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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stumpf, die Naht platzte und die Ader riß. Da habe ich ihn abgebunden, so gut, wie ich dachte. Der Kamerad wurde gerettet.« Er lächelte wieder.
    Die Ärztin beugte sich über das Kind. »Rufen Sie bitte den Krankenwagen der Lindenburg«, sagte sie. »Nebenan, auf meinem Schreibtisch, steht das Telefon. Sie kennen die Nummer?«
    »Zufällig ja.«
    Immer noch lächelnd eilte Dr. Perthes in den Nebenraum. Es war ein kleiner Salon mit Chippendalemöbeln, einem runden Tisch, einem Schreibtisch, einer gemütlichen Couchecke und weichen Sesseln.
    Während er den Hörer abnahm, die Nummer wählte und wartete, bis der Apparat der Krankenhausaufnahme frei wurde, las er in einem zufällig auf dem Schreibtisch liegenden Paß die Angaben über die unbekannte Kollegin:
    ›Dr. med. Angela Bender, geb. 24.8.1920 in Würzburg – Haare: schwarz, Augen: braun, Größe: 1,68 m, Gewicht: 54 kg. Besondere Kennzeichen: kleine Narbe am linken Oberschenkel durch Bombensplitterverletzung.‹
    Mit einem zufriedenen Lächeln klappte Dr. Perthes den Paß wieder zu und bestellte dann über die inzwischen frei gewordene Leitung den Krankenwagen.
    Als er zurück in das Behandlungszimmer kam, saß Dr. Bender neben dem Jungen und fühlte den Puls.
    »Haben Sie eine Ahnung, wie der Junge heißt?« fragte sie.
    »Keine Spur! Aber er muß aus dieser Gegend sein; er hatte einen Roller bei sich und ein Eis in der Hand.«
    »Das besagt nicht viel.«
    »Stimmt! Soll ich die Polizei rufen?«
    »Es wäre vielleicht besser.«
    Sie schaute zu ihm auf. Ihre Augen trafen sich für einen Augenblick. Er ist ein netter Kerl, dachte sie. Er ist geistesgegenwärtig und weiß sich zu helfen. Sein Anzug, sein neues, helles Jackett ist voller Blut, und er beachtet es gar nicht. Er wird die Flecken nie wieder herausbekommen. Ihre frauliche Seele regte sich.
    »Ihr Jackett ist verdorben«, meinte sie. »Nichts geht schwerer aus einem solchen Stoff heraus wie eingetrocknetes Blut.«
    »Wie recht hatte da Goethe, als er sagte: ›Blut ist ein ganz besonderer Saft!‹« Dr. Perthes sah an sich hinunter. »Total hinüber«, sagte er dann und blickte die Ärztin schelmisch blinzelnd an. »Wenn sich der Vater des Jungen meldet, müßte er mir als Lebensretter eigentlich einen neuen Anzug kaufen. Was meinen Sie?«
    Dr. Angela Bender betrachtete den Jungen. »Zuerst will ich ihn durchbekommen. Lassen Sie Ihre Jacke hier, ich will es heute abend mit Benzin versuchen.«
    »Und ich darf so lange warten?« fragte Dr. Perthes erfreut.
    »Es wird ihnen ganz sicher langweilig werden.«
    »In Ihrer Gegenwart – nie!«
    »Ich werde in der Klinik sein«, verwies sie ihn. »Mein Mädchen wird Ihren Rock säubern.« Angela Bender sah Dr. Perthes wieder mit jenem kritischen Blick an, als stünde er hinter dem Leuchtschirm eines Röntgenapparates. »Sie scheinen viel Zeit zu haben.«
    »Glauben Sie?« Dr. Perthes setzte sich neben den Untersuchungstisch und befühlte den Brustkorb des Jungen.
    »Lassen Sie das!« Die Ärztin schlug ihm leicht auf die Hand. »Solch eine Unvernunft! Der Junge hat eine Rippenquetschung, und Sie drücken daran herum!« Sie betrachtete seine Hände. »Sie haben Hände, die anscheinend noch nie gearbeitet haben.«
    »Weil sie ohne Schwielen sind?« Er massierte den Handrücken, auf den sie geschlagen hatte. »Sie hätten Lehrerin statt Ärztin werden sollen. Sie haben einen wirklich guten Schlag.«
    »Was sind Sie eigentlich?« Angela Bender richtete sich auf und wusch die Hände in einer sterilen Lösung. Es roch stark nach Karbol. »Nicht einmal vorgestellt haben Sie sich!«
    »Was ist ein Name?« fragte Dr. Perthes. »Schall und Rauch – wenn kein vollwertiger Mensch dahintersteckt.«
    »Da haben Sie recht.« Dr. Bender winkte ab. »Ich bin auf Ihren Namen auch nicht neugierig.«
    Auf der Straße vor dem Haus hielt ein Auto. Dr. Perthes schob die Gardine zurück und blickte hinaus. Die Flurglocke schrillte.
    »Das Krankenauto der Lindenburg ist da«, sagte er.
    »Endlich!«
    Sie lief zur Tür und öffnete. Zwei Krankenwärter mit einer Trage traten ein und hoben den Jungen vorsichtig auf die breiten Leinengurte. Die Ärztin deckte den kleinen Patienten mit einem sterilen Tuch zu.
    »Ich fahre mit«, sagte sie nur. Dann gab sie Dr. Perthes zögernd die Hand und nickte ihm zu. »Haben Sie vielen Dank für ihre schnelle Hilfe. Wenn Sie wollen, lassen Sie Ihre Jacke in der Küche bei dem Mädchen. Auch Ihre Adresse. Ich schicke Ihnen das Jackett dann

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