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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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herausgekommen.
    Am Ende musste ich eine Querstraße entfernt parken. Von dort aus rannte ich dann bis zum Eingang des Krankenhauses.
    Ich war nicht mehr dort gewesen, seit ich letztes Jahr während unseres Sommerurlaubs auf der Insel dieses schlimme Fieber hatte. Normalerweise befinden sich nur wenige Leute in der Eingangshalle. Eine Schwester oder ein Krankenpfleger, die dort an dem Schalter sitzen, ein Vater oder eine Mutter mit einem weinenden Kind und vielleicht der ein oder andere der älteren Inselbewohner, um irgendeine Routineuntersuchung machen zu lassen. Es herrscht meist eine ruhige, fast friedliche, von Desinfektionsmittel und künstlichem Licht geprägte Atmosphäre.
    Aber heute war die Hölle los.
    Der Empfangsbereich war so brechend voll, dass ich den Schalter gar nicht sehen konnte, nur eine Menschenmenge, die ungeduldig vor- und zurückwogte. Stimmen hallten von den Wänden. Ich hatte mich kaum zwei Schritte von der Tür entfernt, da kam Mrs Stanfield, die Lehrerin aus der vierten Klasse, mit einem kleinen Mädchen herein, das niesend und plappernd durch die Gegend sprang.
    »Meine Tochter braucht Hilfe!«, rief sie. »Alle hier brauchen Hilfe!«, brüllte jemand zurück. »Warten Sie, bis Sie an der Reihe sind!« Und noch jemand anderes fing an zu schluchzen. Ringsum husteten und niesten die Leute, rieben sich über die Kleider, um gegen einen Juckreiz anzukämpfen, der sich durch Kratzen offensichtlich nicht bessern wollte. Der Geruch nach Desinfektionsmittel lag immer noch in der Luft, wurde aber durch Schweißgeruch und irgendetwas Saures überdeckt, von dem mir ganz übel wurde.
    Ich war so in Panik gewesen, als ich das Haus verließ, dass ich meine Schutzmaske vergessen hatte, und kam mir nun vor, als wäre ich nackt dort hineinspaziert. Aber ich würde auf keinen Fall umkehren und noch mal zurückfahren, um sie zu holen. Also hielt ich mir den Ärmel vor die Nase und zwängte mich in den Raum.
    Eine Schwester mit einer Schutzmaske, einem Plastikkittel, der aussah wie ein dünner Regenmantel, und langen Latexhandschuhen nahm gerade eine Blutprobe von einer älteren Frau, die sich ununterbrochen am Kinn rieb. Hinter der Schwester stand ein Rollwagen mit beschrifteten Proben – die wahrscheinlich darauf getestet wurden, wer sich wirklich mit dem Virus infiziert hatte. Sie haben es garantiert alle, dachte ich. Einen Moment lang bekam ich keine Luft. Ich hatte auf einmal das Gefühl, komplett von dem Virus umgeben zu sein, als läge ein richtiger Nebel davon überall in der Luft.
    Dad befand sich nicht in der Eingangshalle, und die Schwester war offensichtlich zu beschäftigt, um mir behilflich zu sein, also presste ich mir, so fest ich konnte, den Arm vors Gesicht und schob mich durch die Menschenmenge bis zu dem Flur am entgegengesetzten Ende.
    Eine andere Krankenschwester eilte hektisch vorbei. Sie verschwand in einem der Untersuchungszimmer, wo ich sechs Patienten eng zusammengedrängt auf Pritschen und noch ein paar weitere auf Matten auf dem Boden liegen sah. »Sie kommen, sie kommen!«, flüsterte einer von ihnen mit heiserer Stimme.
    »Niemand kommt«, beruhigte ihn die Schwester. Dann injizierte sie ihm etwas in den Arm, woraufhin seine Augen ganz glasig wurden. Die Schwester blieb noch einen Augenblick stehen, blickte ihn an und sah aus, als müsste sie die Tränen zurückhalten.
    »Entschuldigung«, sagte ich, als sie aus dem Zimmer trat.
    »Zurück in den Empfangsbereich«, erwiderte sie barsch. »Erst zum Bluttest, dann wirst du aufgenommen.«
    Und bevor ich noch irgendetwas erklären konnte, hetzte sie schon zum nächsten Zimmer.
    Vielleicht war Dad ja ein Stockwerk höher. Vor dem Aufzug stand jedoch schon eine Traube von Menschen, und ich hatte keine Ahnung, wo das Treppenhaus war. Als ich weiterging, überholte mich ein Pfleger mit einem Haufen fiebernder und hustender Menschen aus der Empfangshalle im Schlepptau.
    »Wohin werden denn die Neuzugänge gebracht?«, erkundigte er sich etwas verunsichert bei der Schwester. Die Antwort konnte ich nicht verstehen.
    Hinter der nächsten Ecke waren entlang der Wand Matten auf dem Boden verteilt, einige davon belegt, andere noch frei. Dorthin zeigte der Pfleger.
    »Was?!«, rief eine Frau. »Sie lassen uns einfach im Flur liegen? Wo sind die Ärzte? Wir brauchen eine ordentliche Behandlung!«
    Ich wandte mich in die entgegengesetzte Richtung und hielt nach der Treppe Ausschau, doch da war nur ein kleiner, mit Patienten gesäumter

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