Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Gewicht einsetzen – also nichts für halbe Portionen –, um es einigermaßen eiernd durch die Kurve zu bringen, denn durch die große Aufstandsfläche des Rades will es einfach nicht über die Reifenkante in Schräglage. Ganz gewittrig wird es, wenn die Kurve sehr eng ist oder der Kurvenradius immer enger wird. Für diese Situation von mir ein Tipp für die, die hinterherfahren müssen: Extragroßen Abstand halten, denn jede Kurve ist eine echte Herausforderung und kann für ein ungewolltes Absteigen des Fahrers sorgen. Ein Trip durch die Schweiz mit all den schönen kurvigen Bergstraßen zum Beispiel wäre mit so einem Bike die Hölle!
Skizze des Getriebeproblems
Welch ein Glück, dass die deutschen Hells Angels nicht allzu viel fahren, das würde ja sonst am Ende noch in richtig harte Arbeit ausarten! Zum Beweis: Motorradreifen müssen in der Regel so etwa alle 5000 bis 7000 Kilometer ausgetauscht werden, weil sie eine recht weiche Gummimischung haben. Viele Hells Angels müssen aber ihre Pelle nur alle vier Jahre wechseln, weil die Bikes eben kaum bewegt werden. Ich schätze mal, so etwa 1500 bis 2000 Kilometer im Jahr kommen zusammen, eine erstaunliche Leistung zwischen Clubhaus, Pizzeria und Eisdiele. Man muss schließlich das Mopped auch herzeigen in der Stadt. Tja, so sind halt die »Höllenengel«.
Die Moppeds mit den ganz dicken Reifen brauchen übrigens theoretisch gar keinen Seitenständer, denn aufgrund der breiten Hinterräder bleiben sie vor der Pizzeria eigentlich ganz von alleine gerade stehen. Aber weil manchmal doch ein raues Lüftchen in Deutschland weht, wird zur Sicherheit das Hilfsbein ausgeklappt. Man will ja keine Kratzer im schönen Lack riskieren. Und mal ganz davon abgesehen: Der Ständer ist ja auch vom TÜV vorgeschrieben – und da die Jungs sich stets an unsere Gesetze halten, für sie ein selbstverständlich absolutes Muss …
Fazit: Viel Spaß beim Fahren – vor allem in den Kurven.
Ab auf die Fresse
Doch auch bei Könnern auf dem Bike geht mal etwas schief. Mir ist beim Anhalten mal eine Riesenlachnummer passiert. Peinliche Story, aber ich erzähle sie euch trotzdem.
Vor vielleicht sechs Jahren, es war Herbst, wollte ich eine schöne geschmeidige Tour machen, nur mein Mopped und ich. Ich hatte mich dick eingemummelt, das Bike war geputzt, mein Helmvisier sauber, und ich hatte blendende Laune. Doch leider war das – wie sich bald herausstellen sollte – absolut nicht mein Tag. Das Elend fing schon an, als ich losfahren wollte: Rauf aufs Bike, Motor an, ein wenig warmlaufen lassen, dann Gang rein, wenig Gas, Kupplung kommen lassen und – zack! – Motor aus, und ich lag auf der Seite. In meinem Übermut hatte ich vergessen, das Bremsscheibenschloss am Vorderrad zu entfernen. So ’ne Scheiße!
Nachdem ich das Teil wieder gerade stehen hatte, erst einmal den Seitenständer raus und das Schloss entfernen. Schadensbilanz: Ein Blinker hing auf halb acht, und im Tank hatte ich eine klitzekleine Delle. Vor Wut über das Schloss und mich selbst drehte ich mir erst mal eine und setzte mich in die Herbstsonne, bis ich mich halbwegs beruhigt hatte. Irgendwann dachte ich: »Okay, auf ein Neues!«
Jetzt lief auch alles perfekt – dachte ich zumindest. Nach nicht einmal fünf Minuten fuhr ich auf einer kleinen Nebenstraße leicht bergauf in Richtung einer Kreuzung mit der Hauptstraße. Dort musste ich anhalten, um mich einordnen zu können. Was ich dabei nicht mitbekam: Die Straßenkehrer waren schon fleißig gewesen und hatten das nasse Herbstlaub von den flankierenden Bäumen an den Straßenrand gekehrt. Ich fuhr langsam an die Kreuzung, und da von links Autos kamen, musste ich stoppen. Weil ich nach rechts abbiegen musste, rechtes Bein raus und anhalten. Und – zack! – mein Fuß rutschte auf dem nassen Laub weg, und ich legte mich wieder auf die Fresse und wurde von meinem Mopped begraben. Sofort schoss mir die Schlagzeile »Hells Angel legt sich beim Anhalten wie ein Idiot aufs Maul« durch den Kopf. War schließlich für alle zu sehen, ich hatte ja meine Kutte an.
Wenn ihr glaubt, die Story wäre jetzt zu Ende – ne, es kam noch schlimmer. Auf der anderen Seite der Kreuzung war ein Kiosk, ein Treffpunkt für Trinker und Ähnliche. Da sah ich, noch immer unter dem Mopped, wie sich ein Rollstuhlfahrer, der meinen Abflug wohl beobachtet hatte, in meine Richtung aufmachte. Todesmutig stürzte er sich mit seinem Rolli auf die Hauptstraße. Die Autos hupten wie bekloppt, was
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