Wir schaffen es gemeinsam
Vorschuß.“
Da bedauerten Yvonne und ich zum erstenmal, daß wir keinen Sekt hatten. Wir hatten das Verlangen, auf „Die Dame von Heute“ anzustoßen.
Eine neue Tätigkeit
„Das Gute kommt nie allein“, sagte Yvonne. Sie hatte gerade Geld für Ninis Bild bekommen, das sehr gefallen hatte. Außerdem kam ein Auftrag von „Die Dame von Heute“: eine Anzeigenserie für einen Parfümgrossisten.
Unsere gemeinsame Kasse hatte Geld auch bitter nötig, zu vieles war im letzten Monat vernachlässigt worden. Und dann die vielen Läpperschulden und all die Pfandscheine! Dazu meine Arztrechnung!
Ich ging zu dem jungen Onkel Doktor hinüber, um die Rechnung zu begleichen.
Während er meinen Namen in der Kartothek suchte, hörten wir, wie die Tür zum Wartezimmer aufgerissen wurde – und im selben Augenblick auch schon die Tür zum Sprechzimmer. Die Frau vom Milchgeschäft, die im ersten Stock dieses Hauses ihre Wohnung hatte, kam hereingestürzt.
„O Gott, ich habe mich so fürchterlich verbrüht…“, die Tränen strömten ihr über das Gesicht, und sie streckte dem Arzt einen glühend roten, verbrannten Arm hin.
Dr. Steneng handelte schnell und wortlos. Ich starrte mit offenem Munde auf den verbrühten Arm. Brandsalbe, Umschlag und um das Ganze dann eine Mullbinde. In drei Minuten war alles erledigt.
„Eine Schande, daß die Leute so was nicht selber machen können“, murmelte er. Er schrieb eine Quittung für mich aus, nahm das Geld in Empfang – kurz und geschäftsmäßig. Heute war er offensichtlich nur wieder Arzt.
Wenn ich gewußt hätte, wieviel mir der verbrühte Arm der Milchfrau bedeuten sollte!
Sonnige Maitage. Ich machte die Augen zu, wenn ich an Kleidergeschäften oder Schuhläden mit den neuen leichten, flachen Sandalen vorüberging. Es war nur ein Glück, daß ich soviel aus reichen, alten Tagen anzuziehen hatte. Die Sommerkleider vom vorigen Jahr waren gar nicht so übel. Ich holte sie heraus, um sie zu untersuchen. Die Shorts und die Strandjacke packte ich mit einem Seufzer wieder ein. Für die würde ich in diesem Jahr bestimmt keine Verwendung haben, o nein. Ich war überhaupt ziemlich nervös. In kurzer Zeit war Schluß mit der Pflanzarbeit. Was sollte ich dann beginnen?
Aber ein Zufall kam mir zu Hilfe.
Ich hatte bei einer freundlichen Witwe, mit der ich mich auf das lebhafteste unterhielt, dreißig Zimmerpflanzen umgetopft.
Und ich ermahnte sie, ihnen reichlich Wasser zu geben, namentlich den kleinen Ablegern vom fleißigen Lieschen, die ich für sie gesetzt hatte.
„Ach ja, es ist alles so schwierig“, seufzte sie. „Ich will jetzt im Sommer verreisen, und – hören Sie mal, Sie sind doch Blumendoktor. Könnten Sie nicht während meiner Ferien die Zimmerpflanzen in Pflege nehmen?“
Ich Schafskopf! Warum hatte ich daran nicht schon längst gedacht? Selbstverständlich – sie würden im Atelier mit der vielen Sonne vorzüglich gedeihen. Man brauchte nur auf jede einzelne Pflanze einen Zettel zu heften, mit Namen und Adresse des Besitzers, dann und dann übernommen, zu dem und dem Datum wieder abzuliefern. Ein ganz neuer Zweig meines Geschäfts!
„Aber natürlich“, sagte ich rasch, „das tue ich gern. Ich hole und bringe sie und verpflichte mich, sie erstklassig zu pflegen.“
„Das ist ja ausgezeichnet!“ sagte die Witwe erfreut. „Könnten Sie meine nicht am – sagen wir mal am 15. Juni abholen?“
Ich notierte mir den 15. Juni und machte mich aus dem Staub, ehe ihr einfiel, daß sie mich fragen müsse, wieviel ich dafür berechnete. Das mußte ich mir nämlich selbst erst ausrechnen.
Ein paar Tage darauf hatten Yvonne und ich eine umfangreiche Arbeit zu bewältigen. Sie mußte mir helfen, denn es eilte. Wir zogen durch die ganze Stadt und steckten abermals Reklamekarten in die Briefschlitze.
Ihre Zimmerpflanzen werden für den Sommer in Aufbewahrung genommen. Vernachlässigen Sie Ihre Blumen nicht, während Sie in Urlaub sind! Senden Sie dem Blumendoktor Wibke Grundt, Lindenstraße 12, eine Karte. Die Pflanzen werden abgeholt und zurückgebracht.
Und die Postkarten kamen, wie erhofft! Ich holte haufenweise Pflanzen ab. Es war eine mühselige Arbeit, sie zu bezeichnen und aufzustellen. Sie wurden unter das Dachfenster auf lange Bretter gestellt, die auf Klötzen ruhten. Schön sah es nicht aus, aber das war nicht zu ändern. Und lüften mußten wir den ganzen lieben, langen Tag und die Nacht dazu, sonst wären wir vom Blütenduft betäubt worden. Wir
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