Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Rennteam neidisch werden. Bei all diesem sorglosen Herumwerkeln kamen mir so langsam Zweifel, ob das Ding jemals eine Ziellinie überfahren würde. Na ja, die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt.
Dann kam der erste große Renntag – und tatsächlich erreichte unser Dragster unbeschadet die Ziellinie. Nach dem Blick auf die Rennzeitanzeige gab es allerdings keinen Grund zur Freude: letzter Platz. Was für eine Enttäuschung! Aber die Jungs blieben optimistisch. Sie stellten nach dem Rennen alles wieder auf Anfang. Ihrer Meinung nach lag es am Renngerät, also musste ein noch besserer Dragster an den Start, einer mit noch besseren Teilen. »Besser« steht hier übrigens für »noch teurer«.
Es folgte eine weitere Einkaufstour, und man werkelte und bastelte auf Teufel komm raus, von Selbstzweifeln keine Spur. Die Erkenntnis, dass vielleicht nicht nur das Wollen nicht ausreichte, sondern auch das Können, und das Talent des Fahrers eine wesentliche oder, besser gesagt, die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg sein könnte, fiel den Hells Angels im Dragster-Team nicht ein. Es kam, wie es kommen musste: Auch die neue, aufgerüstete Maschine belegte bei den Rennen immer nur die hinteren Plätze – wenn das Teil überhaupt mal problemlos lief.
Stur wurde weitergebastelt. Dann kam der Tag, als die neueste, jetzt hoffentlich erfolgreiche Maschine bei einem Dragster-Race vorgestellt werden sollte, das als Rahmenprogramm bei einem normalen Motorradrennen stattfand. Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen! Ich stand unmittelbar daneben, als in einer Rennpause das Dragster-Team die Maschine anzulassen versuchte, um ein paar Meter zu fahren. Nach mehreren vergeblichen Startversuchen sprang die Höllenmaschine endlich an, und wir konnten zumindest mal hören, wie die zwei Zylinder ohrenbetäubend losballerten. Nach kurzer Zeit und ein wenig Herumrollen, fünf Meter vor, wieder zurück, fünf Meter vor, wurde der Dragster wegen drohender Motorüberhitzung ausgestellt. Zugegeben, das Ganze hatte sich schon recht imposant angehört.
Doch wenige Sekunden nach dem Ausstellen sahen wir, wie kleine Flammen zwischen Motor und Tank aufzüngelten – getankt wurde Nitro-Methanol, ein hochexplosiver Sprit. Nach vielen Warnrufen unsererseits bekam auch das Dragster–Team mit, dass seine immens teure Rennmaschine brannte, und man wollte hektisch löschen. Die Flammen waren mittlerweile schon recht groß, doch leider mussten wir und das Team feststellen, dass bei all dem Riesenaufwand von Kosten, Zeit und Nerven alles vorhanden und griffbereit war – nur kein Feuerlöscher. Ob das Team überhaupt einen besaß, weiß ich nicht. Die Flammen wurden größer, und wir mussten zusehen, wie unser Dragster in der Zeit abbrannte, bis clubfremde Leute Feuerlöscher heranschleppten. Der Schaum und das Pulver aus den Löschern bedeckten jetzt die traurige Dragster-Leiche.
Jedes andere Team würde sich spätestens jetzt mal fragen, ob es für ein solches Unterfangen geeignet ist. Nicht so die Hells Angels, speziell das Dragster-Team. Frei nach dem Motto: Von so etwas lassen wir uns nicht unterkriegen! Ich hatte aber mittlerweile große Bedenken, was das Projekt Dragster anging.
Der abgebrannte Dragster wurde also wieder aufgebaut. Eigentlich total irrsinnig, denn im Prinzip kann man so etwas nicht mehr aufbauen, sondern am besten wäre eine neue Maschine. Aber den Hells Angels fehlte zu diesem Zeitpunkt diese Erkenntnis. Man bestellte neue Teile, und die Reparatur lief auf vollen Touren. Es gab ständig Probleme und Rückschläge, nichts passte mehr so richtig zusammen, was eigentlich kein Wunder war. Das Ergebnis war, dass der Wiederaufbau doppelt so teuer kam wie gleich eine neue Maschine. Immerhin, dieser Dragster war technisch einwandfrei und das Beste, was auf der Rennstrecke am Start war. Das Blöde war nur, dass erst jetzt klarwurde: Die anderen Dragster-Fahrer waren unserem Rennfahrer um Längen voraus.
So sieht ein Sieger aus
So langsam wurde es mir zu bunt. Irgendwer musste diesem Treiben ein Ende setzen. Da ich selbst früher Motorradrennen gefahren war, tat es mir schon leid, gegen das Dragster-Racing-Team vorgehen zu müssen. Aber was sein muss, muss sein: Das Projekt war ja ein Fass ohne Boden. Auf dem nächsten Officers-Meeting Germany machte ich daher meinem Ärger Luft und stellte die Aktion in Frage.
Zunächst suchte man in den eigenen Reihen nach einem besser geeigneten Piloten, aber das schlug fehl, denn
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