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Wir zwei allein

Wir zwei allein

Titel: Wir zwei allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Nawrat
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Hang steigt Rauch gegen den Himmel.
    Glühwein für alle!, rufe ich. Das Tal faltet es mir zurück.
    Spät in diesem Jahr, sagt die Alte im Laden. In ihrem Schaufenster leuchtet eine Lichterkette. Ich kaufe vier Brötchen, eine Tüte Milch und ein paar dicke Wollsocken. Dann noch ein paar kleine dicke Wollsocken.
    Vor der Schule gegenüber steht ein Zwerg. Eingemummt in einen Einteiler, sieht er aus wie die Verkörperung eines Sterns bei einer Weihnachtsaufführung.
    Fällt die Schule aus?, frage ich.
    Der Zwerg zuckt mit den Achseln.
    Am Feldberg wurden Yetis gesichtet, sage ich.
    Wer sagt das?
    Ich war selbst dort.
    Yetis gibt es gar nicht, sagt der Zwerg, schnieft und fährt sich mit einem der Fäustlinge über die Nase.
    Doch, sage ich. Die gibt es. Aber nur hier im Schwarzwald.
    Was machen Sie denn am Feldberg?
    Ich fahre Gemüse aus.
    Und da fahren Sie zum Feldberg?
    Ich fahre überall hin.
    Und wie hoch steht der Schnee in Münstertal?
    Einen Meter.
    Und am Neuhof?
    Bestimmt zwei.
    Das ist hoch.
    Ja, sage ich. Keine Angst vor den Yetis?
    Nein. Die essen doch keine Menschen. Höchstens Gemüsefahrer. Die haben viele Vitamine.
    Lernt ihr so etwas in der Schule?
    Nein, sagt der Zwerg. Wir lernen Mathematik. Und Geographie. Der Schwarzwald reicht bis nach Donaueschingen.
    Das ist weit, sage ich.
    Nehmen Sie mich mal mit?
    Mal schauen.
    Auf dem Weg zurück bleibe ich an der Holztafel mit den Mitteilungen vor dem Rathaus stehen. Öffentliche Bekanntmachung der Wahlvorschläge zur Wahl des Gemeinderats. In der Verbandsgemeinde Wieden sind für die Wahl des Gemeinderats folgende Wahlvorschläge zugelassen worden.
    Der Weg hinauf ist beschwerlich, meine Füße rutschen die ganze Zeit weg. Irgendwo bellt ein Hund und hört nicht damit auf. Als ich endlich in den Hof biege, steht tief unter mir im Ort immer noch der eingemummte Zwerg vor der Schule.
    Theres sitzt am Küchentisch. Ich habe mir Sorgen gemacht, sagt sie.
    Es hat geschneit, sage ich.
    Schön, nicht wahr?, sagt sie und lächelt. Sie hat gesunde, rote Wangen seit einiger Zeit.
    Ja. Sehr schön, sage ich.
    Ich trete von hinten an sie heran. Ich beuge mein Gesicht über ihren Kopf, kann den Duft ihrer frischgewaschenen Haare riechen. Sehe jedes schwarze Haar aus der weißen Kopfhaut hervortreten. Ich will meine Hand auf ihren Kopf legen. Will mein Gesicht in die Kuhle zwischen ihrem Hals und ihrem Schlüsselbein betten und an ihrer Haut riechen. Will sie hinter das Ohr küssen. Da legt sie ihre Hände auf ihren Bauch. Ich trete an die Spüle und nehme einen Schluck aus dem Wasserhahn.
    Nimmst du mich heute mit?, fragt sie. Wir könnten doch zusammen auf den Schauinsland fahren, er ist bestimmt sehr schön heute.
    Das geht leider nicht, sage ich. Ich fahre zum Kaiserstuhl.
    Also dann zum Kaiserstuhl, sagt sie.
    Ich muss Ecki abholen. Ich habe keinen Platz.
    Aber bis in die Stadt hast du doch Platz, oder? Ich könnte mit Stefano einen Tee trinken.
    Ich habe den Vordersitz voll mit Kisten, sage ich.
    Kannst du die nicht nach hinten räumen?
    Hinten ist auch schon voll. Außerdem sind die Straßen rutschig. Das ist sicher gefährlich.
    Du machst doch keinen Unfall, sagt Theres.
    Nein. Aber vielleicht gibt’s Turbulenzen.
    Turbulenzen?
    Keine Ahnung, sage ich. Glatteis oder so etwas.
    Mäusekot ist das. Köttel liegen in den Spalten. In den Holzwänden. Unter der Treppe. Und Mäusepisse. Und ein Muff von fünfzig Jahren hinter der Blumentapete. Und in den Matratzen. Und aus der Kloschüssel steigt der Atem der verkalkten Rohre, die auf eine Weide führen und dort im Nichts enden und das Heu düngen. Die Decke hängt so tief, dass ich meinen Kopf schief halten muss. Der Gang zwischen Küche und Hof ist ein Darm. Das Haus sitzt mir auf den Schultern.

    3    Eine Stunde später fahre ich über die B 3 und über Au nach Kirchzarten. Ein zartes Licht legt sich auf die verschneiten Felder und verwandelt sie in unberührbare Landschaften aus einer Schneeköniginnenwelt. Im Radio läuft schlechte Musik, aber dass sich jemand abmüht, dass noch irgendwo jemand lebt, macht mir gute Laune. Ich kann wieder frei atmen. Das ganze Wochenende über habe ich das Gefühl nicht gehabt. Ich fahre in Kirchzarten ein, und es macht mir nichts aus, auf die Oma im alten Citroën zu warten, die rückwärts vom Parkplatz des Edeka manövriert. Es macht mir nichts aus, mich in die Schlange einzugliedern, die sich hinter dem Traktor mit dem unendlich langen Anhänger gebildet hat. Einfach

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