Wir sind doch Schwestern
Kombination wird sie unbestechlich sein.« Katty hatte Heinrich erzählt, dass sie Paula gebeten hatte, mit Gertrud zu reden, aber sie hatte keine Argumente, um ihm zu widersprechen. Es konnte tatsächlich passieren, dass ihre eigene Schwester sie ans Messer lieferte. Katty wollte nicht darüber nachdenken. Es half nichts. Sie würden abwarten müssen.
Es war ein langer Prozesstag geplant. Noch einmal würde Katty unter Eid aussagen müssen, auch Heinrich Hegmann und Anna Maria sollten abschließend zu einigen Klagepunkten Stellung beziehen. Es waren weitere Zeugen geladen, darunter die Zeugin Gertrud Franken, die von der Gegenseite benannt worden war. Für Katty waren die entwürdigenden Vorhaltungen inzwischen fast zur Routine geworden. Erneut verneinte sie ein ehewidriges oder gar ehebrecherisches Verhältnis zu Heinrich. Als sie ein weiteres Mal nach den Potenzmitteln gefragt wurde, platzte ihr der Kragen.
»Da kann man mal sehen, wie unlogisch die Klägerin argumentiert. Wenn ich selbst mit Herrn Hegmann ein intimes Verhältnis gehabt hätte, warum hätte ich ihm dann Potenzmittel mit in die Flitterwochen geben sollen, damit er sich miteiner anderen Frau vergnügt? Das ergibt doch keinen Sinn. Das ist eher angehalten, Inhalt eines Groschenromans zu sein.«
Sie wurde daraufhin ermahnt, sie möge bitte nur die Fragen beantworten und die Urteile dem hohen Gericht überlassen. Katty kochte vor Wut. Ob ihr bewusst gewesen sei, dass Anna Maria Hegmann zur Traurigkeit neige und ein besonders sensibler Mensch sei, der, der eigenen Aussage nach, mit der »Robustheit der Zeugin Franken« nicht habe mithalten können?
»Die Klägerin war während der Ehe einige Wochen bettlägerig. In dieser Zeit habe ich sie gepflegt und mit ihrem Ehemann besprochen, dass man sie schont.«
»Und haben Sie Interesse daran gezeigt, warum es der Klägerin schlecht ging?«
»Sie sprach über große Müdigkeit und Schwäche. Als ich fragte, ob ich den Arzt rufen lassen solle, hat die Klägerin das verneint. Ich habe mich daraufhin bemüht, sie mit einer kräftigen Hühnersuppe wieder auf die Beine zu bringen.«
»War Ihnen bewusst, dass die Schwermut der Klägerin in Ihrem Bleiben auf dem Hofe begründet war?«
»Nein.«
»Warum haben Sie den erwähnten Zahnarzt nicht geheiratet?« Katty war erstaunt und schaute zu Heinrichs Rechtsanwälten. Wahrheitsgemäß antwortete sie: »Weil er nie um meine Hand angehalten hat.«
»Hatte das mit Ihrem Verhältnis zum Beklagten zu tun?«
»Nicht dass ich wüsste.«
Es ging weiter mit alten und neuen Fragen, und irgendwann war es vorbei. Noch einmal mach ich das nicht mit, schwor sich Katty. Inzwischen war es ihr fast egal, was die Richter von ihr dachten, sie wollte nur, dass es endlich ein Ende nahm.
Es folgte ein Wortgefecht der Anwälte, dann wurde Gertrud aufgerufen. Katty wurde übel, als sie sah, wie ihre Schwester in aufrechter Haltung den Zeugenstand betrat. Heinrichdrehte sich zu ihr um, auch er schien blass im Gesicht. Als Gertrud gefragt wurde, ob sie mit den Parteien verwandt oder verschwägert sei, zögerte sie einen kurzen Moment und sagte dann: »Nein, bin ich nicht.«
»Sie sind von der Klägerin als Zeugin benannt. Hat die Klägerin Ihnen gegenüber folgenden Satz gesprochen: Ich bin nachts gut genug, um die Ehefrau zu sein, aber sonst hat mein Mann für mich nichts übrig.«
»Ja, das hat sie.« Im Saal wurde es unruhig, und Katty rutschte auf der Bank nach unten. Das war’s, dachte sie.
»Wie haben Sie darauf reagiert?«
»Ich habe die Beklagte gefragt, was sie damit sagen wolle.«
»Was hat sie geantwortet?«
»Sie hat mir nicht auf die Frage geantwortet, sondern sagte nur: ›Ach, du bist ja ihre Schwester‹.«
»Hat sie diese Aussage nicht stutzig gemacht?«
»Ich pflege mich nicht in das Eheleben anderer Menschen einzumischen.« Lachen im Saal. Heinrich drehte sich erneut um und schaute Katty fragend an.
»Stimmt es denn, dass die Hauswirtschafterin Katharina Franken, als die Klägerin kurz verreist war, um Mitternacht aus dem Zimmer des Beklagten gekommen ist?«
»Ja.« Auf einmal war es totenstill.
»Und ist Ihnen bekannt, dass die Klägerin am Tage darauf ihr Nachthemd im ehelichen Bett nicht an der Stelle wiederfinden konnte, an der es sonst immer lag?«
»Ja, auch das ist richtig.« Jetzt brach im Saal ein regelrechter Tumult aus.
»Danke schön, Fräulein Franken. Sie sind damit als Zeugin entlassen.« Katty schlug die Hände vors Gesicht. Sie
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