Wir Tiere: Roman (German Edition)
im Dämmerlicht verging, und die Dachkanten vor dem dunkler werdenden Himmel, die Antennen, die Telefonkabel, und irgendwo hatten wir eine Krähe, die krächzte.
»Es gibt weiße Magie und schwarze Magie«, erklärte Manny, und wir glaubten ihm.
In letzter Zeit versuchte Manny andauernd, Joel und mir Gott zu erklären. Er führte uns in den Wald und ließ uns Pilze suchen, Giftpilze, die Gott auf die Erde gebracht hatte, um seine schwarze Magie zu bewirken. Es gab weiße Pilze mit ölig schwarzen Unterseiten und flache, geriffelte Pilze, die sich an verrottete Baumstämme klammerten, und Pilze, die einen gelben Sporenrauch abgaben, wenn man sie drückte, aber keiner von ihnen enthielt Gottes schwarze Magie, und dann war das letzte Licht vergangen, und alles war dunkel.
Uns war kalt, aber wir wollten nicht nach Hause. Es waren auch noch andere Kinder da; sie hielten sich fern von uns, aber wir hörten sie auf der Straße spielen, und wir hörten, wie sie nach und nach zum Abendessen ins Haus gerufen wurden. Ich hatte Angst vor der Dunkelheit, aber das wusste keiner; ich hatte nie davon gesprochen. Ich hatte Angst vor schwarzer Magie; ich hatte Angst vor Gift, und als Manny und Joel beschlossen, herauszufinden, ob sie den Gummiball fest genug werfen konnten, um die Scheibe im Campingwagen der Grice s ’ zu zertrümmern, der schon so lange an ein und derselben Stelle stand, wie wir denken konnten, zwei Räder hinten und grau gewordene Holzlatten vorn, da hatte ich Angst, wir würden dafür bestraft werden, aber ich hielt den Mund.
Der Ball schlug auf das Glas und rollte zu der Stelle zurück, wo wir am Waldrand kauerten. In einem Hinterzimmer des Hauses ging Licht an.
»Die können hier draußen eh nichts erkennen, die sehen uns nicht.«
Wir warteten, und nach einer kurzen Weile ging das Licht wieder aus.
»Nimm einen Stein«, sagte Joel zu Manny.
»Warten wir noch eine Minute, sonst schöpfen sie Verdacht.«
Wir kauerten uns in den Staub und sogen die Luft ein. Mit den Handrücken rieben wir unsere Nasen wach. Wir zogen den Schnodder hoch. Nach einer Weile murmelte Joel: »Es ist scheißkalt«, denn jemand musste ja das Offensichtliche aussprechen, damit die anderen beiden ihn ignorieren konnten, so wussten wir, dass keiner nach Hause wollte. Eine Weile später sagte Manny: »Weiße Magie, das ist Kaninchen aus dem Hut zaubern und so’n Scheiß, Kartentricks. So was halt.«
Dort, wo wir kauerten, war der Boden fest und kühl, gerade feucht genug, um uns an den Knien und Handballen kleben zu bleiben. Der Boden wurde hart im Winter und weich im Sommer, Herbstlehm war mein liebster Lehm, wie kühler schwarzer Kaffeesatz. Schwarze Magie.
»Schwarze Magie ist Voodoo, Schlangenbeschwören, Gift«, erläuterte Manny. »Mit schwarzer Magie kann man jemanden töten.«
Manny warf den Stein, und dann rannten wir weg, so schnell uns der Schrecken trieb, am Waldrand entlang, wir rannten, rannten, rannten, fielen hin, schnappten nach Luft, und das zersplitternde Glas knirschte immer und immer wieder in unseren Köpfen, der Klang der Unwiderruflichkeit, der schockierende, köstliche Klang des Schadens.
Wir drehten uns um und beobachteten das Haus der Grices’, um zu sehen, ob uns jemand folgte, und tatsächlich tauchte der Sohn der Grices’, der Headbanger, auf – zwei Jahre älter als Manny und spindeldürr. Er ging mitten auf die Straße und ließ eine Taschenlampe neben sich baumeln. Als er an die Stelle kam, wo wir unseren Kreidekreis gezogen hatten, blieb er stehen und zeichnete mit dem Schein der Taschenlampe den Kreis nach. Er hob das Licht höher, um die ganze Zeichnung sehen zu können. Dann marschierte er die Straße weiter bis zum Ende der Sackgasse, wo wir am Waldrand kauerten.
»Jungs«, sang er, »Juhungs.«
Manny stand auf, ging zu dem Baumstamm, der das Ende der Straße markierte, und setzte sich hin, sodass der Headbanger ihn sehen konnte, wenn er dort ankam – er sollte sehen, dass Manny sich nicht versteckte. Joel und ich folgten, und wir wischten uns den Staub von den Knien und Handflächen.
»Drei Hasen auf dem Rasen«, sagte der Junge und leuchtete einem nach dem anderen mit der Lampe ins Gesicht. Wir beschirmten uns die Augen. Das Sackgassenschild strahlte im Schein der Taschenlampe gelb auf, und der Headbanger hielt darauf und lachte.
»Im Dunkeln ist alles anders«, erklärte er, dann knipste er das Licht aus und hockte sich zu uns.
»Hi, Jungs. Wie läuft’s denn so?«
Er wusste,
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