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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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Gehirnerschütterung.
    Es wurde eben alles immer perfekter mit der Zeit in Gropiusstadt. Als wir hinzogen, war die großartige Modellsiedlung noch nicht fertig. Vor allem außerhalb des Hochhausviertels war vieles noch gar nicht perfekt. In kleinen Ausflügen, die auch wir jüngeren Kinder schon alleine machen konnten, erreichte man richtig paradiesische Spielplätze.
    Der schönste war an der Mauer, die ja nicht weit von Gropiusstadt ist. Da gab es einen Streifen, den nannten wir Wäldchen oder Niemandsland. Der war kaum 20 Meter breit und wenigstens anderthalb Kilometer lang. Bäume, Büsche, Gras so hoch wie wir, alte Bretter, Wasserlöcher.
    Da kletterten wir, spielten Verstecken, fühlten uns wie Forscher, die jeden Tag wieder einen uns bis dahin unbekannten Teil des Urwäldchens entdeckten. Wir konnten da sogar Lagerfeuer machen und Kartoffeln braten und Rauchzeichen geben.
    Irgendwann haben sie dann gemerkt, dass da Kinder aus Gropiusstadt spielten und Spaß hatten. Da sind wieder die Trupps angerückt und haben Ordnung gemacht. Dann haben sie Verbotsschilder aufgestellt. Nichts durfte man mehr, wirklich alles war verboten: Radfahren, auf Bäume klettern, Hunde frei laufen lassen. Die Polizisten, die wegen der Mauer da ständig rumlungerten, kontrollierten die Einhaltung der Verbotstafeln. Angeblich war unser Niemandsland jetzt ein Vogelschutzgebiet. Wenig später haben sie es zur Müllkippe gemacht.
    Dann gab es noch den alten Müllberg, der mit Erde und Sand abgedeckt war und auf dem wir oft mit unseren Hunden spielten. Der wurde dann auch erst mit Stacheldraht, dann mit hohen Zäunen gegen uns gesichert, bevor sie anfingen, da ein Aussichtsrestaurant zu bauen.
    Schön war es auch auf ein paar Feldern, die von den Bauern nicht mehr bestellt wurden. Da wuchsen noch Korn und Kornblumen und Mohnblumen und Gras und Brennnessel, so hoch, dass man bald bis zum Kopf darin versank. Die Felder hatte der Staat gekauft, um sie eben zu echten Erholungsgebieten zu machen. Stück für Stück wurden sie weggezäunt. Auf dem einen Teil der alten Felder machte sich der Ponyhof breit, auf dem anderen wurden Tennisplätze gebaut. Da gab es dann eigentlich nichts mehr, wo wir hingingen, um aus Gropiusstadt herauszukommen.
    Meine Schwester und ich arbeiteten und ritten dann ja wenigstens auf dem Ponyhof. Zunächst konnte man noch ausreiten, wohin man wollte. Dann wurde auf allen Straßen und Wegen das Reiten verboten. Sie hatten nämlich einen extra Reitweg angelegt. Schön mit Sand und wie ein ordentlicher Reitweg auszusehen hat. Kostete sicher eine Menge Geld. Dieser Reitweg führte direkt an den Bahngleisen entlang. Zwischen Zaun und Schienen waren so gerade zwei Pferdebreiten Platz. Da ritt man nun, und die Kohlegüterzüge donnerten vorbei. Es gibt wohl kein Pferd, das nicht ausrastet, wenn ein paar Meter neben ihm ein Kohlegüterzug vorbeidonnert. Unsere Pferde jedenfalls gingen dann meistens durch. Und man hat nur noch gedacht, hoffentlich läuft der Gaul nicht in den Zug. Aber ich war ja echt besser dran als die anderen Kinder, ich hatte meine Tiere. Meine drei Mäuse nahm ich manchmal mit auf den Spielplatz in die Sandkiste. An der Spielplatzordnung stand ja wenigstens nicht »Mäuse verboten«. Wir bauten ihnen Gänge und Höhlen und ließen sie darin laufen.
    Eines Nachmittags lief eine Maus in das Gras, das wir nicht betreten durften. Wir fanden sie nicht wieder. Ich war ein bisschen traurig, tröstete mich aber mit dem Gedanken, dass es der Maus draußen viel besser gefallen würde als im Käfig.
    Ausgerechnet am Abend dieses Tages kam mein Vater in das Kinderzimmer, sah in den Mäusekäfig und fragte ganz komisch: »Wieso sind da nur zwei? Wo ist denn die dritte Maus?« Ich witterte noch kein Unheil, als er so komisch fragte. Mein Vater hatte die Mäuse nie gemocht und mir immer wieder gesagt, ich solle sie weggeben. Ich erzählte, dass mir die Maus auf dem Spielplatz weggelaufen sei.
    Mein Vater sah mich an wie ein Irrer. Ich wusste, dass er nun total ausrastete. Er schrie und schlug sofort zu. Er schlug und ich war eingezwängt in meinem Bett und kam nicht raus. Er hatte noch nie so zugeschlagen und ich dachte, er haut mich tot. Als er dann auch auf meine Schwester eindrosch, hatte ich ein paar Sekunden Luft und versuchte instinktiv zum Fenster zu kommen. Ich glaube, ich wäre rausgesprungen, aus dem 11. Stock.
    Aber mein Vater packte mich und warf mich auf das Bett zurück. Meine Mutter stand wohl wieder weinend

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