Wir Kinder von Bergen-Belsen
bemerkte ich einen hochdekorierten englischen Militäroffizier und einen kleineren Mann in einem schwarzen Anzug, die neben dem Tor standen. Ich ging auf sie zu.
Ich fragte den Offizier, ob er einer der Befreier von Bergen-Belsen gewesen sei. »Nein«, sagte er, »aber dieser Herr neben mir war einer von ihnen.« Dann fügte er hinzu: »Er war der junge Soldat, der mit dem Bulldozer die Leichen zu den Massengräbern gebracht hat. Sie müssen ihn schon oft im Fernsehen gesehen haben.«
Ich wurde Frank Chapman vorgestellt, und bevor er verstand, was los war, umarmte ich ihn und bedankte mich nach all den Jahren, dass er mich befreit hatte. Damals sei ich unfähig gewesen, es zu tun, denn ich hätte nicht aus dem Bett aufstehen können, um selbst die Befreier zu begrüßen.
Dann deutete Frank Chapman auf eine Person in der Menge, die ich die ganze Zeit nie vergessen hatte. Sein Profil hatte sich tief in mein Gedächtnis eingegraben, und als ich ihn nach all den Jahren sah, rannte ich zu ihm und umarmte ihn, wie ich Frank umarmt hatte. Ich dankte ihm und küsste ihn, nach fünfzig Jahren, Dick Williams, den stolzen jungen Soldat, der am 13. April als Erster Bergen-Belsen betreten hatte, mit einer weißen Fahne in der Hand.
Später gab die Britische Armee, die noch immer die vierzig Quadratkilometer Land besaß, die sie 1945 von den deutschen Generälen erhalten hatte, ein Mittagessen für die früheren Häftlinge. Bei diesem Essen traf ich nach fünfzig Jahren Helen und Zosua wieder, die Schwester Luba geholfen hatten, auf uns aufzupassen.
Die ernste Gedenkfeier am 27. April 1995 fand auf dem Gelände statt, das einmal Bergen-Belsen gewesen war. Das Konzentrationslager gibt es nicht mehr, nur die stillen Massengräber erzählen die schreckliche Geschichte dessen, was sich hier während des barbarischen Naziregimes zugetragen hat.
Ich hatte große Vorbehalte, Bergen-Belsen noch einmal zu betreten, doch überraschenderweise lebten die Schrecken nicht wieder auf, wie ich erwartet hatte. Stattdessen war es, als würden mir die Massengräber sagen:
»Wir haben jetzt unseren Frieden.«
Fotografien 1932-1995
Die zwölfjährige Hetty.
Als Hetty achtzehn Monate alt war, reiste sie mit ihrem Vater von Amsterdam nach Antwerpen, um ihre Großeltern zu besuchen. Oma Hetty, Großvater Zadok und Onkel Abraham, 1932.
Ein Tag am Strand mit Oma Hetty und ihren
vier Schwestern. Zandvoort, Juli 1935. Hetty trägt einen »Strandanzug«, damals sehr modern, den Oma Hetty für sie genäht hatte.
Hetty, sieben Jahre alt, angezogen für ihre Schwimmprüfung. In den Niederlanden wurde dafür von den Kindern verlangt, fünfundzwanzig Meter in voller Kleidung zu schwimmen. Die meisten Kinder schwammen in witzigen Kostümen. Hetty war eine rosafarbene Ballerina und gewann den ersten Preis für ihr Kostüm als »Rosaglückliche Puppe«.
Oma Hetty, eine sehr intelligente Frau
und begeisterte Leserin, während eines Urlaubs in Bergen aan Zee, 1938.
Max, Hetty und Jack in der President Brandt Schule, 1941.
Tante Henriette Werkendam (Jettie).
Onkel Max Werkendam. Er starb am 30. Mai 1945 in einem Hospital im britischen Camp, nach der Befreiung.
Hettys Kusine, Millicent, und ihr Cousin Max. Zusammen mit ihren Eltern, Phillip und Branka van Kamerik, waren sie im September 1944 im letzten Transport nach Auschwitz. Nach ihrer Ankunft wurden sie in die Gaskammern geschickt.
Hettys Schulfreunde, President Steynplantsoen, Amsterdam 1941. Von links nach rechts: Beppie Gerritsen, Beppie Achtsteribbe, Marietje van der Bijl und der kleine Hansje Gerritsen. Alle wurden deportiert und in Auschwitz vergast. Im obersten Stock des Hauses direkt hinter der Gruppe befand sich die Wohnung der Familie Pomstra.
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Leni und Maurice, Schulfoto, 1941.
Herman, Hettys Schülerliebe. Er starb in Treblinka.
Sonja Santiel, Hettys Freundin. Sie war unter den ersten, die nach Auschwitz geschickt wurden, wo sie starb.
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Leni, am Tag nach der Befreiung. Ihr Arm zeigt das ganze Ausmaß ihrer Unterernährung. Jackie sitzt auf der Pritsche darunter. (Mit Erlaubnis des British Imperial War Museum, London)
Das Kinderhaus, Baracke 211. (Mit Erlaubnis des British Imperial War Museum, London)
Kurz nach der Befreiung - Luba und »ihre Kinder« hinter dem Stacheldrahtzaun des Lagers Bergen-Belsen. (Photo AP/WIDE WORLD)
Dick Williams, der junge britische Soldat, der als erster mit einer weißen Flagge Bergen-Belsen betreten hat, am Freitag, dem 13. April
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