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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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keine Störungen mehr zu erwarten waren: »Die Revolution ist vorbei, Captain, der Imam hat endgültig die Führung übernommen.«
    »Und die Linken?«
    »Der Imam hat befohlen, sie zu vernichten, wenn sie sich nicht zu unserem islamischen Staat bekennen wollen«, hatte Major Changiz mit harter und unheilkündender Stimme gesagt: »Linke, Kurden und so weiter – es geht alle Fremden an. Der Imam weiß, was er tut.«
    Der Imam! Als wäre er ein Halbgott, hatte Starke gedacht, als er vor dem Komitee stand. Hussain war Ankläger und oberster Richter gewesen, und der Saal, ein Teil der Moschee, vollgestopft mit feindselig gesinnten Männern aller Altersstufen, unter ihnen fünf Richter. »Was wissen Sie von der Flucht der Feinde des Islams aus Isfahan mit einem Hubschrauber?«
    »Nichts.«
    Sogleich meldete sich einer der vier Richter – lauter junge Männer, grob und ungebildet – zu Wort. »Als Ausbeuter im Dienst amerikanischer Teufelsanbeter hat er sich Verbrechen gegen Allah und den Iran schuldig gemacht.«
    »Nein«, sagte Mullah Hussain, »dies ist ein Gerichtshof; hier halten wir die Gesetze des Korans ein. Er ist hier, um Fragen zu beantworten, nicht wegen eines Verbrechens. Noch nicht. Captain, erzählen Sie uns alles, was Sie von dem in Teheran begangenen Verbrechen wissen!«
    Die Luft im Saal war zum Schneiden gewesen. Obwohl alle wußten, wer er war, sah Starke kein einziges freundliches Gesicht. Seine Angst war wie ein bohrender Schmerz; er verstand, daß er jetzt auf sich allein gestellt, daß er diesen Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
    Er holte tief Atem und wählte seine Worte mit Bedacht. »Im Namen Allahs, des Barmherzigen und Mitleidsvollen«, begann er, wie alle Suren des Korans beginnen, und löste damit Überraschung unter den Zuhörern aus. »Ich selbst weiß nichts, kann nichts bezeugen und habe an keinem Verbrechen teilgenommen. Ich war zu der Zeit in Bandar-e Delam. Meines Wissens hat keiner meiner Leute damit zu tun. Ich weiß nur, was Oberst Zataki aus Abadan mir sagte, als er aus Isfahan zurückkam. Er sagte, und ich zitiere wörtlich: ›Wir haben gehört, daß einige Schah-Anhänger, alles Offiziere, in einem von einem Amerikaner gesteuerten Hubschrauber am Dienstag nach Süden geflohen sind. Allah strafe alle Satanisten!‹ Mehr sagte er nicht, und das ist auch alles, was …«
    »Du bist ein Satansanbeter«, unterbrach ihn ein anderer Richter triumphierend. »Du bist ein Amerikaner, du bist schuldig!«
    »Ich bin ein Mann des Buches und habe schon bewiesen, daß ich kein Satansanbeter bin. Viele von euch wären tot, wenn ich nicht eingegriffen hätte.«
    »Hätten wir auf dem Stützpunkt den Tod gefunden, wären wir jetzt im Paradies«, rief einer der hezbollahis zornig. »Wir tun das Werk Allahs. Es hatte nichts mit dir zu tun, Ungläubiger!«
    Viele stimmten zu. Plötzlich stieg wilde Wut in Starke auf. »Bei Allah und dem Propheten!« brüllte er. »Ich bin ein Mann des Buches, und der Prophet hat uns besondere Privilegien und Schutzrechte zugesprochen!« Er zitterte vor Wut, seine Angst war geschwunden, er verabscheute dieses Scheintribunal, die Blindheit und Dummheit dieser Menschen, ihre Ignoranz und Frömmelei. »Im Koran steht geschrieben: ›Oh, ihr Menschen des Buches, übertretet nicht die Grenzen der Wahrheit in eurer Religion, und folgt nicht den Lockungen jener, die bereits vom rechten Weg abgekommen sind und schon viele dazu verführt haben, vom rechten Weg abzukommen!‹ Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen«, schloß er grob und ballte die Hände zu Fäusten. »Und möge Allah jeden strafen, der etwas anderes behauptet!« Erstaunt starrten ihn alle an.
    Einer der Richter brach das Schweigen. »Du … Sie zitieren den Koran? Sie lesen Arabisch so gut, wie Sie Persisch sprechen?«
    »Nein, nein, aber …«
    »Dann hatten Sie also einen Lehrer, einen Mullah?«
    »Nein, nein, ich habe …«
    »Dann bist du also doch ein Hexer!« schrie ein anderer. »Wie kannst du den Koran kennen, wenn du keinen Lehrer hattest und nicht Arabisch lesen kannst?«
    »Ich habe ihn in einer Übersetzung, in meiner eigenen Sprache gelesen.« Noch größeres Staunen und Mißtrauen, bis Hussain das Wort ergriff. »Er sagt die Wahrheit. Der Koran wurde in viele fremde Sprachen übersetzt.«
    Ein kurzsichtiger junger Mann, das Gesicht mit Narben bedeckt, sah ihn forschend an. »Warum gibt es dann den Koran nicht in Persisch, Exzellenz, damit wir ihn lesen

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