Geklätsch hören möge. Zwei Hunde habe er, der Gendarm möge nur mit dem Gemeindevorsteher sprechen, zweie habe er auch nur versteuert.
    Und damit würde jetzt Schluß sein, versicherte der Gendarm zornrot, er selbst nehme es auf seinen Diensteid, daß er über zwanzig Hunde auf dem Warderhofe habe fressen sehen.
    Wohl, wohl, dies sei schon möglich, aber so sei er nun mal, er, der Bauer Gäntschow: bei ihm hätten alle Hunde aus ganz Fiddichow freien Tisch. Die Bauern auf dieser gesegneten Insel gäben ja ihren Hunden nie richtig zu fressen, er erbarme sich der Kreatur und zum Dank schöbe man ihm das ganze Hundepack der Halbinsel in die Schuhe.
    Jetzt war der Gendarm sprachlos und der Bauer trat gewaltig aus dem Wasserloch. Die Feuchte rann von seinen Lenden, er lockte den löwenartigen Hund und fragte den Gendarmen, ob er wohl glaube, daß dieser Hund sein eigener Vater, ja, er wolle es frei sagen, sein eigener Großvater sei?
    Ihm sei nicht nach Späßen zumute, sagte der Gendarm mürrisch, ob die städtische Hose und die städtische Wade bezahlt würden?
    Dieser Pux, sagte der Bauer, hat mit seiner Mutter dort, der blonden Sussi, Kinder gezeugt, die seine Brüder sind, von wegen der Mutter. Da er aber der Vater seiner Geschwister ist, ist er auch sein eigener. Hast du’s begriffen?
    Er solle nun aufhören damit und antworten, aber der Bauer sprach weiter: Mit einer seiner Töchter hat er wiederum Kinder |11| gezeugt, und da er der Vater seiner Frau und der Bruder seiner Enkelkinder ist, zugleich der Gatte seiner Mutter und Großmutter …
    Halt! schrie der Gendarm. Und wo sind die Kinder alle, wenn du nur zwei Hunde hast, Malte?!
    Keine habe ich, schrie der Bauer, siehe, ich verstoße auch noch die letzten!
    Und er stürmte nackt und wild auf die Hunde los, sie wichen blaffend, nackt raste ihnen der Bauer nach, wüste Steine aufhebend und nach ihnen werfend. Ein haariges bloßes Urwaldtier sah ihn der Gendarm durch die Felder hofwärts entschwinden, wilde Flüche auf die Biester ausstoßend, zu jenem Hofe, den zu betreten eben die verstoßenen Hunde unmöglich machten, selbst für den mutigsten Gendarmen. –
    Der Hof lag in dem sonst hier flachen Lande auf einer leichten Anhöhe, nicht höher als etwa ein umgekippter Suppenteller. Aber diese geringe Erhöhung genügte doch, um den Blick auf das Wasser nach fast jeder Himmelsrichtung frei zu machen. Im Westen war der Rieker Bodden, nach Süden der Dreeger, im Osten war oft, nicht immer die Lommer Wiek zu sehen, nach Norden freilich nichts. Denn hier hob sich das Land sachte und kaum merklich zur Steilküste, die das Meer verdeckte. Dafür stand dort der Leuchtturm von Sagitta, der Nacht für Nacht, Sekunde für Sekunde seine schmerzend weißen Lichtschwerter nicht nur über die See, sondern auch in alle Fenster stieß, daß die ganze Stube gespenstisch aufleuchtete, wieder in Schwärze fiel … aufleuchtete … Schwärze fiel. Und

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