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Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Salem
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ihr Auftauchen im Lift hätte ich beinahe Überstunden machen müssen. Aber die Frau hatte recht mit ihrem abfälligen Blick. Mein Job verdient wirklich nicht sonderlich viel Anerkennung.
    Auftragskiller zu sein ist leicht.
    Verdammt schwer hingegen ist es, ein guter Vater zu sein.

02
     
    Zwei unaufschiebbare Anrufe. Der eine ist reine Routine.
    Zu dem anderen werde ich mich zwingen müssen.
    Vorrang hat der für mich weniger wichtige. Ich mache mich auf die Suche nach einem öffentlichen Telefon. In den besseren Vierteln, wo man es am wenigsten braucht, findet man immer eins, das funktioniert. Aber ich suche natürlich nicht irgendein Telefon, sondern genau das, das man mir zu diesem Zweck genannt hat.
    Es ist besetzt. Eine junge Frau erzählt einer Freundin gerade von ihren neuesten Eroberungen. Sie ist hübsch; im Sommer füllt sich Madrid immer mit hübschen Mädchen. Als ich in gebührendem Abstand vor ihr stehen bleibe, mustert sie mich verstohlen. Anscheinend gefalle ich ihr, denn sie lächelt mir kokett zu.
    Oje, wo war ich nur mit meinen Gedanken? Da habe ich doch tatsächlich vergessen, mich wieder in Juan Pérez Pérez zurückzuverwandeln, ich wirke immer noch wie Nummer Drei. Und in gewisser Weise ist das auch richtig so. Bis ich Bericht erstattet habe, bleibe ich Nummer Drei. Und außerdem ist es schon ziemlich lange her, dass ein hübsches Mädchen mich so angesehen hat.
    Im Bewusstsein, dass ich ihr unwillentlich zuhöre, zieht sie das Gespräch in die Länge und lenkt es auf schlüpfrigeres Terrain. Sie wirkt aber dennoch nicht ordinär: Obwohl sie ungeniert die deftigsten Wörter benutzt, hört es sich so an, als spreche sie über Haushaltsgeräte. Und so erfahre ich, dass ein gewisser Tony zwar einen beachtlichen Schwanz hat (sie sagt tatsächlich »beachtlich«), aber nichts damit anzufangen weiß und er ihm auch nicht besonders lang steht, was aber immer noch besser ist als das harte Gerammel von Hardy (logisch, dass man hart drauf ist, wenn man Hardy heißt, sage ich mir), der ihr zufolge nur einen hochkriegt, wenn er vorher ein paar Viagra eingeworfen hat.
    »So schlecht sehe ich nun auch wieder nicht aus, dass einer auf die Apotheke angewiesen ist, um es mir zu besorgen, oder?«
    Bei diesem letzten Satz sieht sie mir in die Augen, worauf ich energisch den Kopf schüttele: Nein, solche Hilfsmittel braucht es wirklich nicht, sie hat mehr als genug zu bieten.
    Nachdem sie aufgelegt hat, zögert sie einen Moment. Vielleicht hofft sie, dass ich sie anspreche. Was ich jedoch nicht tue, weil es ein Fehler wäre. Mit meinem schönsten Lächeln entschuldige ich mich und blicke ihr noch bewundernd hinterher, denn das erwartet sie von mir, und sie hat es wirklich verdient. Hardy kann einem echt leidtun.
    Dann wähle ich.
    Meine Nummer. Meine ganz spezielle.
    Wenn es am anderen Ende klingelt, wird sie abnehmen und mit ihrer artigen, sinnlichen Stimme »Guten Tag, Nummer Drei« sagen. Manchmal frage ich mich, ob sie eigentlich weiß, was wir tun. Ob sie weiß, dass ich jedes Mal, wenn ich anrufe und nach Nummer Zwei frage, einen neuen Mord zu vermelden habe.
    Aber natürlich kann ich ihr diese Frage nicht stellen. Das wäre absolut fehl am Platz, geradezu ein Unding.
    Ja es wäre sogar äußerst riskant.
    Außerdem meldet sich diesmal nicht sie, sondern gleich die tiefe, phlegmatische Stimme von Nummer Zwei.
    »Grüß dich, Nummer Drei. Alles klar?«
    »Hallo, Nummer Zwei. Ja, Auftrag ausgeführt.«
    »Und es gab keine Reklamationen?«
    »Mir gegenüber hat der Kunde jedenfalls keinen Ton verlauten lassen …«
    »Lass die Scherze, Nummer Drei, das ist nicht witzig. Es ist also alles planmäßig gelaufen?«
    »Ja, natürlich. Und heute Abend fahre ich in Urlaub.«
    »Was das betrifft … da haben wir ein kleines Problem.«
    »Du vielleicht. Ich habe jetzt frei. Und zwar einen ganzen Monat lang. So wie abgemacht.«
    Nummer Zwei räuspert sich. So, als würde jemand mithören – was mich nicht weiter wundern würde. Jedenfalls hat er verlegen geklungen. Und das ist wirklich außergewöhnlich. Nummer Zwei ist nämlich von einem Kühlschrank zur Welt gebracht worden. Mitten im Winter und am Pol, heißt es, wenn ich auch keine Ahnung habe, ob am Nord- oder Südpol.
    »Du weißt, ich würde dich nicht darum bitten, Nummer Drei, aber …«
    »Kommt nicht in Frage!«, schneide ich ihm entschieden das Wort ab. »Heute Abend fahre ich ans Meer, daran ist nicht mehr zu rütteln.«
    »Ich will sehen, was ich für

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